Ausbildung reformierter Pfarrer

«Die Teamfähigkeit ist wichtiger geworden»

Einer Studie zufolge haben junge Leute oft ein falsches Bild vom Pfarrberuf. Sara Stöcklin-Kaldewey soll das im Auftrag der Kirche korrigieren, denn das Berufsbild verändert sich und Nachwuchs wird dringend gesucht.

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Sara Stöcklin
idea Spektrum: Sara Stöcklin, Sie sind bei der reformierten Kirche fürs Marketing des Theologiestudiums und des Pfarrberufs verantwortlich. Warum sollte ein junger Mensch heute reformierter Pfarrer werden?
Sara Stöcklin: Weil er damit eine wichtige und erfüllende Aufgabe übernehmen kann. Pfarrerinnen und Pfarrer sind nah dran an den Menschen. Sie kommen nicht nur mit Kirchgängern in Kontakt, sondern mit Leuten aus allen Ecken der Gesellschaft. Das ist eine riesige Chance. Für das reformierte Pfarramt sprechen auch die guten Aussichten, eine passende Stelle mit angemessenem Lohn zu finden. Allerdings geben solche praktischen Überlegungen beim Pfarramt selten den Ausschlag. Es ist ein intensiver Beruf. Auf Dauer übt man ihn nur gut und gerne aus, wenn man das Gefühl hat, am richtigen Platz zu sein.

Wer ist denn grundsätzlich geeignet für den Pfarrberuf? Was sollte man mitbringen?
Das Konkordat der reformierten Kirchen hat gerade ein Kompetenzstrukturmodell entwickelt. Dort werden zwölf grundlegende Kompetenzen aufgezählt, die eine Pfarrperson entwickeln sollte. Ganz wichtig sind kommunikative Kompetenzen. Man muss Menschen unterschiedlichen Alters und sozialer Herkunft ansprechen können. Auch Reflexionsfähigkeit ist unverzichtbar. An erster Stelle steht aber das «Leben aus dem Evangelium»: Ein Pfarrer muss die Bereitschaft haben, sein eigenes geistliches Leben kontinuierlich weiterzuentwickeln und seine persönliche Erfahrung mit anderen zu teilen.

Haben sich die Anforderungen an einen Pfarrer verändert?
Teamfähigkeit ist sicher wichtiger geworden. Zudem liegt ein stärkerer Fokus auf der Vorstellung des Pfarrers als Unternehmer: Eine Pfarrerin oder ein Pfarrer sollte unternehmerisch denken können. Die Fähigkeit zum Selbstmanagement hat ebenfalls an Bedeutung gewonnen.

Kürzlich wurde in Ihrem Auftrag eine Befragung bei Gymnasiastinnen und Gymnasiasten über das Theologiestudium und den Pfarrberuf durchgeführt. Was ist dabei herausgekommen?
Dass Schülerinnen und Schüler generell über wenig Informationen dazu verfügen und häufig klischeebehaftete Bilder im Kopf haben.

Was für Klischees waren erkennbar?
Das Bild vom Einzelpfarramt auf dem Land mit dem Allround-Pfarrer, der nie Feierabend hat. Das Theologiestudium und der Pfarrberuf werden als vielseitig und lebensnah, aber auch als unattraktiv und altmodisch wahrgenommen. Interessant ist: Je religiöser sich eine Person selbst einschätzt, desto positiver ist ihr Bild von Theologiestudium und Pfarrberuf.

Gibt es den klassischen «Allround-Pfarrer» nicht mehr?
Es gibt ihn je länger, je weniger. Der Beruf hat sich enorm ausdifferenziert. Das wird an der zunehmenden Zahl von Spezialpfarrämtern sichtbar: Pfarrerinnen und Pfarrer arbeiten als Spital- und Gefängnisseelsorger, als Fachstellenleiter, Jugendbeauftragte oder im Bildungsbereich. Natürlich gibt es auch noch die klassischen Allrounder- Pfarrstellen. Aber die Pfarrerinnen und Pfarrer von heute und erst recht die von morgen haben nicht nur solche Stellen zur Auswahl. Im Kanton Zürich arbeiten bereits 20 Prozent in Spezialpfarrämtern. 82 Prozent sind in einem Pfarrteam tätig und über ein Drittel arbeitet Teilzeit. Das zeigt einen klaren Trend. Fast alle Pfarrstellen werden mittlerweile mit Teilzeitoption ausgeschrieben. In Biel, beispielsweise, haben alle Pfarrstellen bereits gewisse Schwerpunkte.

Wenn es einen gemeinsamen Nenner gibt, dann ist es der, dass Pfarrerinnen und Pfarrer für Menschen da sein können. Sie dürfen dabei im Gegensatz zum Sozialarbeiter oder zur Psychologin die geistliche Dimension in ihrer seelsorgerlichen Tätigkeit mit einbeziehen. Sie haben einen Auftrag, aber kein bestimmtes Ziel, das sie in der Begleitung erreichen müssen.

Werden in den Gemeinden immer mehr Aufgaben von anderen Leuten abgedeckt, oder wie kommt es, dass der Pfarrer sich mehr spezialisieren kann?
Es gibt tatsächlich viele Entwicklungen in diese Richtung. Durch die sinkende Kirchenmitgliedschaft und die abnehmenden Finanzen entsteht in vielen Gemeinden ein gewisser Reformdruck. Die Kirchen müssen innovativer werden. Dabei ist die Freiwilligenarbeit ein wichtiger Aspekt, der an Bedeutung zunimmt.

Lesen Sie das ausführliche Gespräch im Wochenmagazin «ideaSpektrum» Nr. 34-2016.

Zur Person

Sara Stöcklin-Kaldewey ist im Auftrag der reformierten Kirchen der Deutschschweiz und der Theologischen Fakultäten Bern, Basel und Zürich fürs Marketing von Theologiestudium und Pfarrberuf zuständig. 

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Datum: 25.08.2016
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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