Neue Perspektiven

«Läbesruum» für Menschen

Menschen auf Arbeitssuche haben es nicht immer einfach. Seit 25 Jahren hilft die Winterthurer Sozialfirma «Läbesruum» Arbeitssuchenden mit praxisnahen Angeboten beim Wiedereinstieg. Grundlage der Firma ist die Nächstenliebe.

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Läbesruum hilft Menschen, essen zu bekommen
Ein Vierteljahrhundert schon ist die Winterthurer Sozialfirma «Läbesruum» aktiv. Sie ist aus dem gesellschaftlichen Leben von Stadt und Region nicht mehr wegzudenken. 1990 von drei Ehepaaren der Reformierten Kirchengemeinde Winterthur-Seen gegründet, nahm die vorerst noch kleine Institution Ende 1991 ihre Tätigkeit auf. Ein ausrangierter Baustellenwagen diente damals als Basis für die Taglöhner-Arbeit. Die Initianten hatten sich die christliche Fürsorge und Nächstenliebe auf die Fahnen geschrieben. David Schneider baute den «Läbesruum» mit unermüdlichem Einsatz, Unternehmergeist und der Vision auf, Randständigen mit Lebenshilfe beizustehen.

1,56 Millionen Stunden gearbeitet

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Umzüge und Entsorgungen gehören zum «Läbesruum»-Angebot
Der «Läbesruum» integriert Menschen sozial und beruflich, indem er ihnen eine bezahlte Arbeit anbietet. Der Baustellenwagen von damals ist längst Geschichte, das Angebot wurde im Verlauf der Jahre stark ausgebaut. Die Zahlen zeigen die Bedeutung des mittlerweile vielfältigen Angebots auf: In den 25 Jahren seit der Gründung leisteten die Menschen 1,56 Millionen Taglohnstunden. Sie spülten unter anderem 300 Tonnen Geschirr, zügelten 11'000 Wohnungen, strichen 2000 Türen und verbrauchten 175 Kilometer Abdeckband, was der Strecke Winterthur-Fribourg entspricht.

40 Festangestellte engagieren sich in sechs Fachbereichen, dem Bereich Hilfsarbeiten und den beiden Beschäftigungsprogrammen. Geschäftsführer Oliver Seitz setzt auf das erfolgreich praktizierte Stufenmodell: «Wir betonen die Stärken und nicht die Schwächen. Unkomplizierte und individuelle Förderung wird bei uns grossgeschrieben. Auch gehen wir auf die Wünsche der bei uns arbeitenden Menschen ein.»

Hilfs- und Facharbeiten

Seitz nennt dabei das Beschäftigungsprogramm «Läbesknospe» mit zugesicherter niederschwelliger Beschäftigung als Einstieg. Dort sind Menschen unter anderem im Gemüseanbau tätig. Das vom «Läbesruum» betriebene Restaurant Eulachstrand bietet weitere Arbeitsmöglichkeiten. «Menschen, die nicht mehr im ersten Arbeitsmarkt integriert sind oder mit physischen beziehungsweise psychischen Gesundheitsproblemen zu kämpfen haben, sind dankbar für ein niederschwelliges Angebot, denn bei Überforderung bestünde die Gefahr, gleich zu Beginn zu scheitern. Deshalb können sie selber festlegen, wann und wie oft sie in unserer Institution arbeiten möchten», erklärt Oliver Seitz.

Eine weitere Startmöglichkeit ist mit der Ausübung von Hilfsarbeiten gegeben. Die Stellensuchenden verrichten selbständig Tätigkeiten direkt beim Kunden, mähen den Rasen einer Liegenschaft, helfen beispielsweise Senioren beim Einkauf des täglichen Bedarfs. Die kurzfristigen Einsätze können einige Stunden, aber auch mehrere Tage dauern.

An den ersten Arbeitsmarkt heranführen

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Oliver Seitz
Um das Selbstwertgefühl und die Chancen für eine Festanstellung zu erhöhen, bietet der «Läbesruum» fachkundiges und professionelles Arbeiten nah am ersten Arbeitsmarkt an. Bau- und Malerarbeiten, Gartenbau und dessen Unterhalt, Reinigungen, Hauswartungen, Umzüge, Entsorgungen und Arbeiten im Sekretariat stehen im Angebot. Oliver Seitz sagt dazu: «Das Angebot in den Fachbereichen richtet sich aufgrund der Regelmässigkeit der Aufträge an Menschen, die sich unter anderem durch Zuverlässigkeit auszeichnen, welche sie einerseits schon mitbringen oder bei uns trainiert haben.» Auf der anderen Seite sei es sehr wichtig, dass sie leistungsbereit seien, zumal es sich um Kundenaufträge handelt. Die Gruppenleiter nehmen eine wichtige Funktion ein: «Sie garantieren die fachliche Ausführung der Arbeiten und leiten die wechselnden Taglöhner an. Während der diplomierte Gärtner den Kirschbaum fachgerecht stutzt, nimmt der Hilfsarbeiter die Zweige zusammen. Nach diesem Prinzip sind qualitativ anspruchsvolle Arbeiten wie beispielsweise das Erstellen von Stützmauern, das präzise Malen von Zimmern oder das Erstellen von Sitzplätzen möglich.»

Christliche Grundwerte

Im Jahr 2015 beschäftigte die Winterthurer Sozialfirma 389 Personen in mehreren Beschäftigungsprogrammen und als Taglöhner für Hilfs- und Facharbeiten. Die ausbezahlte Lohnsumme belief sich auf 3,2 Millionen Franken. Insgesamt erwirtschaftete der «Läbesruum» 9,4 Millionen Franken Umsatz. «Wir arbeiten nicht gewinnorientiert wie ein traditionelles kommerzielles Unternehmen», sagt Geschäftsführer Seitz. Vielmehr stehe der Mensch im Zentrum. Beim «Läbesruum» gelten die christlichen Grundwerte als Basis. «Wir setzen uns für unsere Mitmenschen ein, ungeachtet ihrer sozialen, politischen oder konfessionellen Herkunft», so Oliver Seitz. Mit den christlichen Grundwerten sei die Nächstenliebe gemeint. Man gehe ohne Vorurteile auf Menschen zu und helfe denen, die Unterstützung brauchen, und zwar «ohne  Missionierungsgedanken.»

Auf Qualität fokussiert

Allein mit der Nächstenliebe sei es aber nicht getan, betont Läbesruum-Leiter Seitz: «Wir als Sozialfirma müssen immer wieder doppelt beweisen, dass wir gute Qualität erbringen. Potenzielle Kunden trauen uns aufgrund unserer Ausrichtung nämlich nicht immer schwieriges und präzises Arbeiten zu.» Der beste Beweis, dass die Qualität stimmt, ist die Tatsache, dass sich der «Läbesruum» zu über 70 Prozent aus Aufträgen finanziert. Darüber freut sich Oliver Seitz, weist aber darauf hin, dass trotz des hohen Eigenfinanzierungsgrades Spenden für das Sozialwerk wertvoll und unerlässlich seien. «Sie ermöglichen uns, Taglöhner auch in finanziellen Notlagen zu unterstützen oder ihnen Deutschkurse zu bezahlen.»

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Datum: 26.06.2016
Autor: Daniel Wagner
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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