Versöhnung unter Christen
Heilung auch für jahrhundertealte Wunden?
Eine Gebetsgruppe von Mennoniten (grösste täuferische Kirche) im Lancaster County in Pennsylvania sucht seit mehreren Jahren die Wurzeln für die Gesetzlichkeit und Rechthaberei aufzudecken, die seit 1600 zur Spaltung der Mennoniten in viele Dutzend kleine Denominationen (wie die Amischen) führte.
Wurzeln der Rechthaberei
Die Gebetsgruppe ging zurück in die Frühzeit der Täufer (Anabaptists werden sie in den USA genannt) – die Zeit der Reformation, als die Täuferbewegung entstand und in der Schweiz und Süddeutschland und darüber hinaus verfolgt wurde.
Seit 1525 stellten sich die Reformatoren, auch Huldrich Zwingli in Zürich, gegen die mancherorts populäre Strömung, deren Vertreter aufgrund der Schrift die Säuglingstaufe ablehnten, Erwachsene ein zweites Mal tauften und christliche Gemeinschaft ohne Bindung an den Staat gestalten wollten. Die Täufer waren die Pioniere der Freikirche.
Schritt der Zürcher Kirche
Ihre Verfolgung und Vertreibung aus dem Mittelland – eines der wahrhaft dunklen Kapitel der Schweizer Geschichte – wurde lange verdrängt. Im Juni letzten Jahres bekannte jedoch der Zürcher reformierte Kirchenratspräsident Pfr. Ruedi Reich anlässlich eines Begegnungstags mit Mennoniten aus aller Welt die Schuld der Landeskirche (Livenet berichtete).
Reich bat als Amtsnachfolger Zwinglis die Täufer um Verzeihung. Schon ein Jahr zuvor hatte er in einer Feier im Grossmünster, welche die Stiftung Schleife zur Versöhnung zwischen Reformierten und Täufern veranstaltete, ein Grusswort gesprochen.
Versöhnung – untereinander und mit Reformierten
Die Organisatoren der Konferenz, die vom 7. bis 9. April in New Holland bei Lancaster, im grössten Siedlungsgebiet der Täufer in den USA, stattfindet, beziehen sich auch auf diese Versöhnungsschritte. Ruedi Reich wurde eingeladen; für ihn nimmt Pfr. Peter Dettwiler teil, der Beauftragte der Zürcher reformierten Landeskirche für zwischenkirchliche Beziehungen.
Aus über 20 verschiedenen täuferischen Kirchen der USA haben sich Verantwortliche für die Konferenz angemeldet, die unter dem Motto „Unlocking Our Inheritance“ (Unser geistliches Erbe aufschliessen) steht. Die Veranstalter beabsichtigen, das Gebet ins Zentrum zu stellen.
„Das Erbe aufschliessen“
Gebet zu Gott mit dem Ziel, „dass die reformierte Landeskirche der Schweiz und das Volk der Täufer völlige Vergebung erfahren für die Grausamkeiten der Verfolgung seit der Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert und für alle falschen Haltungen, die mit diesem Verrat an der Botschaft des Evangeliums, wie es von Jesus Christus, unserem Herrn offenbart wurde, verbunden sind“.
Die Organisatoren um den Mennoniten-Bischof Lloyd Hoover sind überzeugt, dass den uralten Wunden der Märtyrerzeit, welche tiefsitzende Prägungen im Familien- und Gemeindeleben zur Folge hatten, mit Heilung ein Ende bereitet werden kann. Sie hoffen, dass die Nachwirkungen jener Zeit – die die verjagten Täufer und auch die rechthaberischen Reformierten wesentlicher Teile ihres evangelischen Erbes beraubte – aufgehoben werden können.
Damit verbinden sie den Wunsch, dass ein „Strom der Vergebung und der Heilung freigesetzt“ werden kann, der durch die gesamte christliche Kirche fliesst, zum Ruhm der Versöhnung, die Christus durch sein Leiden und Sterben am Kreuz erwirkte.
Berichte von der Konferenz folgen.
Heilung von alten Wurzeln
www.livenet.ch/www/index.php/D/article/154/8028
Interview mit Lloyd Hoover
www.livenet.ch/www/index.php/D/article/154/17313
Webseite der Versöhnungskonferenz in Lancaster
www.anabaptistreconciliation.org
Gedenktafel in Zürich am Begegnungstag enthüllt
www.livenet.ch/www/index.php/D/article/154/17193
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch