Psychologie und Glaube

Seelische Wunden und deren Heilung

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Unter diesem Thema fand am 19./20. November 2016 in Interlaken eine gemeinsame Fachtagung der Evangelischen Ärztinnen und Ärzte der Schweiz  mit dem Fachkreis «Psychologie und Glaube» der VBG statt. Rund 120 Teilnehmer setzten sich mit dem Thema «Wunden» auf unterschiedliche Weisen auseinander. Von Wunden, körperlichen oder seelischen, sind alle Menschen betroffen, sogar Fachpersonen.

Der Psychiater Dr. Rolf Senst ging in seinem Plenumsvortrag auf den geistlichen Auftrag ein, Menschen zu heilen. Dazu gehören auch Wunderheilungen, sowohl in der Bibel als auch in der Gegenwart. Daneben gibt es einen Heilungsauftrag auf der natürlichen Ebene. Nach Senst ist das Ausbleiben von übernatürlichen Heilungen keine Entschuldigung für Untätigkeit in Sachen fachlicher Qualifizierung. Darum stellte er aus der psychotherapeutischen Fachliteratur zentrale Erkenntnisse über seelische Wunden und deren Heilung dar.

Stabile Beziehungen und Gottesbeziehung helfen

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Dr. Rolf Senst
Besonders schwierig sind demnach wiederholte Verwundungen, solche, die durch Menschen absichtlich verursacht werden. Viele Menschen reagieren darauf mit einer sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung. Oft treten solche Belastungsstörungen zusammen mit weiteren psychischen Störungen auf (Komorbidität). Wenn Menschen Verwundungen aus früheren Zeiten verdrängt haben, muss ein therapeutischer Rahmen geschaffen werden, um diese Verwundungen bewusst zu machen und einen Heilungsprozess zu ermöglichen. Dabei betonte Senst die Wichtigkeit von stabilen Beziehungen. Eine gelebte Gottesbeziehung kann ebenfalls die Erfahrung von Nähe und eines sicheren Hafens gewähren, die für den Heilungsprozess so wichtig ist.

In sechs angebotenen Seminaren ging es um Themen wie Vergebung und Versöhnung, Medizinische Wundpflege, Brainspotting, Herausforderungen/Chancen im Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen.

Rund 50 Prozent der Flüchtlinge sind traumatisiert

Die Psychologin Sandra Passardi vom Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer in Zürich gab in ihrem Seminar einen sehr guten Einblick in die komplexe Problematik von traumatisierten Flüchtlingen. Rund 50 Prozent der Flüchtlinge leiden demnach an einer Depression und/oder an einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Neben dem Vertrauen zur therapierenden Person ist der Dolmetscher der entscheidende Faktor, weil viele Flüchtlinge keine mitteleuropäische Sprache sprechen. Aufgrund dieses Sprachproblems kann aktuell vielen traumatisierten Flüchtlingen nur teilweise oder gar nicht geholfen werden.

Sehr berührend war die Theateraufführung am Samstagabend mit der österreichischen Schauspielerin Eva-Maria Admiral. Sie spielte in dem von ihr adaptierten Stück «Oskar und die Dame in Rosa» alle Rollen selbst. Darin geht es um den zehnjährigen krebskranken Oskar, der im Spital nur noch wenige Tage zu leben hat. In diesen Tagen schreibt er Briefe an Gott und verarbeitet mit der Dame in Rosa den bevorstehenden Tod.

Chancen des «verwundeten» Seelsorgers

Im Gottesdienst sprach Monika Riwar davon, dass Jesus selbst durch sein Leiden Gehorsam zu lernen hatte. Am Kreuz wurde er tödlich verwundet, um seinen Jüngern ein Leben im Überfluss zu ermöglichen. Damit ist aber nicht ein Leben ohne Schmerzen oder Verwundungen gemeint. Gottes Gnade will gemäss 2. Korinther, Kapitel 12, Vers 9 in Schwachheit, Schmerz und Verwundungen zur Entfaltung kommen. Verwundete Seelsorger und Therapeuten können daher mehr Autorität gewinnen. Das ist aber kein geistliches Prinzip, aus dem sich irgendwelche Aufforderungen ableiten lassen.

«Die Schweiz braucht mehr Hingabe!»

Ein letzter Höhepunkt war der Input von Dabrina Bet Tamraz, die im Iran als Christin ein Jahr im Gefängnis verbracht hatte. In dieser Zeit lernte sie, dass es ihre Aufgabe ist, durch das Leiden im Glauben zu wachsen. Die Polizisten im Gefängnis hatten nur insofern Macht über sie, als sie ihnen von Gott gegeben wurde. Gott zeigte ihr, dass er bei ihr ist und dass viele Menschen auf der Welt für gefangene Christen beten, ohne deren Namen zu kennen.

Dabrina Bet Tamraz konnte zudem verstehen, dass sie nicht das Opfer ist und daher keinen Grund zum Selbstmitleid hat. Das ermöglichte es ihr, für die zu beten, die ihr das Leben schwer machten. Tamraz forderte bei der Tagung in Interlaken dazu auf, das eigene Leben völlig an Gott auszuliefern: «Die Schweiz braucht mehr Hingabe!»

Vorträge, Theater, Gottesdienst und der Input von Dabrina Tamraz sprachen die Teilnehmer der Fachtagung auf unterschiedliche Weise an und hinterliessen bleibende Eindrücke.

Zur Webseite:
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Datum: 30.11.2016
Autor: Dieter Bösser
Quelle: Livenet / VBG

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