Sektenexperte warnt
QAnon: Abstruser Verschwörungsglaube im Anti-Corona-Schlepptau
Matthias Pöhlmann, Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, warnt vor der «QAnon»-Bewegung. Sie verbreite einen «versekteten Verschwörungsglauben».Die Anhänger dieser aus den USA stammenden Gruppierung glauben daran, dass eine satanische Elite die Weltherrschaft erlangen wolle und dabei Kinder misshandle. Auch auf deutschen Anti-Corona-Demonstrationen sind seit März vermehrt «QAnon»-Anhänger zu sehen, die T-Shirts oder Fahnen mit dem Buchstaben «Q» tragen. «QAnon wächst in Deutschland rasant. Das kann man seit März beobachten. Es hängt mit den Massnahmen der Regierung gegen die Corona-Pandemie zusammen», so Pöhlmann in der «Zeit Online». «QAnon kann hierzulande an bereits bestehende Verschwörungserzählungen andocken, an ein diffuses Gefühl des Kontrollverlusts, des Misstrauens gegenüber Politik, Wissenschaft und Medien.»
Jesus und Trump
Die Tatsache, dass Präsident Trump seinerzeit gegen das «politische Establishment» angetreten ist, wird religiös überhöht: In QAnon-Gruppen im Internet kursieren Bilder, auf denen Trump im Oval Office sitzt, während ihm Jesus bekräftigend die Hände auf die Schultern legt. Dazu Pöhlmann in der «Zeit»: «Trump wird zum Erlöser im Kampf gegen den sogenannten 'tiefen Staat' (deep state) stilisiert. Wir haben es hier mit einer klaren Erlösungserzählung zu tun, die die Welt von allem Negativen befreien soll. Trump selbst inszeniert sich gern mit der Bibel vor der Kamera oder bezeichnet sich als Auserwählten. Was die Q-Anhänger wiederum für ihre Erzählung nutzen.»
Wahrheitssuchende gegen Nichterweckte
Digitaler Verschwörungsbaukasten
QAnon sei wie ein «Patchwork», das durch «untermauernde Eigeninterpretationen, vielleicht auch Wahnwelten, am Leben gehalten wird», so Pöhlmann weiter. «Das Faszinierende … ist für die Anhänger, dass sie mitmachen, miträtseln und selbst am Verschwörungsmythos mit weiterschreiben können. Das Ganze funktioniert wie ein digitaler Selbstbaukasten der Absonderlichkeiten und Fantasiewelten.»
Wut- und Hasspotential
Das Gefährliche in Deutschland sei der Schulterschluss der Anhänger mit Rechtsextremen, Reichsbürgern und rechten Esoterikern, so Pöhlmann. Der Experte befürchtet eine Radikalisierung von QAnon: «In der Szene gibt es ein enormes Wut- und Hasspotenzial. Manche Anhänger betrachteten Gewalt und letztlich auch Tötungen als legitime Mittel.» So glaubte auch Tobias R., der im Februar 2020 zehn Menschen in Hanau ermorderte, an Motive der QAnon-Erzählung. Das FBI stuft die Bewegung in den USA als Terrorgefahr ein.
Zudem gebe es bei QAnon «ganz klare antisemitische Überzeugungen», etwa die Vorstellung, dass Kinder entführt würden, um ihnen einen Verjüngungsstoff zu entnehmen, so Pöhlmann. So etwas sei auch aus der «mittelalterlichen Ritualpropaganda» bekannt, «die sich stark gegen Juden richtete». Das Feindbild der «Globalen Bankenelite» teilt QAnon mit vielen Verschwörungstheorien; eigentlich sind damit «die Juden» gemeint, allen voran die Bankerfamilie Rothschild.
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea D / Zeit Online
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