Sektenexperte warnt

QAnon: Abstruser Verschwörungsglaube im Anti-Corona-Schlepptau

Matthias Pöhlmann, Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, warnt vor der «QAnon»-Bewegung. Sie verbreite einen «versekteten Verschwörungsglauben».

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Sheriff mit dem Q-Symbol (links) (Bild: Wikipedia)
Die Anhänger dieser aus den USA stammenden Gruppierung glauben daran, dass eine satanische Elite die Weltherrschaft erlangen wolle und dabei Kinder misshandle. Auch auf deutschen Anti-Corona-Demonstrationen sind seit März vermehrt «QAnon»-Anhänger zu sehen, die T-Shirts oder Fahnen mit dem Buchstaben «Q» tragen. «QAnon wächst in Deutschland rasant. Das kann man seit März beobachten. Es hängt mit den Massnahmen der Regierung gegen die Corona-Pandemie zusammen», so Pöhlmann in der «Zeit Online». «QAnon kann hierzulande an bereits bestehende Verschwörungserzählungen andocken, an ein diffuses Gefühl des Kontrollverlusts, des Misstrauens gegenüber Politik, Wissenschaft und Medien.»

Jesus und Trump

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Matthias Pöhlmann
Die Tatsache, dass Präsident Trump seinerzeit gegen das «politische Establishment» angetreten ist, wird religiös überhöht: In QAnon-Gruppen im Internet kursieren Bilder, auf denen Trump im Oval Office sitzt, während ihm Jesus bekräftigend die Hände auf die Schultern legt. Dazu Pöhlmann in der «Zeit»: «Trump wird zum Erlöser im Kampf gegen den sogenannten 'tiefen Staat' (deep state) stilisiert. Wir haben es hier mit einer klaren Erlösungserzählung zu tun, die die Welt von allem Negativen befreien soll. Trump selbst inszeniert sich gern mit der Bibel vor der Kamera oder bezeichnet sich als Auserwählten. Was die Q-Anhänger wiederum für ihre Erzählung nutzen.»

Wahrheitssuchende gegen Nichterweckte

Die QAnon-Bewegung begann 2017, nachdem jemand, der nur als Q bekannt war, Verschwörungstheorien über Donald Trump oder Hillary Clinton im Internetforum 4chan veröffentlichte. «Zentral ist die beleglose Behauptung, eine einflussreiche, weltweit agierende, satanistische Elite entführe Kinder, halte sie gefangen, foltere und ermorde sie, um aus ihrem Blut eine Verjüngungsdroge zu gewinnen», erklärt «Wikipedia». Die Anhänger der Bewegung verstehen Q seither als Propheten, so Pöhlmann. «Die QAnonisten bezeichnen sich selbst als 'Truther', also Wahrheitssuchende oder Querdenker». Nachdem sie anfänglich nur in einschlägigen Internet-Foren zu finden waren, sind sie dieses Jahr zunehmend öffentlich geworden und haben sich innert Monaten in der westlichen Welt ausgebreitet. Nicht zuletzt beschleunigt durch die Corona-Unsicherheit, wächst die Bewegung stetig weiter. Experten sprechen von einer neuen Art Religion. Pöhlmann spricht lieber von einem «versekteten Verschwörungsglauben»: «Die Anhänger fühlen sich einem Kreis der Wissenden zugehörig, die anderen gelten als die Systemgläubigen, die Nichterwachten, von denen man sich bewusst abgrenzen will. Für die Anhänger hat das natürlich eine Glaubensdimension. Wobei es sich hier um sehr säkulare und innerweltliche Heilshoffnungen handelt.»

Digitaler Verschwörungsbaukasten

QAnon sei wie ein «Patchwork», das durch «untermauernde Eigeninterpretationen, vielleicht auch Wahnwelten, am Leben gehalten wird», so Pöhlmann weiter. «Das Faszinierende … ist für die Anhänger, dass sie mitmachen, miträtseln und selbst am Verschwörungsmythos mit weiterschreiben können. Das Ganze funktioniert wie ein digitaler Selbstbaukasten der Absonderlichkeiten und Fantasiewelten.»  

Wut- und Hasspotential

Das Gefährliche in Deutschland sei der Schulterschluss der Anhänger mit Rechtsextremen, Reichsbürgern und rechten Esoterikern, so Pöhlmann. Der Experte befürchtet eine Radikalisierung von QAnon: «In der Szene gibt es ein enormes Wut- und Hasspotenzial. Manche Anhänger betrachteten Gewalt und letztlich auch Tötungen als legitime Mittel.» So glaubte auch Tobias R., der im Februar 2020 zehn Menschen in Hanau ermorderte, an Motive der QAnon-Erzählung. Das FBI stuft die Bewegung in den USA als Terrorgefahr ein.

Zudem gebe es bei QAnon «ganz klare antisemitische Überzeugungen», etwa die Vorstellung, dass Kinder entführt würden, um ihnen einen Verjüngungsstoff zu entnehmen, so Pöhlmann. So etwas sei auch aus der «mittelalterlichen Ritualpropaganda» bekannt, «die sich stark gegen Juden richtete». Das Feindbild der «Globalen Bankenelite» teilt QAnon mit vielen Verschwörungstheorien; eigentlich sind damit «die Juden» gemeint, allen voran die Bankerfamilie Rothschild.

 

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Datum: 22.09.2020
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea D / Zeit Online

Kommentare

Wie so oft macht man es sich zu leicht, alle kritischen Aussagen als 'Verschwörungstheorien' abzutun. Verschwörungen hat es immer schon gegeben und es ist m.E. naiv zu denken, heute gäbe es sie nicht mehr. Die jüdische Elite erreichte mittels einer Verschwörung die Hinrichtung des Herrn Jesus Christus. Der Satan als Fürst der Welt verführt die Menschen damit sie der Lüge statt der Wahrheit, insbesondere an Jesus Christus, glauben. Die Annahme des Malzeichens der menschlichen Bestie (Offenbarung) führt zum wirtschaftlichen Ausschluss (Kaufen/ Verkaufen), vor der eindringlich gewarnt wird. Auch wenn vieles nicht nachgeprüft werden kann und viel Abstruses kursiert, sollten wir prüfen.
Einverstanden, wir müssen immer prüfen. Und dass Menschen (letztlich von Satan) verführt werden, ist ebenfalls unbestritten. Problematisch werden solche Bewegungen, wenn sie anonymen Quellen folgen, fast beliebig auf dem Klavier unserer Ängste spielen und alte antisemitische Instinkte bedienen. Jemand anders übernimmt die Erklärung der Weltprobleme für uns, mit einem einfachen Ursache-Wirkung-Schema. Die Fülle der biblischen Botschaft, erst recht das Evangelium, wird auf ein einfaches Weltbild reduziert, endlich weiss man, wo das Böse hockt. Neue Fronten werden geschaffen, die die Christen wieder aufspalten. Demut, Klarheit, Liebe und Offenheit weichen einem verbissenen Kampfgeist.
Kampfbegriffe wie 'Verschwörungstheorien' und 'Antisemitismus' helfen nicht weiter, sondern werden meistens zum Zweck der Diffamierung der nichtkonformen Meinung eingesetzt. Ausserdem sind 'Demut, Klarheit, Liebe und Offenheit' per se keine Gegensätze zu 'Aufdecken und Anprangern von Boshaftigkeit, Ungerechtigkeit, Verschwörungen u.ä.', die Bibel ist dazu das beste Beispiel. Allerdings kann man bekanntlich auf beiden Seiten vom Pferd fallen. Meiner Meinung nach sollten wir uns an der Bibel orientieren und auf Jesus Christus schauen, und die Aktualität/ Phänomene grundsätzlich skeptisch betrachten.
Von Hrn. Präsident Trump fand ich es vorbildlich, daß er in aller Öffentlichkeit mit der Bibel in der Hand vor eine Kirche gegangen ist und sie schweigend zeigte, als die Chaoten in der Stadt wüteten und die Basis der amerikanischen Verfassung angegriffen haben. Das war ein starkes, öffentliches Bekenntnis zur Heiligen Schrift. Daß die Evangelische Kirche in Deutschland das nicht gerne sieht ist klar, da sie eigentlich bei allem Schlechten mitmacht, von der Unterstützung der Abtreibung bis hin zu Zerstörung der eigenen Kultur durch Ökumene auch mit nichtchristlichen Weltanschauungen.

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