«Teil der Gesundheitsvorsorge»
Schweden: Hebammen müssen bei Abtreibungen helfen
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg ist nicht auf eine Beschwerde von zwei schwedischen Hebammen eingetreten, die aus Gewissensgründen die Mitarbeit an Abtreibungen verweigert hatten.Am 12. März wies das Gericht eine Klage der schwedischen Hebammen Ellinor Grimmark und Linda Steen ab. Weil die beiden keine Kinder im Mutterleib töten wollten, durften sie in Schweden nicht als Hebammen arbeiten. Ellinor Grimmark hatte in Jönköping eine Stelle versprochen bekommen; nach einem Zeitungsinterview hatte der Stadtrat erklärt, er wolle eine Hebamme mit solchen Ansichten nicht anstellen – dies trotz eines akuten Mangels an Hebammen im Land.
Ellinor Grimmark arbeitet seitdem in Norwegen, wo die Freiheit der Überzeugung und des Gewissens offenbar mehr geachtet wird. Nachdem sie in Schweden ihre rechtlichen Mittel ausgeschöpft hatte, ging sie mit ihrem Fall vor den Europäischen Gerichtshof – der nun negativ urteilte, indem er die Beschwerde der Hebamme als «unbegründet» gar nicht erst zur Verhandlung zuliess.
«Abtreibung ist Teil der Gesundheitsvorsorge»
In ihrem Urteil erklärten die Richter, der Konflikt zwischen dem Gewissen der Hebammen und den Anforderungen des Staates sei zumutbar; es sei nicht unverhältnismässig oder ungerechtfertigt, wenn der schwedische Staat von allen Hebammen die Durchführung von Abtreibungen verlange, da er sie als Teil der Gesundheitsvorsorge ansehe. «Schweden bietet landesweite Abtreibungsdienste an und ist darum verpflichtet, sein Gesundheitssystem so zu organisieren, dass die Ausübung der Gewissensfreiheit der Gesundheitsmitarbeiter diese Dienste nicht verhindert», erklärte der Richter. Er berief sich u.a. auf den schwedischen Ombudsman für Diskriminierung, der fand, dass der Glaube in einem solchen Fall keine Rolle spiele, denn «eine andere Hebamme, die einen Teil ihrer Arbeit aus nicht-religiösen Gründen verweigere, würde auch nicht anders behandelt werden».
«Enttäuschende Rechtsprechung»
Für die Menschenrechtsorganisation ADF International (Alliance for Defending Freedom), die die beiden Hebammen in Schweden und Strasbourg vertreten hatte, ist der Richterspruch aus Strasbourg «sehr enttäuschend». «Mitarbeiter im Medizinwesen sollten arbeiten können, ohne zwischen ihren Überzeugungen und ihrer Karriere entscheiden zu müssen», erklärte ADF-Direktor Robert Clarke. «Ein positives Urteil des Gerichtshofs wäre ein wichtiger Schritt in Richtung Verteidigung der Gewissensfreiheit gewesen.»
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea / BBC News
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