Therapieverbot Homosexueller

Fragwürdiges Gesetzesvorhaben

Kritisch sehen Christen in Deutschland das Vorhaben, per Gesetz festzulegen, dass die sexuelle Orientierung eines Menschen nicht verändert werden darf. Laut Sexualforscher Markus Hoffmann werde das Gesetz zu Verwirrung führen.

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Markus Hoffmann
Markus Hoffmann ist Vorsitzender des Vereins «Institut für dialogische und identitätsstiftende Seelsorge und Beratung» IdiSB e.V. (bisher Wüstenstrom, Sitz in Tamm). Gegenüber Livenet erklärte er, dass das Gesetz zu viel Verwirrung führen werde, denn im Laufe von Beratungen und Therapien komme es immer wieder zu spontanen Veränderungen sexueller Orientierungen.

Hoffmann begann 1995 mit zwei weiteren Männern eine Selbsthilfegruppe. 1997 kam es zur Gründung von Wüstenstrom. Die drei Christen hatten eine homosexuelle Orientierung, die sie nicht ausleben wollten. Im Rahmen ihrer Gemeinden fanden sie keine Hilfe und Unterstützung. Im Laufe der Jahre veränderte sich zwischenzeitlich die sexuelle Orientierung der drei Männer, ohne dass sie recht wussten, wie oder wodurch.

Gesetz soll Angebot von Konversionstherapien unter Strafe stellen

Im Juni hatte der deutsche Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angekündigt, das Angebot von sogenannten Konversionstherapien gesetzlich zu verbieten. Gemeint sind Angebote, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung von Homosexuellen zu verändern. Spahn (CDU) will bis zum Jahresende das Gesetz auf den Weg bringen. «Homosexualität ist keine Krankheit und damit nicht behandlungsbedürftig», erklärte Spahn.

Das Gesetzesvorhaben beruht auf der Annahme, dass die sexuelle Identität nicht veränderbar ist und auch nicht verändert werden soll. Wer dennoch die sexuelle Identität eines Menschen verändern wolle, handle gegen die freie Entfaltung der Persönlichkeit, also gegen Artikel 2 des Grundgesetzes. Betroffene dagegen, die eine Veränderung anstreben, begeben sich durch das bewusste Anstreben einer Veränderung in eine gefährliche Lage.

Sexuelle Orientierung verändert sich

Hoffmann bestätigt, dass die gezielte Veränderung sexueller Orientierung nicht möglich ist. Das heisse aber nicht, dass die sexuelle Orientierung eines Menschen etwas Festes sei. So gibt es Menschen, bei denen sich ein nicht-sexueller Konflikt mit der Sexualität verwoben habe. Gerade bei diesen Menschen kommen Veränderungen oder Verschiebungen im Bereich der sexuellen Orientierungen vor. Aber nicht bei allen.

So zeigten Studien, dass die Frage der sexuellen Orientierung vor allem in der Jugend- und Jung-Erwachsenen-Phase noch sehr stark schwanke. Es gebe aber auch Menschen, die beispielsweise durch einen Missbrauch traumatisiert seien und aus diesem Grund gleichgeschlechtliche Partner suchten. Was aber, fragt Hoffmann, wenn dieses Trauma aufgearbeitet ist und sich eine spontane heterosexuelle Orientierung einstellt? Müsse der Mensch – in der Logik des geplanten Gesetzes – dann auf eine sexuelle Neu-Orientierung verzichten?

Gegenüber Livenet erläuterte Hoffmann, dass sich die Einschätzung der Veränderbarkeit der sexuellen Orientierung in der Arbeit seines Vereins stark gewandelt habe. In der Euphorie selbst erlebter Veränderung sei man in den ersten Jahren viel stärker davon ausgegangen, dass eine solche Veränderung möglich sei.

Heute wisse man, dass die sexuelle Orientierung ein komplexes bio-psycho-soziales Phänomen ist. Es sei daher fahrlässig, Menschen eine Veränderung ihrer sexuellen Orientierung zu versprechen.

Verschiedene Einflussfaktoren

Daher sei es in der Arbeit wichtig geworden, dass in den Angeboten seines Vereins nicht die sexuelle Orientierung als solche thematisiert werde, sondern nicht-sexuelle Konflikte, an denen Menschen im Alltag leiden. Dazu gehörten beispielsweise das Selbstbild, die Beziehung zum eigenen Körper und die Gestaltung befriedigender Beziehungen zu Gleich- und Gegengeschlechtlichen. An solchen Fragen werde auch in den Seminaren gearbeitet. Dass sich dadurch eine Veränderung der sexuellen Orientierung einstellt, kann nicht versprochen werden, dass sich die Lebensqualität durch die Bearbeitung von Alltagskonflikten erhöht, dagegen schon.

Ganz überwiegend Christen

Die bei weitem meisten Menschen, die die Beratungen und Seminare in Anspruch nehmen, sind Christen. Doch, so Hoffmann, es gebe auch immer wieder Muslime und Kirchenferne, die die Angebote nutzten, ihr Anteil liege bei fünf bis zehn Prozent.

Zum Thema:
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Datum: 21.06.2019
Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet

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