Nach Predigt zur Ehe

Für ein Bibelzitat ins Gefängnis?

Der Churer Bischof Vitus Huonder ist wegen «Aufruf zur Gewalt» gegen Homosexuelle angezeigt worden. Darauf stehen bis zu drei Jahre Gefängnis. Ist es möglich, dass in der Schweiz zum ersten Mal ein Geistlicher hinter Gitter muss, weil er in einer Predigt eine kontroverse Bibelstelle zitiert hat?

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Bischof Vitus Huonder
Bischof Vitus Huonder hat am Forum Deutscher Katholiken in Fulda einen Vortrag zum Thema «Die Ehe - Geschenk, Sakrament und Auftrag» gehalten. Er hat damit einen regelrechten Shitstorm in kirchlichen und säkularen Medien gegen sich ausgelöst sowie zwei Strafklagen wegen Aufrufs zur Gewalt.

In seinem Vortrag bekräftigte der Bischof von Chur die Stellung und den Schutz der Ehe aus alt- und neutestamentlicher Sicht. In der Einleitung dazu sagte er, er wolle «in aller Schlichtheit an das erinnern, was uns das Wort Gottes zur Schöpfung von Mann und Frau, zur Ehe sowie zur Sexualität, und, in Folge dessen, zur Familie sagt.»

Heisses Eisen

Der Bischof ging in der Folge auch auf die Frage der Homosexualität ein und sprach damit indirekt die politische Diskussion um eine «Ehe für alle» an. Wörtlich zitierte er die zwei Stellen aus 3. Mose, Kapitel 18, Vers 22 und Kapitel 20, Vers 13:
«Ein Mann darf nicht mit einem anderen Mann schlafen, denn das verabscheue ich.»
«Wenn ein Mann mit einem anderen Mann schläft, ist dies eine widerliche Tat. Beide sollen mit dem Tod bestraft werden, ihre Schuld fällt auf sie zurück.»

Die beiden Texte legen, so der Bischof, «mit weiteren anderen Stellen der Heiligen Schrift ... die göttliche Ordnung vor, welche für den Umgang mit der Sexualität gilt.» Und er präzisierte dazu: «In unserem Fall geht es um die gleichgeschlechtliche Praxis.» Er fügte aber auch zwei Bemerkungen an, die auf die Diskussion zum Thema in Kirche und Politik zielten: «Die beiden zitierten Stellen allein würden genügen, um der Frage der Homosexualität aus der Sicht des Glaubens die rechte Wende zu geben. Die Aussage hat daher auch Bedeutung für die Definition der Ehe und der Familie. Da gibt es keine Vielfalt der Ehe- und Familienmodelle. Davon nur schon zu sprechen, ist ein Angriff auf den Schöpfer, aber auch auf den Erlöser und Heiligmacher, also auf den dreifaltigen Gott.»

Politische Einmischung?

Der Bischof sprach diese Worte in einer Zeit, in der die vollgültige Ehe für Homosexuelle in der Schweiz vielleicht nur noch eine Frage der Zeit ist. Im Nationalrat scheint sie bereits mehrheitsfähig zu sein. Die Organisationen der Homosexuellen reagierten daher besonders sensibel. So ist auch die Anzeige von Pink Cross zu verstehen, die dem Bischof damit offensichtlich einen Denkzettel verabreichen will.

Dass es wirklich zu einer Verurteilung kommt, erachten so unterschiedliche Experten wie der frühere Bundesrichter Giusep Nay und der Zürcher Milieuanwalt Valentin Landmann als unwahrscheinlich. Das blosse Zitieren eines Bibel-Zitats, das gleichgeschlechtlichen Sex mit der Todesstrafe ahndet, genüge für eine Verurteilung nicht, sagte Nay. «Es müsste eine Aufforderung, auch heute nach den Regeln der Bibel zu handeln, erfolgt sein.» Der Bischof habe sicher nicht dazu aufgerufen, Homosexuelle umzubringen oder ihnen Gewalt anzutun, sagte Valentin Landmann gegenüber Tele Züri.

Schon vor fünf Jahren, am 9. November 2010, hatte sich das Bundesgericht mit einer Klage von Homosexuellen-Organisationen gegen die Junge SVP des Kantons Wallis zu befassen. Diese hatte im Sommer 2009 Homosexualität in einer Medienmitteilung als «abnormales Verhalten» bezeichnet. Homosexualität richte sich «gegen die Familie, den Ort des Fortbestandes des menschlichen Geschlechts und also auch das Überleben einer Nation», hiess es in dem Text. Das Bundesgericht wies die Klage ab.

Die Klage scheint somit eher die Einschüchterung eines permanent unbequemen Kirchenmannes und die eigene Profilierung zu bezwecken, als den Bischof von Chur hinter Gitter zu bringen. Diesem scheint die Bewahrung der kirchlichen Lehre und Ethik wichtiger zu sein als sein Image in den Medien und bei liberalen Kirchenleuten. Er weiss sich dabei auch von einem Schreiben der römischen Glaubenskongregation an alle Bischöfe vom 1. Oktober 1986 getragen. Es ruft die Seelsorger auf, Homosexualität an sich nicht als Sünde zu betrachten, die Betroffenen aber zur sexuellen Enthaltsamkeit aufzurufen und damit Freiheit im christlichen Sinne zu leben.

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Datum: 12.08.2015
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

Kommentare

Herr Huonder verdient Respekt für seinen Mut, sich so eindeutig gegen den Zeitgeist zu stellen - ein Vorbild für alle Christen. Da die katholische Kirche jedoch schon immer Schwierigkeiten hatte, Gesetz und Gnade ins rechte Verhältnis zu setzen, versäumte auch er es, darauf hinzuweisen, dass Christen nicht mehr unter dem atl. Gesetz stehen, sondern unter dem Gesetz Christi (Liebe, Gnade). Niemand muss deshalb Angst vor uns haben, dass wir Strafen wie im AT befürworten. Der Herr Jesus hat das atl. Gesetz erfüllt, aber auch im NT wird klar gegen homosexuelle Handlungen Stellung bezogen, deshalb ist dieses Verbot auch für uns Christen immer noch bindend. Auch das hätte Huonder sagen müssen.
Ich bin für HUONDER... Vielleicht war er zu direkt - aber er hat einfach "Rech"t aus christlicher Sicht...
Nun ja, diese Thematik wirft leider etwas zu hohe Wellen. Eine Bibelstelle zu zitieren hat sicher seine Berechtigung. Interpretationen dazu sind oft kontrovers. Homosexualität wird in der Bibel nur negativ zitiert. Über Empfindungen und homosexuelle Orientierung sagt die Bibel hingegen nichts. Dass ausgerechnet ein katholischer Bischof dies so scharf kommentiert hat für mich einen bitteren Beigeschmack. Z.B. am Zölibat wird eisern festgehalten, obschon dazu jegliche biblische Grundlage fehlt. Die Stellungnahmen von Horst Afflerbach (Umgang mit Sexualität: Von Jesus lernen) und Nadia Bolz-Weber (Buch: Ich finde Gott in den Dingen, die mich wütend machen) leisten dazu wegweisende Beiträge.

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