Entgegen jeder Behauptung

Religion ist nur an 14 Prozent der Kriege schuld

Es ist ein gern genutztes Totschlagargument: Religion ist an allen Kriegen schuld. Fakt ist: In 86 Prozent der bewaffneten Konflikte geht es um völlig andere Dinge. Meist ist es nicht die Religion, die zu Kriegen führt.

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Demonstrant auf dem Maidan-Platz in Kiew (Ukraine) liest in einem Neuen Testament.
Seit IS (ISIS) im Namen der Religion tötet, kriegen Vertreter anderer Glaubensgruppen vermehrt zu hören, dass alle Religionen gleich sind. Und dass alle Kriege schlussendlich Glaubenskriege seien. Stimmt nicht, stellt das «Institute for Economics and Peace» gemeinsam mit der «Religious Freedom and Business Foundation» fest.

In einem gemeinsamen Report prüften sie zahlreiche bewaffnete Konflikte anhand von fünf Parametern, unter anderem, ob die Religion der Haupttreiber des Konflikts ist. Aber auch die Frage, ob die Religion eine positive Rolle in der Friedensfindung spielt, wurde untersucht.

35 Konflikte untersucht

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Ausschnitt aus einem Propaganda-Video der nigerianischen Islamisten Boko Haram
Unter anderem wurde festgestellt, dass bisher kaum tragfähige Untersuchungen und Studien zu diesen Themen bestehen. Durch andauernde Attacken im Namen der Religion durch IS im Irak und in Syrien sowie Boko Haram in Nigeria wird die Frage nach der Friedfertigkeit von Religionen vermehrt aufgeworfen.

Der Report der beiden Organisationen basiert auf der Untersuchung von 35 bewaffneten Konflikten. Unter anderem wurde überprüft, inwiefern sozio-ökonomische Faktoren eine Rolle spielen und wie wichtig der Glaube bei den Konfliktparteien ist.

Religion kaum an Kriegen schuld

Von den 35 Kriegen, die 2013 ausgetragen oder begonnen wurden, waren «nur» 14 Prozent alleine der Religion zuzuschreiben. Sie war also eindeutig nicht der treibende Grund der gegenwärtigen Konflikte, halten die Autoren der Studie fest. Weiter zeigt die Analyse keinen Zusammenhang zwischen Glauben und Konflikten. Drei der zehn friedlichsten Nationen der Welt sind hochreligiös. Eine weitere Erkenntnis: Gute Strukturen und Institutionen tragen zum friedlichen Miteinander bei.

Die Mischung zwischen schiitischem und sunnitischem Islam muss ebenfalls nicht zu Krieg führen. Katar gilt laut dem «Global Peace Index» als das friedlichste Land im Nahen Osten, obschon es je zur Hälfte schiitisch und sunnitisch ist. Die gleichen religiösen Proportionen herrschen in Afghanistan, welches zu den am wenigsten friedlichen Ländern der Welt gehört.

Atheistische Länder nicht friedlicher

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ISIS-Wagenkolonne
Schlecht funktionierende Regierungen, Korruption und die ungleiche Behandlung verschiedener Volksgruppen haben – verglichen mit der Religion – einen ungleich höheren Einfluss auf den Level der Friedfertigkeit. Nicht selten führt die Religion sogar zu positiven Einflüssen. Länder mit vielen Zugehörigen zu religiösen Gruppierungen tendieren dazu, friedfertiger zu sein. Die Religion kann den Zusammenhalt fördern, die Bande zwischen den Bürgern festigen und eine friedlichere Gesellschaft hervorbringen.

Ein Pluspunkt für die Friedfertigkeit in einem Land ist auch die Religionsfreiheit: Länder mit grösserer Religionsfreiheit sind in der Regel friedlicher, so die Studie. Hauptfaktor dazu ist die Staats- und Regierungsform. Demnach haben Demokratien den höchsten Level an Glaubensfreiheit.

Vier der zehn Länder mit der höchsten Anzahl an Atheisten sind weniger friedlich als der globale Durchschnitt; darunter finden sich Nationen mit einer einstmals kommunistischen Vergangenheit. Von den zehn friedlichsten Ländern auf dem «Global Peace Index» 2013 blicken nur zwei Länder auf einen Bevölkerungsanteil von mehr als zehn Prozent Atheisten: Neuseeland und Belgien. Zudem blicken viele der am wenigsten friedlichen Länder auf eine geringe religiöse Vielfalt.

Zur Webseite:
Institute for Economics and Peace
Religious Freedom and Business Foundation

Zum Thema:
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Datum: 09.08.2014
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / TonyBlairFaithFoundation

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