Alice Cooper: „Jeder vermisst etwas!“
Coopers Gittarreros schleudern die Riffs des Zwischenstücks von “Man of the year” (Mann des Jahres) durch die Halle. “The Queen made me a knight”, singt Alice, “the Pope made me a saint. The President plays golf with me. I made Madonna faint.” Und dann: “So why am I so lonely, depressed and in despair? If I pull this trigger in my mouth, will anybody care?” *
Zu einer Pistole geformt, hält sich Alice Mittel- und Zeigefinger in den Mund. Dann geht das eben noch bombastische Licht aus. Der “Man of the year” hat sich gerade erschossen.
* Übersetzung: „Die Königin schlägt mich zum Ritter, der Papst spricht mich heilig. Der Präsident spielt mit mir Golf, Madonna mache ich schwach. Warum also fühle ich mich so einsam, so niedergeschlagen und verzweifelt? Wenn ich jetzt den Abzug drücke, wen wird das scheren?“
Daniel Gerber: Alice Cooper, auf Ihrem Album gibt es ein Lied mit dem Titel «Men of the year», «Mann des Jahres». Haben Sie da an jemand Besonderen gedacht?
Alice Cooper (mit bürgerlichem Namen Vincent Damon Furnier): Mir gefällt es, einen perfekten Mann zu porträtieren. Alles an ihm ist perfekt: der Geschmack, die Frau, die Kinder, seine Laufbahn, die Krawatte – alles, einfach alles ist perfekt. Und dann fragt er sich: «Warum halte ich mir dann eine Pistole in den Mund?» Offenbar ist etwas schiefgegangen. Er vermisst etwas. Das ist die Ironie in dieser ganzen Perfektion. Man sieht das oft am Fernsehen: Grosse Wirtschaftsleute, bei denen es scheint, als hätten Sie die Welt unter ihren Füssen, die bringen sich mit einem Mal um. Und man fragt sich, warum. Er hatte ja alles ... Anscheinend eben doch nicht. Ich wende mich damit an die Öffentlichkeit. Die Leute können sich sagen: «Gut, ich habe ein perfektes Leben. Aber was fehlt mir?» Vielleicht sind es nicht Autos und auch nicht schöne Frauen. Vielleicht ist es mehr spirituell. Ein Mangel in meinem Herzen, der mich verrückt macht.
Ich denke, kein Mensch auf diesem Planeten ist mit dem zufriedigen, was er hat, auch nicht Bill Gates mit 62 Milliarden Dollar. Da ist etwas in ihm, dass er sich noch wünscht. Vielleicht ist es ein Seelenfrieden, vielleicht Liebe, vielleicht dass er in der Nacht gut schlafen kann. Irgendetwas vermisst jeder. Davon handelt dieser Song.
Und wissen Sie, was all diese Leute vermissen?
Ich denke, das ist bei jedem etwas anderes. Die meisten reichen Leute fühlen sich schuldig, weil sie reich sind. Die meisten armen Leute glauben, dass das Geld all ihre Probleme löst.
Ich finde, dass die Menschen ihr geistliches Leben vernachlässigen. Sie vernachlässigen ihren Glauben an Gott. Ich denke, dies hinterlässt ein grosses Loch in ihrem Leben. Ja, ich denke, wenn man zu ihm zurückkehrt, ist man zufriedener.
Ihr Lied «The song that didn’t rhyme», ist das einfach bloss lustig oder denken Sie dabei an Leute, die ebenfalls finden, ihr Leben sei ein «Song, der sich nicht reimt»?
Man kann so sehen. Ich habe es eigentlich als witziges Lied geschrieben. Es handelt davon, dass einem in irgendeiner Situation, zum Beispiel bei einer Beerdigung, plötzlich so eine Melodie in den Sinn kommt, die man dann nicht mehr los wird. Man bringt sie nicht wieder aus dem Kopf 'raus; irgend so ein 08/15-Stück. Vielleicht ist man gerade bei einem etwas sehr Wichtigem, vielleicht die eigene Hochzeit, und dann ist da plötzlich dieses schreckliche Lied im Kopf, das du nicht mehr los wirst. Eben der «Song that didn’t rhyme».
Wir haben ihn geschrieben, keiner mag ihn, aber man wird ihn nicht mehr los. Es ist ein lustiges kleines Lied. Aber die Leute mögen es. In jedem Interview seit Erscheinen des Albums fragt man mich als erstes nach diesem Lied. Es ist wie ein Virus. Du bringst ihn nicht mehr aus deinem Kopf raus (lacht).
Alice Coopers Hilfswerk: www.srfrock.org
Webseiten:
www.alicecooper.com / www.srfrock.org / www.alicegolf.com / www.alicepudding.com
Lesen Sie nächste Woche Teil 2: Alice Cooper: „Alice ist kein Held!“
Songtext
«Man of the year»
I wake up every morning,
6 o’clock I’m right on time.
I eat a lowfat breakfast.
I tie a perfect tie.
I kiss the wife,
I hug the kids,
I pet the dogs an' cat.
I never lose anything,
My car keys or my hat.
Refrain:
‘Cause I’m the man of the year.
I’m the man of the year.
Never cheat at finals.
Or miss a day at school.
My urine tests are perfect.
My prostate is a jewel.
Refrain …
I’m never ever jealous.
I’m never ever cruel.
I’m a graduate of Harvard.
Where I never broke the rules.
Zwischenstück
The Queen made me a knight.
The Pope made me a saint.
The President plays golf with me.
I made Madonna faint.
So why am I so lonely,
Depressed and in despair?
If I pull this trigger in my mouth,
Will anybody care?
Die Musik bricht ab, ein Schuss ist zu hören – der Mann des Jahres hat sich soeben erschossen …
It was the greatest funeral.
I lied in perfect state.
And later I will meet the Lord.
I’ll bet he just can’t wait.
To meet the man of the year …
Songtext „The song that didn’t rhyme“
Wrote a song,
It was wrong from the very first conception.
Seemed I struggled on every line.
It wasn’t pretty.
Wasn’t serious or witty.
The Song that didn’t rhyme.
The band couldn’t wing it.
The singer couldn’t sing it.
The drummer’s always out of time.
The dj’s were offended.
My union card suspended.
Billboard declared it a crime.
The melody blows. In a key that no one can find.
The lyrics don’t flow. But I can’t get it out of my mind.
A three minute waste of your time. On the song that didn’t rhyme.
It was bland, it was boring.
All the groupies they were snoring.
The first time we played it live.
All the record guys are fired.
The president retired.
But somehow the song survived.
The melody blows. In a key that no one can find.
The lyrics don’t flow. But I can’t get it out of my mind.
Oh, the melody blows. In a key that no one can find.
The lyrics don’t flow. But I can’t get it out of my mind.
A three minute waste of your time.
No redeeming value of any kind.
But thanks for the $12.99.
On the song that didn’t rhyme.
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch