Chancen für Frieden
«Vieles wird gut in Afghanistan»
Die Internationalen Schutztruppen verlassen dieses Jahr Afghanistan. US-Geheimdienste und viele Analysten sind sich einig in ihren düsteren Prognosen für das Land. Ganz anders Udo Stolte. Der Direktor von «Shelter Now», das als Hilfswerk seit über 25 Jahren in Afghanistan arbeitet, sieht gute Chancen für eine friedliche Zukunft im Krisengebiet.
Der deutsche Direktor des internationalen christlichen Hilfswerks Shelter Now, Udo Stolte, lobt in einem Interview mit der Braunschweiger Zeitung die Erfolge des zivilen Aufbaus in Afghanistan. Er neige zum Optimismus erklärt Stolte, der zurzeit 20 Hilfsprojekte im Land am Hindukusch betreut, vor allem in den Bereichen Landwirtschaft und Bildung. Und er untermauert diesen Optimismus.Positive Zeichen
Auch gebe es ein demokratisches Parlament und eine neue Verfassung anstelle von Willkürherrschaft. «Die Kinder, für die seit 2001 Schulen gebaut wurden, haben viel gelernt. Dieses Wissen lässt sich nicht auslöschen!» In vielen kleinen landwirtschaftlichen Projekten bekämen Dörfer Brunnen für die Trinkwasserversorgung; Nomaden erhielten Schafe, um ihr eigenes Einkommen zu sichern, Bauern lernten Safran statt Mohn anzubauen. Mit seiner positiven Einschätzung widerspricht Stolte Margot Käßmann, der früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche, die 2010 unterstrichen hatte: «Nichts wird gut in Afghanistan!»
Politische Entwicklung
Die Zukunft Afghanistans hänge stark vom neuen, im April zu wählenden Präsidenten und seiner Regierung ab, meinte Stolte. «Wenn er es schafft, die ethnischen Gruppen im Land zu vereinen, dann hat Afghanistan eine gute Chance, den Extremisten die Stirn zu bieten und sie zurückzudrängen.» Armee und Polizei wären stark genug, einen Taliban-Staat nach altem Muster zu verhindern.
Der Westen solle die Ausbildung der staatlichen afghanischen Sicherheitskräfte weiterhin unterstützen, so der Shelter Now-Direktor. «Die Geschichte hat gezeigt, dass es schon nach dem Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan Ende der 1980er Jahre ein Fehler war, das Land international fallenzulassen.»
Vergebung als Schlüssel
Als «bemerkenswert» hob Udo Stolte die öffentliche Bitte des ehemaligen Usbeken-Generals Raschid Dostum um Vergebung für das im Bürgerkrieg von ihm verursachte Leid hervor. Wörtlich hatte Dostum, der für die Vizepräsidentschaft Afghanistans kandidiert, erklärt: «Während des Bürgerkriegs habe ich viele Fehler gemacht und viel Leid verursacht. Ich bitte die Menschen um Vergebung, die unter der Gewalt des Bürgerkriegs im Land gelitten haben.»Dieses Schuldeingeständnis sei «ein ganz erstaunlicher und wichtiger Schritt», so etwas sei in einer Schamkultur wie Afghanistan nicht üblich, so Stolte. «Dass Dostum es dennoch getan hat, könnte ein Signal sein», erklärte der Direktor von Shelter Now und schließt: «Wir können also den Afghanen ruhig mehr zutrauen als Terrorismus und Opiumanbau.»
Webseiten:
Homepage «Shelter Now»
Das vollständige Interview mit Udo Stolte in der Braunschweiger Zeitung
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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Shelter Now