«Höchst ungewöhnlicher Schritt»
USA: Über 500 evangelikale Leiter warnen Trump und Pence
Über 500 evangelikale Leiter und Pastoren aus allen Staaten der USA haben einen Brief in einer ganzseitigen Anzeige in der Washington Post vom Mittwoch veröffentlicht, in dem sie schwere Besorgnis über die Flüchtlingspolitik des Präsidenten ausdrücken – nach Ansicht der renommierten Zeitung ein «höchst ungewöhnlicher Schritt».
«Wir leben in einer gefährlichen Welt und bestätigen die wichtige Rolle des Staates, uns zu schützen und die Kriterien für die Aufnahme von Flüchtlingen festzulegen. Aber Mitleid und Sicherheit können zusammen existieren, wie es seit Jahrzehnten der Fall ist», heisst es im Brief. «Wir sind sehr willig, verfolgte Christen aufzunehmen, aber wir heissen auch bedrohte Muslime, Menschen aus anderen Religionen oder solche ohne jeden Glauben willkommen. Dieser Erlass reduziert die Gesamtzahl der Flüchtlinge in diesem Jahr dramatisch und beraubt viele Familien ihrer Hoffnung und Zukunft.»
Christen: «Historische Berufung» seit 2000 Jahren
Der Brief hält fest, dass Tausende von Kirchen und Gemeinden in den USA neu angekommene Flüchtlinge aus allen Religionen durch das Flüchtlings-Platzierungsprogramm (Refugee Resettlement Program) betreut haben und dass diese Kirchen und Werke auch weiterhin viele weitere willkommen heissen möchten. «Als Christen haben wir seit 2000 Jahren eine historische Berufung, den Leidenden zu dienen. Wir können diese Berufung jetzt nicht einfach aufgeben», heisst es in dem Brief weiter.
Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Pastoren und Autoren Tim und Kathy Keller, Bill und Lynne Hybels (Willow Creek), der Seniorpastor der Northland Church Joel Hunter, der Präsident der Vereinigung der Evangelikalen, Leith Anderson, weiter die Bestsellerautorin Ann Voskamp, der Präsident des Southeastern Baptist Theological Seminary, Daniel Akin, und der Präsident von Open Doors, David Curry. Autor Max Lucado ist ebenfalls von der Partie.
Stimme für die, die keine haben
«Es ist nichts Neues, dass die Kirche ihre Stimme für die erhebt, die keine haben. Das ist Teil unserer historischen Berufung und unserer Identität…. Dieser Brief ist der Beleg dafür, dass die Kirche diesen Ruf, den Verletzlichsten zu dienen, nicht aufgeben wird», sagte der Präsident von «World Relief», Scott Arbeiter.
Und Autor Ed Stetzer von Wheaton College erklärte: «Christen sind immer für die Schwächsten eingetreten. Ich hoffe, dass die Trump-Administration unsere Sorge hört, dass wir eine Flüchtlingspolitik sowohl der Sicherheit als auch der Nächstenliebe haben – und dass wir zuversichtlich sind, dass beides weiterhin möglich sein wird.»
«Gegenseitige Bereicherung»
Lynne Hybels drückte es so aus: «Für einige Leute ist die Flüchtlingsfrage ein politisches Thema. Für mich als Christin ist es mehr ein Akt der Anbetung und des Gehorsams einem Gott gegenüber, dessen Reich global ist und dessen Barmherzigkeit jeden Morgen neu ist. Persönlich wurde mein Leben ungeheuer bereichert durch die mutigen und ausdauernden Flüchtlinge, die ich in Jordanien, im Libanon, im Irak oder im Kongo, aber auch in Illinois und Michigan kennengelernt habe. Ich hoffe, dass noch viele Christen hier in Amerika erleben, wie lohnend solche Beziehungen sind, die uns gegenseitig verändern.»
Der Brief schliesst: «Als Christen sind wir verpflichtet, für unsere gewählten Volksvertreter zu beten. Es ist unser Gebet, dass Gott Präsident Trump und all unseren Leitern göttliche Weisheit gibt, wenn sie den Kurs unserer Nation steuern. Wir beten auch für die verletzlichen Menschen, die von ihren Entscheidungen direkt betroffen sind.» Er ist online bereits von über 2700 Christen unterzeichnet worden.
Zur Webseite:
Der in der Washington Post veröffentlichte Brief (englisch)
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Christian Today
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