Hoffnung für ägyptische Christen
Diskriminierende Verfassungsartikel vor der Aufhebung
Nach den blutigen Ausschreitungen der Muslimbruderschaft gegen die koptischen Christen vom Juli und August kommen jetzt aus positive Signale für mehr Religionsfreiheit.
In der nun gebildeten Kommission zur Reform der islamlastigen Verfassungen von 1971 und besonders 2012 haben nicht mehr Politmuslime, sondern demokratische und fortschrittliche Kräfte das Sagen. Genau jene, die am 30. Juni mit ihren mächtigen Kundgebungen den Muslimbruder-Präsidenten Mursi in die Enge getrieben und am Nil den Weg zur politischen Neuordnung geöffnet hatten.
An die Spitze der Verfassungsreformer trat der langjährige ägyptische Spitzendiplomat Amr Musa. Als ersten Schritt suchte er das geistliche Oberhaupt der Kopten auf, Patriarch Tawadros II. Dieser ist eben erst zur Septembermitte aus einem sicheren Wüstenkloster an seine Kairoer Kathedrale zurückgekehrt. Diese war seit Anfang Juli das Ziel von gewaltsamen Versuchen der Islamisten, das christliche Gotteshaus in eine Moschee zu verwandeln.
Tawadros wies nun Amr Musa besonders auf die Notwendigkeit hin, die gegen Christen und Juden gerichteten Verfassungsartikel in der unter Mursi beschlossenen neuen Verfassung aufzuheben.
Es handelt sich vor allem um Artikel 3. Er will alle Nicht-Muslime zu Bürgern zweiter Klasse machen und ihnen das Recht auf freie Religionsausübung absprechen. Jede Verkündigung ihres Glaubens unter sunnitischen Muslimen soll verboten, der «Abfall» vom Islam mit dem Tod oder zumindest langer Einkerkerung bestraft werden. Was den Christen dann bliebe, wäre eine bescheidene Kultfreiheit wie vor der Wende von 1990 in der kommunistischen Welt. Der koptische Patriarch wies darauf hin, dass diese Auflagen auch schiitische Muslime und besonders die Bahai treffen würden.
Es handelt sich um mittelalterliche Satzungen des islamischen Rechts, der Scharia, zu Lasten der «Irrgläubigen» (Dhimmi). Diese Rechtsordnung wollten die Artikel 2 (1971) und 219 (2012) in Ägypten wiedererrichten. Amr Musa versprach dem Patriarchen Abhilfe in der neuen Verfassung. Für die Christen Ägyptens beginnt sich der Himmel aufzuhellen.
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Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet