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Muslimbrüder rächen sich an ägyptischen Christen
Auf den «Schwarzen Mittwoch» des Durchgreifens von Polizei und Militär gegen die Kairoer Lagefestungen der Muslimbrüder ist in ganz Ägypten ein «Roter Donnerstag» gefolgt: Rot vom Feuer brennender Kirchen sowie dem Blut getöteter und verwundeter Christen.
Insgesamt fielen diesen Vergeltungsakten der straff organisierten Islamisten nach amtlichen Angaben zwei Bischofsdome, 21 Pfarr- und 6 Klosterkirchen, 3 christliche Schulen, 4 Gemeinde- bzw. Bibelzentren sowie zahlreiche Wohnhäuser und Geschäfte von Christen zum Opfer. Es sind Tote und Verwundete zu beklagen, deren genaue Zahl noch ungewiss ist. Ein Pfarrer und seine Frau wurden verschleppt.
Besonders stark von dieser Welle der Gewalt Ägyptens sind evangelische Christen betroffen: So die Baptistengemeinde von Beni Mazar, die koptisch-evangelischen Kirche in Abu Hilal beim mittelägyptischen Minya, die Einrichtungen der «Evangelischen Stiftung» in derselben Stadt, die Kirche der evangelischen Kopten in Zerbi bei Fayyum südwestlich von Kairo, die dortige Bibelgesellschaft, das Kirchenschiff der Protestanten im Touristenort Luxor und die Adventistengemeinde von Assiut.
Angesichts der recht kleinen Zahl evangelischer Christen in Ägypten, die weniger als 5% der koptischen Orthodoxen ausmachen, ist ihr 20%iger Anteil an den Verwüstungen unverhältnismässig hoch.
Die Muslimbrüder versuchen ihre gezielten antichristlichen Attacken mit einer angeblich führenden Rolle der koptischen Kirche beim Sturz von Präsident Mursi und als «entscheidende Stütze des neuen Regimes» zu rechtfertigen. In ihren Aufrufen wird darauf hingewiesen, dass bei der Machtergreifung von Generaloberst Abdel Fattah al-Sissi der Koptenpatriarch Tawadros II. an dessen Seite zu sehen war – allerdings auch Ägyptens höchster islamischer Würdenträger, der Azhar-Gross-Scheich Al-Tayyib. Besonders dürfte die Wut der Muslimbrüder erregt haben, dass bei der grossen Volkskundgebung gegen ihre Herrschaft am 30. Juni Scharen von Christen mit Bibeln und Kreuzen in den Händen mitmarschiert waren.
Enttäuscht sind jedenfalls jetzt nach dem islamistischen Rachefeldzug Ägyptens Christen darüber, dass sich die internationalen Reaktionen einseitig für die Muslimbrüder einsetzen. «Wir scheinen nicht zu zählen!», beklagt der koptische Fernsehkanal Al-Tarik (Der Weg).
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Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet