Moldawien

Land ohne Eltern

Dreieinhalb Flugstunden oder 1'500 Kilometer Luftlinie liegt die moldawische Hauptstadt Chisinau von uns entfernt. Doch das Leben in dem ehemals kommunistischen Land ist mit unserem nicht zu vergleichen. Hilfswerke wie Pro Adelphos versuchen praktische Hilfe sowie Hoffnung in das «Land ohne Eltern» zu bringen.

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In Moldawien müssen sehr viele Kinder ohne ihre Eltern auskommen.
Ein durchschnittlicher Lohn in Moldawien beträgt umgerechnet 190 Franken im Monat, die Teuerung lag allein im letzten Jahr bei sieben Prozent. Fast ein Fünftel der Bevölkerung ist arbeitslos und wer arbeitslos ist, kann nicht auf staatliche Unterstützung zählen. «Die Wirtschaft in Moldawien ist am zerfallen und die Korruption im Land ist riesig. Als Folge finden viele Menschen keine Arbeit und versuchen aus lauter Verzweiflung ein temporäres Einkommen im Westen zu finden, während sie ihre Kinder Verwandten oder einer staatlichen Institution überlassen», erklärt Viorel Radu. Seit zwei Jahren ist Viorel für das Hilfswerk Pro Adelphos in Osteuropa tätig, zuerst in seinem eigenen Heimatland Rumänien und seit einigen Monaten als Direktor für ganz Osteuropa.

Kinder bleiben alleine zurück

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Viorel Radu
Tagtäglich erlebt er mit, wie Menschen das Land auf der Suche nach Arbeit verlassen und ihre Kinder alleine zurückbleiben. «Für uns mag es unverständlich klingen, dass jemand sein eigenes Kind zurücklässt, ohne zu wissen, was aus ihm wird», erklärt Viorel. «Die Menschen hier sehen, wie das Leben im Westen aussieht und möchten ihren Kindern dasselbe ermöglichen. Sie verlassen also ihre Familie in der Hoffnung, innert kurzer Zeit genug Geld zu verdienen, um ihr eine Zukunft zu ermöglichen, wie sie die Familien im Westen auch haben. Aus Monaten werden Jahre, in denen viele Kinder sich selbst überlassen keinerlei Liebe oder Orientierung erfahren. Sie werden es leid, auf ihre Eltern zu warten und fällen Entscheidungen, von denen sie nicht wissen, dass sie keine Zukunft haben.»

Laut Statistik wandern allein in Moldawien 60'000 Menschen jedes Jahr ins Ausland ab, dabei sind es jährlich über hundert Kinder, die von ihren Eltern verlassen werden, einige landen im Heim oder bei Verwandten, andere versuchen auf der Strasse zu überleben.

Den Teufelskreis durchbrechen

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Veronyka wurde schon als Kleinkind von ihren Eltern verlassen und lebt seither bei ihrer Grossmutter.
Veronyka wurde schon als Kleinkind von ihren Eltern verlassen und lebt seither bei ihrer Grossmutter in einem Dorf in Südmoldawien. Dort hat sie zwar ein Dach über dem Kopf, aber weder elektrisches Licht noch einen Tisch, um ihre Schulaufgaben zu lösen. Deshalb besucht Veronyka nun das Gemeinschaftszentrum, welches Pro Adelphos in diesem Dorf eröffnet hat. Jeden Tag nach der Schule erhält sie hier eine warme Mahlzeit, um sich danach auf ihre Schulaufgaben zu konzentrieren. «Ich habe hier sogar meinen eigenen Schreibtisch und einen Stuhl und der Lehrer hilft mir, wenn ich nicht weiterkomme. Ich bin so froh, denn meine Noten werden immer besser», freut sich Veronyka.

Sie ist eines von fünfzig Kindern, welche in diesem Gemeinschaftszentrum Zuflucht finden. Neben einer warmen Mahlzeit und Hilfe bei den Schulaufgaben, erhalten sie auch Zuwendung und emotionale Unterstützung der Mitarbeitenden. So werden die jungen Menschen befähigt, in eine selbständige Zukunft zu starten, damit sie, wenn sie erwachsen sind, nicht im Ausland nach Arbeit suchen und ihre eigenen Kinder wieder im Stich lassen müssen.

«Dieser Generation ihre Würde zurückgeben»

Für Viorel Radu geht es bei den Einsätzen in Moldawien nicht nur um eine kurzfristige materielle Hilfe, es gehe vielmehr darum, den Menschen die Hoffnung, welche das kommunistische Regime ihnen genommen habe, wieder zurückzugeben. «Wir wollen dieser Generation ihre Würde zurückgeben und auch den Glauben daran, dass sie mit Gottes Hilfe etwas erreichen kann».

Zur Webseite:
Pro Adelphos

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Datum: 08.12.2017
Autor: Florian Wüthrich / Leonie Degen
Quelle: Livenet / Pro Adelphos

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