Mehr Repressionen
Indische Christen sollen Jesus abschwören
In einigen Bundesstaaten der Indischen Union gelten Gesetze, die jede Bekehrung von Hindus zu Jesus erschweren oder rückgängig machen sollen. Jetzt werden sie verschärft. Die indischen Christen weigern sich aber standhaft, ihren Glauben abzuschwören.
Antikonversionsgesetze gehören zum Teil seit Jahrzehnten zum Landesrecht einiger indischer Teilstaaten, andere haben solche Bestimmungen erst in Kraft gesetzt, nachdem 2014 der nationalreligiöse Hindu Narendra Modi als gesamtindischer Regierungschef an die Macht kam. Beobachter in Delhi sehen die Inflation bei der Regionalgesetzgebung gegen Übertritte zum Christentum als unmissverständlichen Weg zu Modis erklärtem Ziel, früher oder später mit einem Bundesgesetz in ganz Indien den Weg zu Jesus Christus zu behindern und die schon vorhandenen Christen zum Hinduismus zurückzudrängen. Alle bisherigen regionalen Konversionsbeschränkungen sehen Erleichterungen, ja Belohnungen für jene vor, die aus den Kirchen in die Hindutempel zurückkehren. Dafür wurde der juristische Fachausdruck «ghar vapasi» (Heimkehr) geschaffen.
10 Jahre Gefängnis für «Verführer»
Im zweitgrössten indischen Bundesstaat Madhya Pradesh trat erst Anfang dieses Jahres ein besonders einschneidendes Antikonversionsgesetz in Kraft. Pfarrer und Gemeindevorsteher müssen jeden Neuchristen polizeilich melden. Darauf folgen bald gemeinsame, bald getrennte Vorladungen. Dabei ist es Aufgabe der Behörden, nachzuweisen, dass die Abkehr vom Hinduismus unter Druck, nach raffinierter Gehirnwäsche und ausgeklügelten Überredungskünsten erfolgt ist. Wenn die Polizisten das als erwiesen betrachten, drohen den Neubekehrten und ihren «Verführern» zehn Jahre Gefängnis.
Terror von Fanatikern
Einige lassen sich mit dieser Drohung vom Beitritt zu christlichen Gemeinden abschrecken. Die meisten jedoch stehen fest zu ihrem neuen Glauben. Doch «Rollkommandos» fanatischer Hindus nehmen das Gesetz gegen Konversionen in die eigene Hand. Sie überfallen mit Schlagstöcken, aber auch Messern und Feuerwaffen bevorzugt freikirchliche Gebetsversammlungen: Unter ihrer Teilnehmerschaft könnten sich auch mit Gewalt oder List neu Bekehrte befinden. Doch immer öfter wird bei den Überfällen gefordert, dass alle – wann auch immer – «Abgefallenen» zum Hinduismus «heimkehren».
Unterschiedlich gefährdet
Madhya Pradesh liegt im Zentrum von Indien. 91 Prozent der rund 80 Millionen Einwohner sind Hindus, die Christen machen nur eine verschwindende Minderheit von 0,3 Prozent aus, das sind an die 300'000 Getaufte. Sie liegen unter dem gesamtindischen Durchschnitt von 2,5 Prozent, davon 1,5 Prozent evangelische Christen. In Madhya Pradesh gehören viele von ihnen zur «Kirche von Nordindien». In ihr haben 1970 Baptisten, Methodisten und Presbyterianer mit den Anglikanern zusammengefunden. Das gewährt einen gewissen Schutz. Die Pfingstkirchen sind da schlimmer dran.
Vor allem Pfingstgemeinden im Visier
Denn als Prügelknaben der Hindu-Extremisten dienen im wahrsten Sinne des Wortes die aufblühenden Pfingstgemeinden von Madhya Pradesh, besonders in Bhopal und seiner Umgebung. Dort werden in der öffentlichen Meinung vor allem die Pfingstchristen noch immer für die verheerende Umweltkatastrophe von 1984 verantwortlich gemacht. Das explodierte Chemie-Werk hatte sich in amerikanischem, also christlichem Besitz befunden.
Die Shalom Mission Church wird noch immer aggressiv darauf angesprochen. Erst unlängst hat man wieder 23 ihrer Pfingstprediger zum Fabriksunfall verhört.
Kirchenleiter wird regelmässig verhört
Dem Wirken dieser 2008 unter dem indischen Namen «Shalom Kalisiya Samiti» registrierten Pfingstkirche ist es auch zu verdanken, dass in dem einstigen – bis 1956 – Fürstenstaat Jhabua die Zahl der Christen mit 4 Prozent über dem Durchschnitt liegt. Der örtliche Kirchenleiter Paul Muniya wird regelmässig von der Polizei wegen seiner Missionserfolge vorgeladen: «Da kann ich mich wie die ersten römischen Christen vor ihren Richtern zu Jesus bekennen!» Er habe immer neue Dokumente zum rechtmässigen Besitz kirchlicher Baulichkeiten vorzulegen. Denen drohe sonst Demolierung oder «Abbrennen».
Beispiel Karnataka Baptist Convention
Karnataka, das ehemalige Mysore, an Indiens mittlerer Westküste, ist der zweite Bundestaat, in dem Anti-Konversions-Verordnungen schon länger gelten, aber seit neuestem mit bisher unüblicher Härte angewandt werden. Obwohl auch hier nur wenige (2 Prozent) der heute annähernd 65 Millionen Bewohner sich als Christen bekennen, liegt auf der Hand, dass sie in den Augen der Hindu-Aktivisten immer noch viel zu viele sind. 2021 sind bisher 300 antichristliche Ausschreitungen zu beklagen. Die Karnataka Baptist Convention mit ihren 900 Kirchen hat die meisten Behördenschikanen und Tätlichkeiten militanter Hindus erlitten.
«Rasantes Wachstum der Christenfeindlichkeit»
Der Präsident des «Global Council of Indian Christians» (GCIC), Sajan K. George, spricht von einem rasanten Wachstum der Christenfeindlichkeit, die alarmierende Ausmasse annimmt. Verantwortlich dafür sei in Karnataka und anderswo die radikale Bewegung Hindu Jagarana Vedike, die nur Hindus als «wahre Inder» anerkennt. Auf ihre Rechnung geht der jüngste Angriff auf das freikirchliche Bethaus «Pragathi Centre», das dem Erdboden gleichgemacht wurde. In der Küstenstadt Udupi südlich von Goa hatte es auch diakonische Hilfe für Arme und Kranke angeboten, wie sie das indische Wort «Pragathi» mit beinhaltet.
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Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet