Rucksäcke mit Vision

KitePride bietet Opfern von Menschenhandel sinnvolle Arbeit

Der Basler Fontis Verlag hat einen Rucksack von KitePride ins Programm genommen, einem Sozialunternehmen aus Tel Aviv, das von Tabea Oppliger gegründet wurde. Die Unikate werden aus ausgemusterten Surfsegeln hergestellt – von Menschen, die zuvor in der Sexindustrie ausgebeutet wurden.

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Tabea Oppliger, die Gründerin von KitePride, beim Kitesurfen.
Das Börsenblatt sprach mit André Bégert, Geschäftsleitungsmitglied bei Fontis, über diese Partnerschaft.

Börsenblatt: Wie ist es zur Kooperation zwischen Fontis und KitePride gekommen?
André Bégert: Meine Frau und ich sind befreundet mit Matthias und Tabea Oppliger, den Gründern von KitePride. Ihre Organisation GlowbalAct ist ein gemeinnütziger Förderverein mit Sitz in der Schweiz, mit dem sich das Ehepaar seit Jahren einsetzt gegen moderne Sklaverei, Menschenhandel und gegen die Ausgrenzung von Menschen, die gefangen sind in der Sexindustrie. Bereits vor Jahren organisierten sie Fundraising-Events wie zum Beispiel den Stilettolauf in Zürich und bauten so ein finanzielles Rückgrat auf. Matthias und Tabea sensibilisieren durch ihre Pionierarbeit die Gesellschaft dafür, dass das Thema «moderne Sklaverei» uns alle etwas angeht. Die Idee zu ihren Aktivitäten entstand 2011 aus einer tiefen persönlichen Betroffenheit, angesichts der zunehmenden Problematik rund um das Thema Menschenhandel und der sexuellen kommerziellen Ausbeutung von Frauen in der Schweiz und anderen Teilen der Welt.

Weltweit wird alle 30 Sekunden jemand Opfer von Menschenhandel. Prostitution ist weltweit ein Problem, nicht nur in Israel. Warum ausgerechnet Tel Aviv?

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André Bégert
2014 zogen sie mit ihren drei Kindern nach Tel Aviv. Dort führen sie seither ein Team, bestehend aus Schweizern und Israelis, das als lokales Sozialunternehmen Menschen, die zuvor in der Sexindustrie ausgebeutet wurden, bezahlte und geschützte Arbeitsstellen und somit eine Wiederintegration und Rehabilitation anbietet. Im Fontis-Verlag erscheint im September auch ein Buch von Tabea Oppliger mit dem Titel «#nofilter». Es handelt davon, wie sie ihren Traum von Gerechtigkeit mit Blut, Schweiss und Tränen in die Tat umsetzt, mitten im Schmelztiegel von Tel Aviv. Es handelt vom echten Leben ohne Filter und davon, dass Träume nur dann wahr werden, wenn man sich entscheidet, ihnen Taten folgen zu lassen. Koste es, was es wolle. Und: KitePride in Holland ist in Planung.

Was ist das Besondere an den KitePride-Produkten?
Dass sie Menschen, die in der modernen Sklaverei gefangen sind, Arbeitsplätze verschaffen, damit sie in ihrer Würde unterstützt werden und aus ihrem persönlichen Dilemma einen Ausweg finden. Die Grundidee für das Label KitePride stammte von Rebekka Federer, einer Schweizerin. Für Matthias und Tabea Oppliger stand das Thema Umwelt und der Wunsch nach einem nachhaltigen Lebensstil schon immer im Vordergrund. Zudem sind beide begeisterte Kitesurfer. Diesen Lifestyle nahmen sie zum Anlass, Menschen zu helfen und sie aus der modernen Sklaverei herauszuführen, indem das Material von gebrauchten und defekten Kitesurf-Kites recycelt und dann zu trendigen und haltbaren Taschen umgewandelt wird.

Wie ist die Resonanz?
Damit allein ist die Welt nicht gerettet, aber seit Matthias und Tabea damit begonnen haben, ihre Begabung, ihr Netzwerk, ihre Passion, Zeit und Geld in dieses Projekt in Tel Aviv zu investieren, werden unglaublich viele Menschen aus der ganzen Welt dazu angespornt, ihr Projekt zu unterstützen. Sie senden ihre alten Kitesurf-Kites, zerrissenen Fallschirme, kaputten Segel und ausgetragenen Neoprenanzüge nach Israel, wo sie auf der Dachterrasse des jungen Sozialunternehmens gewaschen und getrocknet werden. Dann erhalten die Rohstoffe ein neues Leben in Form von hochwertigen und edlen Taschen. Und so entsteht eine Symbiose: Aus dem Material, das die Gesellschaft als Müll und Abfall bezeichnet, entstehen in Handarbeit wunderschöne Taschen, die von Menschen zusammengenäht werden, deren Leben sonst wahrscheinlich in ihrer eigenen Zerrissenheit geendet hätte. Das Zerschneiden der zu Beginn defekten Ware und das nachträgliche Zusammensetzen der Stoffbahnen zu trendigen Bags wird so für einige von ihnen wie ein Spiegelbild für ihr eigenes Leben. Darum heisst das Motto von KitePride auch: «second wind for kites and people».

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Fontis-Rucksack von KitePride
42 Euro lautet die unverbindliche Preisempfehlung für den 19 mal 24 mal 5 Zentimeter grossen Rucksack von KitePride. Passt das in die Nonbook-Preisstruktur der Buchhandlungen?
Wenn der Kunde nicht bereit ist, einen fairen Preis für Produkte zu bezahlen, die in stundenlanger Arbeit von Hand genäht werden, schuftet eine moderne Sklavin in Bangladesh unter schäbigsten Bedingungen für den Fehlbetrag. Aber es gibt noch eine perfidere Seite von sozialer Ungerechtigkeit, und zwar das Glamour-Preissegment. Ich habe vorhin nach einer Gürteltasche von Balenciaga gegoogelt (ein bekanntes französischen Edel-Trash Label). Das kleine Ding kostet in Deutschland 990 Euro und ist in der Hip-Hop-Szene der absolute Renner, einem wohlgemerkt sehr jungen Publikum mit eher geringer Kaufkraft. Wie krank sind wir eigentlich, wenn Leute 990 Euro für Trash-Labels bezahlen? Damit könnte man 25 Fontis-Bags von KitePride kaufen und Menschen eine neue Zukunft ermöglichen.

Wie kommt die «Fontis-Bag by kite.pride» im Buchhandel an?
Sehr gut! Denn die Geschichte von KitePride macht betroffen. Wir hatten an den Fontis-Salesdays diesen Juni zirka 120 Buchhändler aus Deutschland und der Schweiz an zwei Tagen bei uns zu Gast. Tabea Oppliger hat ihr neues Buch «#nofilter» vorgestellt. Viele Leute hatten Tränen in den Augen, denn moderne Sklaverei hat ein Gesicht, dass uns alle anschaut, auch wenn wir lieber wegblicken. Und viele Buchhändler haben sich danach mit Taschen von KitePride eingedeckt.

Hier können Sie den Fontis-Rucksack von KitePride bestellen:
Fontis-Onlineshop

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Datum: 10.08.2019
Autor: Sabine van Endert
Quelle: Börsenblatt

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