Washington D.C.

Kirchenvertreter entsetzt über Sturm auf US-Kapitol

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Sturm auf US-Kapitol (Bild: Instagram)
Am Mittwoch haben sich Anhänger des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump gewaltsam Zugang zum Kapitol in Washington verschafft. Dabei sind Menschen zu Tode gekommen. US-amerikanische Kirchenvertreter haben mit Entsetzen auf die Geschehnisse am Sitz des Kongresses reagiert.

Mit Entsetzen haben US-amerikanische Kirchenvertreter auf die gewaltsame Erstürmung des Kapitols in Washington durch Anhänger des scheidenden Präsidenten Donald Trump reagiert. Auch evangelikale Unterstützer des Präsidenten verurteilten die Aktion. Die Gewalttaten seien ein «Angriff auf die Demokratie», erklärte der Vorsitzende der konservativen «Koalition für Glauben und Freiheit», Ralph Reed.

Trump-Anhänger waren am Mittwoch in das Kapitol eingedrungen und hatten den Abbruch der Sitzung erzwungen, bei der Senat und Repräsentantenhaus den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden bestätigen sollten. Die Sitzung musste wegen der Tumulte für mehrere Stunden unterbrochen werden. Verschiedenen Medienberichten zufolge sind bei dem gewaltsamen Eindringen vier Menschen ums Leben gekommen.

Südliche Baptisten: Präsident soll Mob verurteilen

Trump müsse die Gewalt verurteilen, forderte James David Greear, Präsident der grössten protestantischen Kirche in den USA, des Südlichen Baptistenverbandes. Auf Twitter teilte Greear mit: «Friedliche Machtübergänge haben unsere Republik von Anfang an geprägt. Es gehört dazu, die von Gott eingesetzten Führer zu ehren und sich ihnen zu unterwerfen, ob sie nun unsere Wahl waren oder nicht. Wir brauchen Sie, Herr Präsident, um diesen Mob zu verurteilen. Lassen Sie uns gemeinsam vorwärts gehen. Ich bete für Sicherheit.»

Der Präsident des «Southern Baptist Theological Seminary», Albert Mohler, sagte, Trump sei verantwortlich für das Chaos. Mohler hatte vor der Präsidentenwahl erklärt, er werde für Trump stimmen.

Rich Warren spricht von Anarchie

Der Pastor der evangelikalen Megakirche Saddleback Church in Lake Forest (Kalifornien), Rick Warren, bezeichnete den Ansturm auf das Kapitol als Verrat und Terrorismus. Es forderte über Twitter den US-Präsidenten auf, seine Anhänger nach Hause zu schicken. «Das bewaffnete Eindringen in den Sicherheitsbereich des Kapitols hinter einer konföderierten Flagge ist Anarchie, un-amerikanisch, krimineller Verrat und hausgemachter Terrorismus. Präsident Trump muss seinen Anhängern klar sagen: 'Wir haben verloren. Geht jetzt nach Hause.'» Die von Warren gegründete Gemeinde gehört ebenfalls dem Südlichen Baptistenbund an.

Der Präsident der katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof von Los Angeles José Gomez, betonte, Amerikaner müssten den «Werten der Demokratie» verpflichtet sein. Der Erzbischof von Baltimore, William Lori, beklagte die «schockierenden und gesetzeswidrigen Proteste».

Auch der leitende Bischof der anglikanischen Episkopalkirche, Michael Curry, zeigte sich bestürzt. Der Ansturm habe die «Integrität unserer Demokratie» bedroht, sagte er. Bewaffnete Demonstranten hätten einen Staatsstreich versucht.

Der Geschäftsführer des jüdischen Menschenrechtsverbandes Anti-Defamation League, Jonathan Greenblatt, warf Trump vor, er habe zur Gewalt angestiftet. Soziale Medien müssten Trump blockieren. Der Kurznachrichtendienst Twitter hatte Trumps Konto am Mittwochabend (Ortszeit) für zwölf Stunden gesperrt. Facebook blockierte Trump für 24 Stunden.

Franklin Graham verteidigt friedliche Demonstranten

Religion News Service berichtete am Mittwoch auf der Webseite über Äusserungen von Franklin Graham zu den Vorgängen am Kapitol. Dem Bericht zufolge verteidigte Graham die Demonstration mit den Worten: «Sie haben ein Recht zu protestieren. Den Leuten zu sagen, sie sollen nach Hause gehen, das kann ich nicht entscheiden», und weiter: «Die Leute, die die Fenster in der Hauptstadt zerbrachen, sahen nicht wie die Leute aus, die da draussen demonstrierten. Wahrscheinlich war es die Antifa. Als Leute, die Scheiben einschlagen, müssen sie nach Hause gehen. Aber Leute, die friedlich da draussen stehen, Fahnen halten und protestieren, die haben jedes Recht, das zu tun.»

Auf Twitter zeigte sich der Evangelist und Trump-Befürworter bestürzt über die Ereignisse in der US-amerikanischen Hauptstadt. Auf Twitter erklärte Graham: «Ich bin zutiefst betrübt über das, was heute in der Hauptstadt unserer Nation stattgefunden hat. Unser Land ist in Schwierigkeiten. Wir brauchen Gottes Heilung und wir brauchen Gottes Hilfe. Beten Sie für Frieden und den Schutz unserer Nation. Lasst uns zusammenkommen – auf unseren Knien.»

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Datum: 08.01.2021
Autor: epd / Norbert Schäfer
Quelle: PRO Medienmagazin

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