Präsident Mursis Kabinett
Keine Christen in der neuen Regierung Ägyptens
Kaum hat Präsident Muhammad Mursi seine neue Regierung vorgestellt, hagelt es auch schon Kritik von allen Seiten: Aus dem demokratischen Lager wie seitens der Revolutionsjugend des «Arabischen Frühlings» von 2011, von den ägyptischen Christen wie auch jenen Muslimen, die sich nicht durch die «Bruderschaft» vertreten fühlen.
Richtig empört zeigen sich die schon lang emanzipierten Ägypterinnen – sie sind in der neuen Regierung nur so nebenbei durch eine machtlose Versicherungs- und eine politisch noch bedeutungslosere Forschungsministerin vertreten.Militär im Gleichschritt mit den Muslim-Brüdern
Nur die ägyptischen Streitkräfte können mehr als zufrieden sein. Haben doch der bisherige oberste militärische Machthaber Marschall Hussein Tantauwi sowie drei seiner Generäle die Schlüsselpositionen des Verteidigungs-, Innen-, Lokalverwaltungs- und Rüstungsministers erhalten. Das verrät eine Verteilung der Macht im postrevolutionären Ägypten zwischen der Armee und den straff organisierten politischen Islamisten von der Muslim-Bruderschaft. Eine Gewaltenteilung, wie sie schon bald 30 Jahre im Sudan und seit letztem Jahr auch in Tunesien herrscht. Durch die sich aber in Ägypten alle, die vom Sturz des Langzeitdiktators Mubarak Freiheit und Fortschritt erhofft hatten, jetzt endgültig getäuscht und enttäuscht sehen.
Die koptischen Christen beklagen darüber hinaus, dass sie bei dieser Regierungsbildung völlig übergangen wurden. Nicht immer hatte es in Kairo Kopten in so führenden Regierungsämtern wie den späteren UNO-Generalsekretär Butros Ghali gegeben. Aber ein bis zwei Ministerposten wurden immer Christen anvertraut, wenn auch nur im Post- oder Tourismusressort.
«Kabinett der Fähigsten»
Präsident Mursi hat diesbezüglich bei der Amtseinführung seiner Regierung unterstrichen, dass diese nicht Interessengruppen und Religionsgemeinschaften repräsentiere, sondern ein «Kabinett der Fähigsten» darstelle. Was ihn aber nicht gehindert hat, alle wichtigen Ministerposten – neben den Militärs – seinen Muslim-Brüdern zuzuschanzen: Diese kontrollieren fortan Ägyptens Universitäten mit ihren Studierenden, die Arbeitsbeschaffung, den sozialen Wohnbau sowie das gesamte Informations- und Medienwesen.
Ein Beispiel für die jetzt am Nil geltende Sprachregelung hat Informationminister Abdel Maksud auch sofort geliefert: In einer Stellungnahme zu den jüngsten Zusammenstössen zwischen militanten Muslimen und christlichen Kopten südlich von Kairo in Dahschur (bekannt durch seine «Knickpyramide») dementierte er jede «Vertreibung» von Christen: Diese hätten «aus Ängstlichkeit freiwillig» das Weite gesucht…
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Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet