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«Hinter Pornografie steckt eine unerfüllte Sehnsucht»
Eine Gruppe Jugendlicher sprach über ihre persönlichen Kämpfe mit Pornografie und lud in der Folge andere dazu ein, darüber zu sprechen. Damit kam eine Bewegung mit Namen «Scham-los» ins Rollen.Im Januar 2019 startete der 4. Jahrgang der Jüngerschaftschule GROW. Es herrschte grosse Offenheit unter den neun jungen Menschen und irgendwann kam auch das Thema Pornographie zur Sprache. Die Gruppe merkte, wie sie alle irgendwie davon betroffen waren.
«Wir müssen über Pornographie reden!»
Ein Teil der dreimonatigen Jüngerschaftschule bestand aus einem Projekt, welches die Klasse eigenständig realisieren sollte. Die Truppe entschied sich, einen Anlass zum Thema Pornografie durchzuführen. Es war klar: «Wir müssen über Pornografie reden!» Das Projekt sollte den Menschen dienen und Gott ins Zentrum stellen, der uns seine Freiheit in Jesus zuspricht. Der Anlass wurde für Oktober 2019 in Steffisburg angesetzt und sollte den Namen «Scham-los» tragen. Viele Jahre zuvor hatte jemand die Internet-Domain scham-los.ch reserviert – ohne klare Vorstellung des Zwecks. Doch jetzt passte plötzlich alles zusammen.«Uns war wichtig, das Thema wirklich auf den Boden zu bringen», berichtet Joy Bärtschi (*1997) aus Frutigen, eine Teilnehmerin besagter Gruppe. «Deshalb sollten Personen zu Wort kommen, die über ihre persönlichen Kämpfe offen reden.» Der Event wurde in allen Gemeinden der GfC (Gemeinde für Christus) beworben.
Offenheit wurde zum Türöffner
Der Anlass war ein voller Erfolg. Es gab Berichte von Personen unterschiedlichen Alters, einen Input über Identität und zum Schluss ein Podiumsgespräch. Die Offenheit der Sprecher war ein Türöffner, es wurden sehr viele weiterführende Gespräche in Anspruch genommen. Das Bedürfnis, mit jemandem über eigene Kämpfe zu reden, war sichtbar gross.
«Hinter dem Konsum von Pornografie steckt eine unerfüllte Sehnsucht», berichtet Initiant Simon Maurer (*1985) aus Muhen. Diese Sehnsucht konnte natürlich auch durch den Anlass nicht gestillt werden. «Nachdem der Anlass 'Scham-los' zu Ende war, spürten wir, dass es weitergehen soll und noch weitere Themen angesprochen werden müssen.» So wurde aus dem einmaligen Projekt eine Bewegung.
Es geht in die nächste Runde
Weitere Personen begannen sich zu engagieren und ein neues Team formierte sich. «Wir wollen lernen, echt zu leben und Freiheit in Anspruch zu nehmen», erklärt Simon. «Und unser Anliegen ist es, Menschen zu helfen, in eine echte Gottesbeziehung hineinzuwachsen, wo auch Zweifel und persönliche Probleme nicht totgeschwiegen werden.» Er ist überzeugt, dass die erwähnte Sehnsucht nur durch eine lebendige Beziehung mit Gott ihre Erfüllung findet.Freiheitsgruppen und Vernetzung
Freiheitsgruppen, wie sie in Deutschland von «Free indeed» entwickelt wurden, zeigen sich als effizient. «Ein Leiter, welcher selbst frei von Pornografie ist, startet nach einer Schulung mit einer Gruppe», erklärt Joy. «Das Ziel ist, frei zu werden und in dieser Freiheit zu leben.» Gerade die sichtbaren Erfolge motivieren zum Weitermachen mit diesen Gruppen. «Mit Freiheitsgruppen können wir uns viel schneller entwickeln als mit seelsorgerlichen Einzelgesprächen», erwähnt Joy einen zusätzlichen Vorteil.
Neben den Freiheitsgruppen legt «Scham-los» einen Schwerpunkt auf die Vernetzung mit Diensten wie «Porno-frei» oder «free indeed». «Wir wollen auch Menschen mit Mentoren und Wegbegleitern vernetzen, sowie Kurse anbieten.»
Freiheit ist möglich
«Ich war circa zehn Jahre lang pornosüchtig und litt sehr darunter – besonders weil ich glaubte, der einzige zu sein.» Das ist Simons Geschichte. Durch das Eingreifen Gottes wurde er im Dezember 2016 von einem Moment auf den anderen frei.
Auch Joy kennt den Kampf gegen die Pornografie. «Lange glaubte ich, die einzige Frau zu sein, die Probleme mit Pornografie hat.» Anders als Simon wurde sie nicht plötzlich befreit, sondern durchlief einen langen Weg in seelsorgerlicher Begleitung. Auch heute muss sie hin und wieder gegen die Versuchung ankämpfen, freut sich aber an der gewonnenen Freiheit. Sie ist froh, mit anderen über diese Kämpfe sprechen zu können. Obwohl die Wege von Simon und Joy unterschiedlich sind, teilen sie doch die Überzeugung, dass Freiheit möglich ist.
Der Kampf hat gerade erst begonnen
«Wir sind total in den Kinderschuhen und dabei, etwas aufzubauen.» Die zwei Jahre, in denen die Gruppe ihr Engagement aufgenommen hat, waren erst ein Anfang. Auf jeden Fall ist dieser Weg aber noch nicht zu Ende. «Es schmerzt zu sehen, wie Menschen jahrelang mit Jesus unterwegs sind und immer an derselben Stelle treten», erklärt Joy den Grund, weshalb sie nicht ans Aufhören denkt.
«Menschen sollen sehen dürfen, dass wir Christen auch unsere Probleme haben, diese aber nicht verstecken müssen.» Simon ist von der zentralen Wichtigkeit der Ehrlichkeit überzeugt und will sich in eine Generation investieren, die, ob alt oder jung, ihren Glauben authentisch lebt und Gottes Wirken erfährt.
Zu den Websiten:
Jüngerschaftsschule Grow
scham-los
free-indeed
porno-frei
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Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet
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