Markus Ritter
«Bauern sind näher bei Gott»
Weil er sich für 55'000 Bauernfamilien in unserem Land verantwortlich fühle, sei er besonders auf Gottes Hilfe und seinen Segen angewiesen. Das betont Nationalrat Markus Ritter, seit zwei Jahren Präsident des Schweizer Bauernverbandes.
Markus Ritter, glauben Sie als Landwirt an den biblischen Schöpfungsbericht oder an die Evolution?
Als gläubiger Mensch, der die Bibel gut kennt und in die Kirche geht, glaube ich an die Botschaft der Bibel. Doch als die Bibel geschrieben wurde, gab es natürlich wenige Informationen. Man soll die heutigen Forschungsergebnisse sicher nicht ausblenden. Doch ich glaube, dass Gott mit seiner Allmacht massgeblich Einfluss genommen hat. Die Entwicklung ist sicher nicht einfach so gewesen, wie sie in der Bibel beschrieben wird. Wichtig ist der Kerngedanke: Gott hat diese Welt geschaffen und den ganzen Schöpfungsprozess möglich gemacht. Es hätte sich auch ganz anders entwickeln können. Es hätte kein Wasser geben können, es hätte zu heiss bleiben können, es hätte zu weiteren gewaltigen Explosionen auf der Erde kommen können. Es ist aber alles wunderbar geworden, sodass Leben auf der Erde möglich wurde.
Inwiefern prägt der Glaube Ihr Leben?
Sehr stark. Mein Einsatz gilt den Mitmenschen. Meine Motivation, diese grosse Aufgabe zu machen, ist das Wohl der Bauernfamilien, das Wohl unserer ganzen Gemeinschaft, das Wohl unseres Landes. Ich hätte es ja hier als Bauer sehr schön. Ich habe einen Betrieb, der Freude macht, eine tolle Familie, einen Wohnort mit grossartiger Aussicht. Ich erinnere mich immer wieder an das biblische Gleichnis von den drei Knechten mit der unterschiedlichen Zahl an Talenten, die sie von ihrem Herrn zur Verwaltung erhalten haben. Wir müssen aus unsern Talenten etwas machen und der Gemeinschaft etwas zurückgeben. Ich bin überzeugt: Wenn das jeder beherzigt, ist es zum Wohle aller.
Sie sind katholisch, Ihre Frau reformiert. Wie funktioniert Ihre «ökumenische Ehe»?
Was erwarten Sie als Landwirt von der Kirche?
Wichtig ist, dass die Kirche nahe bei den Menschen ist. Ich habe grosse Freude, wie nahe Papst Franziskus bei den Menschen ist. Das macht mir Hoffnung. Er versucht, die Menschen dort abzuholen, wo sie mit ihren Nöten und Problemen sind. Er versucht, die Menschen wirklich zu verstehen. Er versucht auch, die Kirche mit einem behutsamen Prozess zu erneuern. Die Kirche muss hinausgehen aus ihren Gebäuden und dort sein, wo die Menschen sind. Hier in Altstätten sieht man den katholischen und den evangelischen Pfarrer oft in der Öffentlichkeit. Wenn die Leute weniger zur Kirche gehen, muss man halt dort sein, wo die Leute sind.
Als Bauer sind Sie quasi von Amtes wegen näher bei Gott. Wie erleben Sie Gottes Hilfe im Alltag?
Es ist ein Geschenk, dass wir Bäuerinnen und Bauern uns wirklich näher bei Gott fühlen dürfen als der Durchschnitt der Bevölkerung. Das hängt damit zusammen, dass sich in der Natur auch durch modernste Technik vieles nicht beeinflussen lässt. Wir sind der Witterung meist schutzlos ausgesetzt. Wenn wir kein gedeihliches Wetter und keinen Sonnenschein haben, wächst nichts oder viel weniger. Es gibt jedes Jahr wieder neue Schädlinge oder Krankheiten. Manchmal scheint es mir wie im Alten Testament. Mit den modernen Transportmitteln werden diese Schädlinge und Krankheiten von Afrika und anderen Gegenden dieser Erde zu uns gebracht. Wir haben bei den Tieren auch viele Krankheiten, die immer wieder neu auftreten können. So sind wir darauf angewiesen, dass der Herrgott zu uns schaut und für uns einsteht.
Gerade wenn man in den Bergen ist, wo die Witterungsverhältnisse noch extremer sind, wird man auch als Bauer ganz klein. Man ist unglaublich verletzlich. Da wird man sich bewusst, dass die Macht und der Schutz Gottes für uns sehr wichtig sind. Das macht auch demütig und hilft, sich im Glauben zu festigen.
Was heisst es für Sie als Bauer, von Gott gesegnet zu sein?
Ich darf täglich und gerade in schwierigen Situationen den Schutz Gottes erleben. Ich erkläre es gerne mit einer Geschichte, die mich begleitet: Ein Mensch, der am Schluss seines Lebens in den Himmel kam, blickte mit Gott auf sein Leben zurück. Da gab es Wegabschnitte, wo man eine Spur sah, und Wegabschnitte, wo man zwei Spuren sah. Da fragte er Gott: «Warum musste ich denn immer wieder alleine laufen? Warum hast du mich gerade in schwierigen Lebensabschnitten verlassen?» Da antwortete Gott: «Ich habe dich nie verlassen. Jene Abschnitte mit einer Spur, wo du es besonders schwierig hattest – da habe ich dich getragen.» Das gilt auch für mich.
Welche biblische Aussage macht Ihnen Mut für Ihr Leben und für Ihre Aufgaben?
Es gibt viele biblische Aussagen, die mir Mut machen! Für mich ist das Entscheidende, dass mir der Glaube an Gott auch die Perspektive des ewigen Lebens schenkt. Das unterscheidet uns ja von den Tieren: Wir wissen, dass es nach dem Sterben ein ewiges Leben gibt. Wir müssen Gott auch einmal Rechenschaft ablegen für unser Leben und unser Handeln. Das ewige Leben ist der Stern, der vor mir leuchtet. Auf ihn gehe ich hoffnungsvoll zu. Darum habe ich auch keine Angst vor dem Tod. Wer glaubt, der kann ewiges Leben erlangen. Das ist für mich die zentrale Aussage der Bibel. Aus dieser Gewissheit gewinne ich auch Orientierung in meinem Leben. Das versuche ich auch meinen Kindern weiterzugeben.
Das ausführliche Interview mit Markus Ritter können Sie in der aktuellen «idea Spektrum» lesen. Weitere Informationen unter www.ideaschweiz.ch.
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Autor: Andrea Vonlanthen
Quelle: Idea Spektrum Schweiz