Brunson ist frei, aber...
Was geschieht mit seiner Gemeinde?
Über zwei Jahre nach seiner Festnahme am 7. Oktober 2016 kam der
Presbyterianerpfarrer Andrew Brunson am 12. Oktober 2018 endlich frei.
Eine Rückkehr in die Türkei wird es kaum mehr geben.
Nach der langen und beschwerlichen Gefängnishaft und dem anschliessenden Hausarrest konnte er auch die Türkei verlassen. Sein Kniefall im Weissen Haus, wo er dem Himmel und Präsident Donald Trump für seine Freilassung dankte, kann auch als Bestätigung dafür gelten, dass der Einsatz für verfolgte Christen kein erfolgloses Bemühen ist. Parallel zu Gebeten für Brunson in aller Welt hat sich Donald Trump persönlich um seine Rettung bemüht und das ganze Gewicht der Weltmacht USA für seine Freilassung in die Waagschale geworfen.
Bekehrte Kurden als Haftgrund
Der erste Grund für die Verhaftung und Anklage von Pfarrer Brunson war seine Verkündigung des Evangeliums unter Muslimen. Dazu kam die aus türkischer Sicht erschwerende Tatsache, dass es sich bei einigen zu Jesus neu Bekehrten um Kurden handelte, Angehörige einer von der Türkei unterdrückten Minderheit. Schliesslich beschloss Erdogan persönlich, den Missionar als Geisel zu benützen, um ihn gegen den in den USA lebenden Staatsfeind Nr. 1 der Türkei auszutauschen, den Muslimprediger Fethullah Gülen.
Trotz dieser ungünstigen Ausgangslage erfreut sich Andrew Brunson nun wieder seiner Freiheit. In die Türkei wird er kaum zurückkehren. Dort wurde zugleich mit seiner Ausreise ein Berufungsprozess gegen ihn eröffnet, mit denselben Anklagen der Spionage und der «Staatszersetzung» durch Gewinnung von Kurden für Jesus und damit dem Wirken für die Schaffung eines «christlichen Kurdistan». Bei diesem Verfahren in zweiter Instanz würde der Pfarrer kaum mehr ungeschoren davon kommen.
Mission als staatsfeindliche Tätigkeit
Diese Einstufung von Evangelisation als staatsfeindliche Tätigkeit liegt aber nun als Drohung über allen missionarischen Aktivitäten in der Türkei Erdogans. Der für Brunson persönlich glimpfliche Ausgang der Affäre ist daher kein Grund zum Jubel oder gar von Dankbarkeit den Türken gegenüber. Die gegen den Presbyterianer konstruierten Anklagen können nun jederzeit gegen andere christliche Glaubensboten erhoben werden. Diese werden es sich künftig ernsthaft überlegen, ob sie sich und besonders ihren Frauen und Kindern eine solche Gefährdung zumuten wollen. Bisher lag auf Missionarsfamilien in der Türkei ein besonderer Segen. Doch sie dürften in Zukunft immer seltener werden.
Unsichere Zukunft der Auferstehungsgemeinde
So droht auch in Izmir die Auferstehungsgemeinde von Andrew und Norine Brunson mit ihren drei Kindern verwaist zu bleiben. Einheimische Pastorinnen und Pastoren tun ihr Bestes, um die Lücke zu schliessen. Doch machen sie ebenso wie die Gläubigen einen verunsicherten, ja verängstigten Eindruck. Als türkische Staatsbürger sind sie der Willkür der Behörden voll ausgesetzt. Die meisten von ihnen wurden während der Inhaftierung ihres Pfarrers – und anfänglich auch seiner Frau – tagelang verhört, dabei misshandelt und sogar regelrecht gefoltert. Das könnte ihnen wieder passieren. Sie fürchten sich vor Spitzeln und wagen kaum ein freies Wort, bei der Predigt schon gar nicht. Jetzt sind sie es, die unser Gebet und unseren Beistand brauchen!
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Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet