Good Morning Gaza: Cobra-MG und Friedenstaube
Die Schüsse wecken uns vor sechs Uhr. Sie fallen in der Nähe. Das Echo hallt in den Häusern. Ein mulmiges Gefühl befällt mich. Andere Schüsse knallen weiter weg. Bald lassen nur noch die nahen aufschrecken. Wir steigen aufs Dach, bedacht, uns behutsam zu bewegen. Besonders mit der Kamera. Sie könnte mit einer Waffe verwechselt werden und uns zum Ziel machen. Die israelische Grenze liegt in der Nähe, den Horchposten kennen wir vom Sehen. Israelische Armeefahrzeuge wirbeln Sand auf, auch Panzer sind unterwegs. Büsche verdecken die Sicht, aber die Staubwolke lässt die Fahrtrichtung erkennen. Sie fahren hin und her, liefern sich Gefechte mit radikalen Palästinensern, unter anderem mit der Hamas.
Auch in unserer Strasse ist die Hamas unterwegs. „Allahu Akbar“ schreien Jugendliche, als ein israelisches Fahrzeug getroffen wird, und rennen durch die Strasse. Mein Freund schimpft mit ihnen, weist sie weg. „Ihr macht die Strasse zum Ziel!“, poltert er. „Sprich nicht so mit ihnen“, wirft ein älterer Mann ein, „sie halten dich sonst für einen israelischen Agenten.“ Mein Freund sieht das anders: „Wer sterben will, soll ein Gewehr nehmen und an die Front gehen.“ Er hasst es mitansehen zu müssen, dass Zivilisten zum Ziel werden.
Kinder: dort wo etwas los ist
Bis in den Nachmittag hinein fallen Schüsse. Wir erfahren, dass dieser Kampf tobt, weil Militante in der Nacht Raketen gegen Israel feuerten und die israelische Armee nun nach Radikalen sucht. Ein Panzer schleppt das getroffene Fahrzeug ab. Die Mannschaft stösst Kunstnebel aus, um sich darin zu verstecken.
Kinder kauern hinter einem Haus. Während kurzer Zeit fallen keine Schüsse. Die Kinder laufen hinter dem Haus hervor Richtung Schlachtfeld. Auch ein Junge einer Bekannten ist dabei. Sie wollte ihn zurückhalten, er hat sich losgerissen. Später brummt ein Cobra-Kampfheli über den Schauplatz. Er feuert mehrere MG-Salven in ein unbebautes Feld, das an der Strassenecke beginnt. Warnschüsse.
Danach schauen wir uns die Gegend an. Trotz dem stundenlangen Feuerwechsel sehen wir keine Einschusslöcher in den Häusern. Die Israeli waren vorsichtig. Es wäre für sie ein Leichtes gewesen, das Quartier in Schutt und Asche zu legen.
Weisse Taube
Während sich die beiden Parteien beschiessen, fliegen Tauben. Drei landen auf dem Gebäude gegenüber. Eine von ihnen ist weiss. Bald flattern sie weiter. Sie symbolisieren Hoffnung. Hoffnung, die wir bei einen einheimischen Christen finden. Wir wollen ihn Fabian* nennen. Er macht sich nichts vor: „Es ist hoffnungslos. Die Arbeitssituation ist schlecht. Aber Jesus ist unsere Hoffnung. Viele Menschen wollen Gaza verlassen. Aber wenn man Jesus kennen lernt, ändert die Einstellung. Ich lebe für Jesus in Gaza. Er ändert die Herzen der Menschen, wenn sie ihn als Retter annehmen. Ich liebe Gaza. Ich sehe es mit anderen Augen. Gaza ist Gottes Platz. Ich glaube, Gott liebt jeden Palästinenser.“
Er wolle bleiben, erklärt Fabian, der hier aufgewachsen ist und sich vor vielen Jahren für ein Leben mit Jesus entschied. „Ich will Friedensstifter sein. Wenn wir gehen – wer bleibt dann? Es ist unser Land. Es ist der Platz, wo wir zur Welt kamen. Und wo wir leben und arbeiten wollen. Hier fanden wir Jesus. Wir wollen ihm und unserem Land treu sein, es segnen und ein Segen fürs Land sein.“
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Good morning Gaza: Taufe mit F-16
* = Name von der Redaktion geändert. Zur Sicherheit werden weder der Ort noch nähere Angaben über Personen genannt.
Autor Text und Fotos: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch