Good Morning Darfur
Drei Jahre leere Versprechen
Der damalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan versprach am 2. Juli 2004: "Wenn es ein Problem gibt, kümmern wir uns darum." Zu diesem Zeitpunkt wütete der arabische Vernichtungskrieg gegen die Schwarzafrikaner bereits über ein Jahr. Jetzt, drei Jahre und viele leere Versprechen später, die Bilanz: 400'000 Tote, wie "Spiegel" und "ZDF" berichten.
Die Weltgemeinschaft scheint nicht in der Lage zu sein, dem menschenverachtenden Regime die Stirn zu bieten. Zwar liest sich die jüngste Nachricht wie eine Erfolgsmeldung: Der Diktator des Sudan erlaube UNO-Truppen, die Menschen in Darfur zu schützen. - Schöne Worte mit einer wohl nur geringen Halbwertszeit.
Völkermord vor unseren Augen
Denn das Versprechen, das Omar al-Bashir, dem Präsidenten des Sudan, abgerungen wurde, dürfte nur ein weiterer Stein in einem langen Spiel auf Zeit sein. Schon am 2. Juli 2004 versprach al-Bashir, dass man die Milizen entwaffne, welche in Darfur Zivilisten vertreiben und ganze Landstriche verwüsten. Seit drei Jahren macht Khartoum regelmässig Zusagen. Mal wolle man entwaffnen, mal UNO-Truppen ins Land lassen, und kurz darauf widerruft man das in der Stadt am Nil wieder.
In der Zwischenzeit plündern, vergewaltigen und morden die regierungsnahen Banden der Janjaweed und andere Gruppen im Westen des Sudan weiter und schaffen Tatsachen, die Frankreich, Nigeria und die USA als Völkermord bezeichnen. "Radio Vatikan" berichtete im Juni 2007: "In der Krisenregion Darfur sind binnen drei Tagen neun Zivilisten erschossen worden, rund ein Dutzend wurde verletzt. Am vergangenen Samstag hätten sudanesische Truppen und arabische Reitermilizen ein Dorf völlig zerstört, so der Bericht der im Sudan stationierten UNO-Truppen. Tags zuvor seien drei Menschen beim Angriff auf eine Wasserstelle ums Leben gekommen."
Sudan droht den USA
Der Streit um das Wort "Völkermord" ist bizarr geworden. Die USA machten Druck mit neuen Wirtschaftssanktionen. Die Regierung in Khartoum sei "mitschuldig an der Bombardierung, Ermordung und Vergewaltigung unschuldiger Zivilpersonen" in Darfur. Da drohte laut "20 Minuten" der Botschafter des Sudan in den Vereinigten Staaten, John Ukec Lueth Ukec, auf einer Pressekonferenz mit erhobener Coca-Cola-Flasche: "Ich möchte, dass sie Folgendes wissen: 80 Prozent des gesamten Gummi Arabicum stammen aus meinem Land." Gummi Arabicum steckt als Verdickungsmittels in allen Soft-Drinks. Der Sudan droht seinerseits den USA mit Wirtschaftssanktionen...
Seit über zehn Jahren engagiert sich die Schweizer Menschenrechtsbewegung CSI ("Christian Solidarity International") im Süden des Sudan. Dort geschah Vergleichbares wie in Darfur. Wir sprachen mit Geschäftsführerin Annette Walder:
Annette Walder, was sagen Sie zur Lage im Sudan?
Annette Walder: Man ringt um den Begriff Genozid, und ich frage mich, warum man ihn nicht tatsächlich verwendet. Es wird zwar nicht ein einzelner Stamm vernichtet, aber der Kampf richtet sich gegen alle Schwarzafrikaner und alles, was nicht arabisch ist.
Da müsste längst ein Aufschrei durch die Welt gehen. Aber es kommt keiner! Man hat sich daran gewöhnt. Mir ist rätselhaft, warum da nicht mehr mobilisiert wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg sagte die Weltgemeinschaft: "Nie wieder!" Nach Ruanda sagte man: "Nie wieder!" Ich habe je länger, desto mehr Mühe, einen Zusammenhang zu finden zwischen dem, was Politiker sagen, und dem, was dort geschieht.
Was zeichnet sich ab?
Letztlich können wir nur beten und arbeiten, wie wir es nach unserem Glauben für richtig halten. Grosse Änderungen stehen nicht in unserer Macht. Ohne unseren Glauben hätten wir wohl schon lange aufgegeben. Aber wir haben Hoffnung, auch wenn es äusserlich keinen Grund dafür gibt.
Wie sieht Ihre Arbeit im Südsudan aus?
Wir arbeiten mit der Regierung zusammen. Anfang Jahr verteilten wir UNO-Medikamente, weil eine Meningitis-Epidemie um sich griff. In der Stadt Juba standen stapelweise Kartons. Wir hatten Kapazität und verteilten die Medikamente dann zügig. Öffentlich sind wir anerkannt. Der Aufbau des Südsudan geht voran, wenn auch nur sehr zögerlich.
Im letzten September berichteten Zeitungen von 200'000 Toten in Darfur. Fast ein Jahr später kursiert immer noch die gleiche Zahl, trotz zahlloser neuer Massaker. Wie erklären Sie sich das?
Wir treffen bei unserer Arbeit im Süden laufend neue Darfur-Flüchtlinge. Für sie ist es alles nur ein einziger Horror. Sie kennen ihn aus eigenem Erleben und aus den Berichten von Verwandten und Bekannten. Sie haben keinen Überblick, und zuverlässige Zahlen sind kaum zu kriegen. Wir wissen einzig, dass Zehntausende in den Süden geflohen sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand das gesamte Grauen noch überblicken kann.
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch