Weltflüchtlingstag: In Darfur droht Massensterben
Die Botschafterin des UN-Kinderhilfswerkes, Mia Farrow, appellierte am Dienstag in Berlin an die internationale Gemeinschaft, den Hilfsorganisationen mehr Gelder für die Versorgung der Vertriebenen zur Verfügung zu stellen. «Millionen Menschenleben hängen von der humanitären Hilfe ab», sagte die Schauspielerin, die zusammen mit ihrem Sohn in der vergangenen Woche Flüchtlingslager in Dafur besucht hatte.
Die Zahl der Flüchtlinge in Darfur hat sich nach Angaben der Hilfsorganisation mittlerweile auf fast zwei Millionen erhöht. Ein grosser Teil davon sind Kinder und Frauen. Auf Hilfe angewiesen seien aber auch rund 1,8 Millionen Dorfbewohner, die wegen der anhaltenden Kämpfe ihre Felder nicht mehr bestellen können, sagte der UNICEF-Geschäftsführer Dietrich Garlichs.
Wirkungslose Schutztruppe
Trotz des Friedensabkommens zwischen Rebellen und Regierung nehme die Gewalt weiter zu, sagte Farrow. Die Truppen der Afrikanischen Union seien nicht in der Lage, die Sicherheit für die Bevölkerung und die internationalen Helfer zu gewährleisten. «Die UN muss reinkommen und helfen», forderte sie. Zudem müsse der internationale Druck auf die sudanesische Regierung erhöht werden, um den Konflikt zu lösen.
Wegen fehlender Gelder könnten die Hilfsorganisationen derzeit nur etwa die Hälfte der Not leidenden Menschen versorgen, so Garlichs. So habe UNICEF in diesem Jahr erst 20 Prozent der benötigten Mittel erhalten. Die «größte Flüchtlingskatastrophe, die wir zurzeit haben», werde von der Weltöffentlichkeit kaum noch zur Kenntnis genommen. In Wien hat US-Präsident Bush am Mittwoch erneut unterstrichen, dass er das Vorgehen des Regimes von Khartum als Völkermord ansieht.
Die Hälfte aller Flüchtlinge: Kinder und Jugendliche
Der 20. Juni wurde vor sechs Jahren von den Vereinten Nationen zum Weltflüchtlingstag erklärt. Schätzungen der UN zufolge gibt es derzeit weltweit rund 14,2 Millionen Flüchtlinge, die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche. Zwar sei damit die Zahl der Flüchtlinge etwas gesunken, erklärte die Vorsitzende von UNICEF Deutschland, Heide Simonis. Gleichzeitig gebe es jedoch in vielen Ländern immer mehr Binnenvertriebene. «Alle haben ein Recht auf Beistand, egal, ob sie sich in ihrem Heimatland aufhalten oder woanders Zuflucht fanden.»
Kolonialismus-Rhetorik in Khartum
Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat Sudans Präsident Omar Hassan el Bashir eine mögliche Entsendung von UN-Blauhelmen nach Darfur abgelehnt. «Ich schwöre, es wird keine internationale Militärintervention in Darfur geben, solange ich regiere», sagte Bashir bei einem Treffen seiner Nationalkongress-Partei in Khartum. «Sudan war das erste unabhängige Land südlich der Sahara. Wir können nicht das erste Land sein, das wieder kolonisiert wird.»
UN und Afrikanische Union verhandeln seit Monaten mit der Regierung Baschirs über die Entsendung von Friedenstruppen. Unterhändler hatten kürzlich erklärt, die Chancen auf eine Zustimmung seien gewachsen. Ein gemeinsames Vorausteam beider internationaler Organisationen soll in den kommenden Wochen die technischen Bedingungen eines Blauhelm- Einsatzes in der westsudanesischen Krisenregion prüfen.
Die derzeit 7.000 Soldaten unter dem Mandat der Afrikanischen Union gelten als unzureichend, um den mehr als drei Jahre alten Konflikt mit mehr als zwei Millionen Vertriebenen und zehntausenden Toten beizulegen. (07360/20.6.2006)
Quelle: Epd