Ägypten

"Schweizer Moses" geht vor Gericht

Adly Youssef kämpft für die unterdrückten Christen in seiner Heimat Ägypten. Jetzt zieht er für sie auch vor Gericht. Zum Beispiel weil seit Jahren Kirchen von Islamisten niedergebrannt werden.

Adly Youssef (85) ist Doppelbürger, Schweizer und Ägypter. Gleich wie einst Moses will er Freiheit für sein Volk. Youssefs Volk sind die Christen seines Heimatlandes, und die werden dort unterdrückt. "Auch Ägypten hat die Menschenrechte unterzeichnet. Rechte, die verbieten, andere Menschen zu unterdrücken." In etwa einem Monat klagen Youssefs Anwälte die Rechte ein - vor Gerichten in den USA, Belgien, Holland und Italien.

Von UNO enttäuscht

Auf die UNO hofft Youssef nicht mehr. "Sie ist eine riesige Bürokratie. Bis sie sich bewegt, ist die Sache längst verloren. Wie im Irak. Die USA wollte den Fall während Jahren gemeinsam mit der UNO lösen, doch die machte nichts. Zuletzt ging Amerika alleine." Auch in Ägypten haben sich die Vereinten Nationen vornehm zurückgehalten. Darum gibt der "Schweizer Moses" jetzt Gas gegen das von Petrodollars geschwängerte Regime. Youssef ist Unternehmer, Christenführer und im letzten Herbst einer von Mubaraks Gegenkandidaten in Ägyptens Wahlen.

"Jeder Anwalt hat seine Fälle. Entführungen von Mädchen, Morde an Priestern, Niederbrennen von Kirchen und vieles mehr. Wir machen Lärm, bis wir unsere Rechte haben!" Youssef pocht auf Menschenrechte und Glaubensfreiheit. Es müsse etwas geschehen. "Sonst haben wir ein ägyptisches Darfur."

Erste Früchte

Mit zwei Konferenzen sorgte er für Aufsehen. "Es ist jetzt einfacher, an einer Kirche zu arbeiten, sie zum Beispiel zu renovieren", sagt Youssef. Früher mussten die kleinsten Arbeiten vom Staatspräsidenten bewilligt werden. Auch hätten die Christen jetzt demonstriert, als wieder einmal ein christliches Mädchen von fanatischen Moslems entführt wurde. Früher wurde geschwiegen.

Die Konferenzen in Zürich (September 2004) und in Washington D.C. (November 2005) haben etwas bewirkt, sagt Youssef. Aber: "Wir haben in Ägypten drakonische und illegale Gesetze, die die Christen vom Kirchenbau abhalten, z.B. ein Gesetz aus dem Jahr 1856 - 150 Jahre alt! Sie stammen aus dem Osmanischen Reich. Das existiert ja gar nicht mehr. Aber das Gesetz wurde behalten, damit man die Christen unterdrücken kann."

"Saudis mitschuldig"

Als Hauptproblem macht Youssef Saudi-Arabien aus. "Die Saudis haben unsere Regierung unter der Knute. Sie wollen die ganze Welt mit ihrem strengen Islam und der Scharia durchtränken und bauen dafür rund um den Globus Moscheen und islamische Zentren."

Auch die ägyptische Regierung liebe "leicht verdientes Geld", schildert Youssef. "Das Land ist durch die Petrodollars inzwischen finanziell, politisch und religiös von Saudi-Arabien abhängig. Die Saudis mit 27 Million Einwohnern haben nun Ägypten als Satellitenstaat. Und Ägypten hat 75 Millionen Einwohner!" Bemerkbar mache sich das durch die aufstrebende Moslembruderschaft. Ausserdem sei die Meinungs- und Pressefreiheit weg.

Zwei weitere Konferenzen geplant

Neben den Klagen will Youssef erneut Konferenzen durchführen. "Eine in Australien und eine in der Schweiz und zwar im April. Wir wollen in der ganzen Welt Konferenzen abhalten."

Auch heuer ein Anschlag

In Edyssat wurden Christen während eines Gottesdienstes angegriffen. Ein Mob von 5000 Moslems schlug auf 300 Christen ein. Sicherheitskräfte verhinderten, dass die Verletzten ins nahegelegene Spital konnten. Das erste Ambulanzfahrzeug wurde vom Mob niedergebrannt. Die weiteren Fahrzeuge wurden blockiert.

Sicherheitschef Mohamed Nour sagte, dass die Polizei nicht zum Schutz der Kirche da sei, sondern um den Gottesdienst zu verhindern. Von den Angreifern wurde keiner verhaftet. Die ägyptische Regierung handelt dabei gegen Teile des eigenen Volks. Gegen solche Fälle zieht der "Schweizer Moses" Adly Youssef jetzt vor Gericht.

Links zum Thema
Adly Youssefs Webseite
Die Resolutionen der letzten Washington-Konferenz
Jugendzeitschrift ägyptischer Christen
Ägypten: Kein Christ unter den zehn Präsidentschaftskandidaten
Endlich frei über die Unterdrückung reden
Mit 85 hat man noch Pläne
Hosni Mubarak sorgt sich um eine Kirchentoilette
Nächstes Jahr in Kairo

Datum: 15.03.2006
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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