Vermehrte Vogel-Rettungen
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Das Gebot der Stunde ist: Achtsam sein! So probieren wir, auf uns selber Acht zu geben und auch die anderen zu schützen. Interessanterweise wirkte sich diese Haltung letztes Jahr auch auf die Vogelwelt aus. Noch nie wurden so viele versehrte Vögel und Jungvögel in der Schweizer Vogelwarte in Sempach abgegeben.
In der jetzigen Zeit hört man öfters, dass sich die Leute an die (Pisten-)Markierung und vorgegebenen Routen halten und nicht ins Gebiet der Wildtiere eindringen sollen. Den gefiederten Freunden setzen vor allem intensive Landwirtschaft und dichte Siedlungen zu, wo vermehrt Beton und Steingärten anstelle von Pflanzen und, besonders, vogelfreundlichen Büschen anzutreffen sind. Ihr Lebensraum ist heftig umkämpft.
Bemerkenswert ist der Trend, dass zunehmend viele Schweizer im Jahr 2020 verletzte, geschwächte und verwaiste Vögel an der Vogelwarte abgegeben haben; rund 1'700 und damit gut 200 mehr als im letzten Jahr. Es ist somit das zweite Rekordjahr in Folge.
Gleichzeitig wuchs allgemein das Interesse. Es wandten sich auffällig viele Personen mit Fragen zu den Luftkünstlern ans Sempacher Zentrum.
In Scheibe gedonnert oder vor Hitze geflüchtet
Besonders zu schaffen machen den Vögeln Zusammenstösse mit Glasscheiben oder Fahrzeugen. Durch einfaches Markieren von Scheiben könnten viele Verletzungen und Todesfälle vermieden werden.
Die drittmeist eingelieferte Vogelart war der Mauersegler. Besonders die Jungen können an heissen Sommertagen aus den Nestern stürzen, wenn sie eine kühle Ecke suchen. Denn oft sind die Plätze unter Hausdächern, wo dann die Temperaturen im «warmen Nest» ins Unerträgliche steigen.
In der Bibel sind auch die weitverbreiteten Spatzen erwähnt, und dass Gott um sie weiss: «Welchen Wert hat schon ein Spatz? Man kann zwei von ihnen für einen Spottpreis kaufen. Trotzdem fällt keiner tot zur Erde, ohne dass euer Vater davon weiss.» (Matthäus-Evangelium, Kapitel 10, Vers 29) Also, tragen wir einander Sorge – den Nächsten, wie auch allen Mit-Geschöpfen!
Übrigens: Der Vogel des Jahres 2021 der Schweiz ist der rund 22cm kleine und 200g leichte Steinkauz, eine Eulenart.
Livenet war im Austausch mit Livio Rey, Biologe und Verantwortlicher der Öffentlichkeitsarbeit der Schweizerischen Vogelwarte.
Wie sind die Zahlen der bei Ihnen abgegebenen Vögel – auch verglichen mit
Vorjahren?
Livio
Rey: Die
Zahlen betreffen Vögel, die in unserer Pflegestation abgegeben wurden. Im Jahr
2020 hat die Vogelwarte Sempach so viele Vögel gepflegt wie noch nie. Ein
grosser Teil der Vögel, die in unserer Pflegestation abgegeben wurden, waren
nicht verletzte Vögel, sondern Jungvögel.
Spatzen,
Mauersegler und Amseln wurden am häufigsten gemeldet, weshalb diese?
Diese
drei Arten sind allgemein ziemlich häufig und sind gerade im Siedlungsraum
stark vertreten und weit verbreitet. Die Wahrscheinlichkeit, einen Jungvogel
oder verletzten Vogel einer dieser Arten zu finden, ist also relativ hoch.
Weshalb
haben sich mehr Leute als sonst engagiert?
Ein
Teil der Zunahme ist sicher darauf zurückzuführen, dass die
Aufmerksamkeit der Bevölkerung dieses Jahr wegen der ungewöhnlichen Bedingungen
höher war.
Wie
ist die Öffentlichkeit sonst im Vogelschutz involviert?
Zahlreiche
Privatpersonen engagieren sich für die Natur, legen vogelfreundliche Gärten an,
zählen für die Vogelwarte Sempach Vögel oder sind Mitglied bei einem
Naturschutzverband. In
der eigenen Umgebung kann man natürlich am meisten bewirken: Glas
vogelfreundlich einsetzen oder markieren und einen naturnahen
Garten mit vielen einheimischen Bäumen und Sträuchern anlegen.
Was
wäre vom menschlichen Verhalten sonst noch wünschenswert? Und wovon braucht es
in Zukunft noch mehr?
Die
oben genannten Beispiele helfen nur den Vögeln im Siedlungsraum. Zahlreiche
Arten sind aber bedroht und kommen nicht im Siedlungsraum vor. Sie sind auf natürliche
und störungsfreie Lebensräume angewiesen: Beim Einkauf auf naturfreundlich
produzierte Produkte achten, sich bei Wahlen und Abstimmungen für die Natur
einsetzen und Mitglied bei einer Naturschutzorganisation werden oder diese
unterstützen. Von
einer naturnahen Landwirtschaft und grossen Feuchtgebieten profitieren viele
Vogelarten und noch zahlreiche weitere. Auch
Störungen sind immer wieder ein Thema: beim Wandern, Drohnen fliegen,
Stand-Up-Paddeln, Schneeschuhlaufen etc. Schutzgebiete respektieren, sich an
Wege halten und Tiere nicht stören.
Zur Webseite:
Vogelwarte
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Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet