Interview mit «Herodes»

Einmal pro Jahr regiert er in Solothurn

Jährlich wird in der Solothurner Altstadt die Weihnachtsgeschichte im Massstab 1:1 dargestellt. Zu den Attraktionen gehört Herodes, der auf der Treppe der St.-Ursen-Kathedrale thront und die Reisenden aus dem Orient empfängt. Wir unterhielten uns mit Jürg Meier, der den Gewaltherrscher seit rund zehn Jahren verkörpert.

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Herodes auf dem Thron an den Weihnachtsspielen von Solothurn.
Jürg Meier, sind Sie der heimliche Regent von Solothurn, immerhin sind Sie der einzige, der regelmässig eine ausländische Delegation empfängt?
Jürg Meier: Ja klar, wer denn sonst … aber natürlich nur an der «Solothurner Wiehnachtsreis»! Es stimmt, dass «Herodes» der einzige ist, der regelmässig eine ausländische Delegation in Solothurn empfängt. Die Art und Weise wie er das macht ist aber doch sehr unanständig und fragwürdig. Glücklicherweise gibt unser Stadtpräsident Kurt Fluri ein deutlich besseres Bild von staatsmännischem Verhalten und Gastfreundschaft ab als dies der Herodes tut.

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Herodes auf dem Thron.
Ist es schwierig, den Bösen zu spielen?
Ja und Nein. Nach all den Jahren bin ich ja schon ziemlich routiniert und es fällt mir nicht mehr schwer, die Rolle zu spielen. Dennoch ist es jedes Jahr für mich eine persönliche Herausforderung, in die Rolle einzutauchen. Diese verlangt eine gewisse Aggressivität, Bösartigkeit, Wut, Impulsivität, Unverschämtheit, Arroganz und Machtgehabe. Das sind Eigenschaften, die ich persönlich ablehne und die mir überhaupt nicht entsprechen. Oder etwa doch? Da müssten Sie jetzt meine Frau oder meine Töchter befragen…

Entscheidend ist die gute und seriöse Vorbereitung, damit die notwendige Grundaggressivität zum richtigen Zeitpunkt bei mir vorhanden ist. Während dem Rollenspiel rufe ich gedanklich Sachen ab, die mich echt ärgern oder grausen. Das hilft, damit ich zum Beispiel fies und gemein zu meinen Dienern sein kann.

Wie haben Sie sich in den Gewaltherrscher hineingedacht?
Durch Recherchen in der Bibel und im Internet habe ich mir eine Vorstellung über den Charakter und das Verhalten von Herodes gebildet. Er war ein krasser Machtmensch der über Leichen ging, um seine Stellung zu halten. Weiter beobachte ich schon immer gerne das Verhalten von Menschen und versuche die negativen Seiten davon in die Rolle einzubringen. Viel dazu gelernt hatte ich zum Beispiel von einem meiner früheren Chefs, von wichtigen Schweizer Politikern, von hochrangigen FIFA-Funktionären oder von Wirtschaftskapitänen.

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Einmal pro Jahr regiert er in Solothurn.
Gibt es Facts zu Herodes, die Sie beim Beschäftigen mit dieser Person entdeckt haben?
Folgender Fact wurde mir neu bewusst: Erfolgreiche Machtmenschen finden immer eine Anhängerschaft, aber keine richtigen Freunde.

Welche Feedbacks erhalten Sie?
Nach all den Jahren Immer noch erstaunlich viele gute und ermutigende Feedbacks, dass ich die Rolle eindrücklich und wirkungsvoll spiele. Bei manchen (schockierten) Kindern, die mich privat kennen, musste ich im Nachhinein einige Wiedergutmachungsarbeit leisten, damit sie mich wieder als normal und anständig akzeptierten.

Was bedeutet Ihnen persönlich die Weihnachtsgeschichte?
Sehr viel. Es ist der Start der Geschichte von Jesus Christus. Viele Menschen kennen ihn heute nicht mehr und wissen nicht, was er für uns Menschen Gutes getan hat. Jesus ist für mich Gott, ein treuer Begleiter und zuverlässiger Freund. Ich wünsche mir, dass viele Menschen ihn auch so erleben. Wenn wir als Christen von Solothurn mit der «Wiehnachtsreis» dazu etwas beitragen können, ist das doch genial.

Am Ende singen Sie jeweils ebenfalls Weihnachtslieder, ist das auch symbolisch, dass «Herodes» am Schluss sich ebenfalls vor Christus beugt?
Wenn ich nach dem Spielen noch die Kraft zum Singen habe, singe ich auch gerne mit. Damit drücke ich aus, dass die Geburt Jesu im Mittelpunkt steht und nicht ein polternder, sich selbst überschätzender Tyrann.

Zur Webseite:
Die Weihnachtsreise in Solothurn am 14.12.2014

Zum Thema:
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Datum: 12.12.2014
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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