Europäischer Islam und Kirche
«Wir können es uns nicht leisten, als unbeteiligte Zuschauer dabeizustehen»
Die Anzahl von Muslimen in Europa ist stetig am Wachsen. Laut Statistiken könnte sie von den derzeit etwa 44 Millionen (6% der Bevölkerung) auf möglicherweise 75 Millionen (14% der Bevölkerung) im Jahr 2050 anwachsen. Wie sollte die Kirche darauf reagieren?
Diese «islamophobische Haltung kann auch unter Christen gefunden werden, die scheinbar von der Gesellschaft, in der sie leben, geformt werden», so de Ruiter. Dies sei bedauerlich, da diese Christen durch diese Haltung die muslimische Community nicht genauer betrachteten und sähen, was wirklich los ist.
Statistiken nicht überbewerten
In seinem Artikel beschreibt de Ruiter die geschichtlichen Etappen der Beziehung zwischen dem Islam und Europa. Wir befinden uns laut dem Experten derzeit in einer neuen Phase, in welcher ein europäischer Islam entstehe, der sich in seiner Form recht deutlich vom arabischen Islam differenziere. «Allgemein gesprochen sind Muslime in Europa urbanisiert, jung, finanziell nicht so wohlhabend und vielfältig.»
De Ruiter mahnt allerdings auch an, vorsichtig mit demografischen Statistiken umzugehen. Ja, die Anzahl der Muslime in Europa ist am Wachsen, doch Statistiken geben oft keinen Hinweis auf das religiöse Engagement und die Glaubenspraxis einer Person. «Manche gehen davon aus, dass nur ein Drittel aller Muslime in Europa aktiv ihren islamischen Glauben ausleben.»
Kritische Haltung der jungen Generation
Bert de Ruiter beobachtet, dass der Islam in Europa institutionalisiert wird. Dies geschehe durch die Errichtung nationaler islamischer Räte, den Aufstieg von muslimischen Politikern und gesellschaftlichen Leitern, sowie die Gründung muslimischer Vereine, Schulen und Moscheen. Zudem würde in Europa der islamische Glaube aber auch immer individualistischer ausgelebt. Immer mehr Gläubige entschieden selbst, welche Teile des Islams für sie wichtig seien und welche nicht.
Diese Individualisierung, die ja auch im Christentum geschehen ist, führe im Islam jedoch zu einer kritischen Haltung der jungen Generation gegenüber dem Islam, ihrer Eltern und religiösen Autoritäten. Manche junge Muslime trennten sich von der islamischen Kultur der Eltern, um nach dem reinen, puren Islam zu suchen. Dies erklärt auch den Zulauf, den ISIS unter jungen Muslimen aus Europa hat.
«Unsere Haltung sollte von Gottes selbstloser Liebe geleitet sein»
Doch wie sollte nun die Kirche auf die wachsende Präsenz von Muslimen in Europa reagieren? «Die Präsenz des Islam in Europa sollte hoch oben auf der Agenda der europäischen Kirche stehen. […] Wir können es uns nicht leisten, als unbeteiligte Zuschauer dabeizustehen, während Europa und der Islam die gemeinsame Zukunft klären.»
Doch von Angst geprägt dürfe diese Reaktion auch nicht sein, vielmehr von Gott und dem christlichen Miteinander. «Ich glaube, wenn wir von und mit Muslimen sprechen, sollte unsere Haltung beinflusst sein von der Weise, wie Gott mit uns umgeht. Unser Denken, unsere Haltung und unser Verhalten in Bezug zum Islam in Europa sollte von Gottes selbstloser Liebe geleitet sein, die er am Kreuz von Golgatha deutlich machte.»
Ganz konkret fordert de Ruiter die Christen Europas zu vier Dingen heraus, wie sie auf die Muslime in Europa reagieren sollten: Sie sollten Mitgefühl zeigen, gut informiert sein, sich aktiv für Muslime einsetzen und dabei von ihrem Glauben Zeugnis geben. In de Ruiters Worten: «ein mitfühlendes Herz, ein informierter Verstand, eine engagierte Hand und eine zeugnisgebende Zunge». Auf diese Weise könne auch die Kirche dazu beitragen, den europäischen Islam zu gestalten. Deshalb sei es wichtig, «die Wahrheit, die Ehre und die Haltung Gottes widerzuspiegeln, wenn wir zu den Muslimen in unserer Mitte eine Beziehung aufbauen».
Hier können Sie den vollständigen Artikel von Bert de Ruiter (auf Englisch) lesen
Dr. Bert de Ruiter wirkt bei Operation Mobilisation und der Europäischen Evangelischen Allianz als Berater für christlich-muslimische Beziehungen. Er hat bereits mehrere Bücher zu dem Thema geschrieben.
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Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Vista Magazine