Wenn Gott eingreift: Heilung an den Stätten des Schwerts

Haben Europas Völker ihre lange Geschichte von Kriegen, Unterdrückung und Gewalt wirklich hinter sich? Die Trennungen wirken nach, Schmerzen halten an, Wunden brechen auf – doch Heilung und Versöhnung sind als Geschenk Gottes möglich. Ein Modell dafür stellen Christinnen in England vor, die Brücken der Versöhnung zu den Iren gebaut haben.

Das Buch «In der Geschichte liegt die Hoffnung» von Shirley Bowers zeichnet die unscheinbaren Anfänge und die kraftvollen Schritte einer Gebetsbewegung nach, deren politisches Potenzial sich auch im Durchbruch zur Koalitionsregierung in Nordirland 2007 zeigte.

Was kann Gebet ausrichten gegen die Mächte dieser Welt, gegen jahrhundertealte Vorurteile, Hass und verhärtete Konflikte? Viele Christinnen und Christen möchten für die Politik, die Regierungen und den Weg der Völker beten, aber irgendwann verzagen sie und beschränken sich darauf, Gottes Wirken in ihrem eigenen Leben und Umfeld zu erwarten. Der bewegende Bericht von Shirley Bowers ist ein wirksames Gegenmittel gegen diesen Kleinmut, der wenig mit Glauben und viel mehr mit dem in Europa grassierenden Individualismus zu tun hat.

Bemerkenswert sind an dem Buch, das die Entstehung eines Gebetsnetzwerks im englischen Huntingdon, in der Stadt Cromwells, und Versöhnungsbemühungen in Irland nachzeichnet, mindestens drei Dinge:

Gewöhnliche Frau – einzigartiger Weg mit Gott

Die Autorin Shirley Bowers ist keine Superfrau. Die scheue Hausfrau und Mutter von vier Kindern musste mit ihrer Familie unten durch, als ihr Mann jahrelang arbeitslos war. Später erkrankte er an Krebs. Ihr Selbstwertgefühl war regelmässig im Keller, wenn jemand anzweifelte, was sie tat. «Doch wenn Gott eingreift, ändern sich Dinge und genau darum geht es in dieser Geschichte, wie Gott mein Leben verändert hat – von Ablehnung zu Annahme, von Angst zu Glauben, von Versagen zu Sieg». Eingangs schildert die Autorin über viele Seiten, wie sie lernte, Gottes Weisungen zu vernehmen und wie Gott ihr Schritt um Schritt Mut und Selbstvertrauen gab. Sie sieht sich selbst als «gewöhnliche Frau mit einem aussergewöhnlichen Gott».

Einswerden im Gebet und anhaltend beten

Das zweite Motiv, das sich durch das Buch zieht, ist Teamwork. Shirley Bowers setzte sich, als ihr der besondere Auftrag allmählich aufging, nicht von anderen Christen ab, sondern suchte das Miteinander. Dabei erlebte sie ständig, dass Gott sie durch Worte und Eindrücke von anderen weiterführte. Sie gewann Pastoren verschiedener Kirchen für ihr Anliegen, verbündete sich mit anderen Frauen und Männern, liess nicht ab in ihren Bemühungen für eine regionale Gebetsbewegung und wagte mit ihr einen Gebetsmarsch durch Huntingdonshire, der das geistliche Klima der Region veränderte.

Die im Gebet gestaltete, gegen Widerstände beharrliche vertiefte Einmütigkeit über Kirchenzäune hinweg bildete die Grundlage für den Sprung nach Irland: 2002 unternahmen Shirley und ihr Team eine Erkundungsreise nach Irland und suchten Kontakt. Als Vertreter der Christen aus der Stadt Cromwells, der den Iren wie kein anderer Leid zugefügt und sie gedemütigt hatte, baten sie im September desselben Jahres auf der Grünen Insel um Vergebung und suchten Versöhnung – 353 Jahre nach dem blutigen Geschehen.

Manche Abschnitte des Buchs erweisen sich für den, der mit englischen und irischen Ortsnamen wenig anzufangen weiss, als eher lang. Bowers gibt in ihnen Rechenschaft von Unternehmungen, welche nicht strategisch geplant werden konnten. Wie würden die Begegnungen mit den Nachkommen derer, die Cromwells Truppen massakriert, vergewaltigt und versklavt hatten, ausgehen? Offensichtlich sollen die detaillierten Schilderungen die Hand Gottes im Kleinen begreiflich machen.

Impulse aus Afrika

Drittens fällt auf: Die Impulse für diesen Weg erhielt Shirley beim Lesen und Bewegen der Bibel, im Gespräch mit Freunden und Pastoren – und durch John Mulinde, den ugandischen Gebetsleiter mit einer Vision für Europa. Mulinde hat auch das Vorwort zum Buch geschrieben. Bowers’ Bericht zeigt auf, welches Potenzial diese Vision in unseren Breitengraden hat, wenn einheimische Christen unbeirrt Gott suchen, Gott fragen und ihm eines ums andere Mal gehorchen. Christen können einander interkontinental stärken; der Süden weist den Weg.

Das Land für Gott zurückfordern

Wie soll der geistliche Kampf der Christen, der laut dem Apostel Paulus nicht gegen Fleisch und Blut, sondern unsichtbare Mächte zu führen ist, gekämpft werden? Wie können die Nachfolger des Mannes aus Nazareth, der für die Schuld der Menschen starb, heute seine Gnade in einem priesterlich vermittelnden Dienst anderen zugänglich machen? Das Buch stellt ein afrikanisch inspiriertes Vorgehen im europäischen Kontext exemplarisch vor. Ein Freund des Gebetsnetzwerks ermutigte die Beterinnen 2002 in Irland:

«Dieses Land wurde von Gottes Leuten aufgebaut, von St. Patrick und anderen. Im Lauf der Zeit wurden durch Sünde Steine auf den Weg gelegt, doch Gott bereitete den Weg neu vor… Die Steine liegen im Weg und müssen weggeräumt werden. Dann brechen die Brunnen auf… Busse und Vergebung sind notwendig für Heilung und die Schlacht tobt um das Land. Ihr müsst euch mit den Sünden der Vergangenheit identifizieren, mit generationsübergreifenden Flüchen, gesprochenen Flüchen und Blutflüchen. Versöhnung und Rückeroberung des Landes werden gleichzeitig geschehen, wenn ihr proklamiert: ‚Wir fordern dieses Land zurück zur Ehre Gottes und für das Reich Gottes’.»

Was immer man von dieser Sicht des geistlichen Kampfs hält: Die Früchte, die Shirley Bowers und ihre Mitsteiterinnen auf den Britischen Inseln sehen durften und dürfen, machen die Lektüre des ausführlichen Berichts zum Gewinn. Gerade weil seine Geschichte so lang, blutig und verzwickt ist, braucht Europa Hoffnung – von denen, die den Versöhner kennen und seine Fackel tragen.

 

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«In der Geschichte liegt die Hoffnung»

Bilder: C Verlag Gottfried Bernard

Datum: 20.03.2008
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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