Brisantes Thema in Australien

Kindsmissbrauch: Beichtgeheimnis oder Gesetz?

Die katholische Kirche Australiens lehnt Gesetzesentwürfe ab, die verlangen, Kindsmissbrauch anzuzeigen, wenn er in der Beichte bekannt wird. Damit steht ein Konflikt zwischen der grössten Religion des Landes und der Regierung bevor.

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Erzbischof Mark Coleridge
Zehntausende Kinder und Jugendliche sind in Australien zwischen 1950 und 2010 Opfer von sexuellem Missbrauch in kirchlichen und staatlichen Einrichtungen geworden. Das geht aus dem Abschlussbericht hervor, den die staatliche Missbrauchskommission Ende 2017 vorlegte. Sieben Prozent der katholischen Priester wurden in diesen 60 Jahren des Kindsmissbrauchs angeklagt, und 1'100 Personen zeigten als Opfer in 35 Jahren die Anglikanische Kirche an. Die genaue Zahl der Opfer von katholischen Priestern ist nicht bekannt, es wird aber geschätzt, dass bis zu 60'000 Menschen Anspruch auf Entschädigung geltend machen können.

Die Missbrauchskommission gibt 189 Handlungsempfehlungen – dazu zählen auch eine Abschaffung des Beichtgeheimnisses und des Pflichtzölibats für katholische Priester.

Beichtgeheimnis «nicht verhandelbar»

Zwei der acht australischen Bundesstaaten und Territorien haben seitdem Gesetze eingeführt, die es für Priester strafbar machen, Informationen über Kindesmissbrauch zu verschweigen, die sie in der Beichte vernehmen. Jetzt hat die Katholische Bischofskonferenz (ACBC) klar Stellung genommen. «Dieses Gesetz ist schlecht durchdacht und nicht praktizierbar; es macht Kinder nicht sicherer und untergräbt die Religionsfreiheit», erklärte der ABCB-Präsident Erzbischof Mark Coleridge in Sydney gegenüber Reportern und betonte die Heiligkeit des Beichtgeheimnisses. «Hier geht es um ein nicht verhandelbares Element unseres Glaubens, das ein bestimmtes Verständnis des Gläubigen und von Gott ausdrückt», erklärte er.

Die Mitteilung der Bischofskonferenz kam zwei Wochen nachdem der frühere australische Erzbischof Philip Wilson – als bisher höchstrangiger Kirchenvertreter – zu einem Jahr Haft zu Hause verurteilt worden war. Er war angeklagt worden, Missbrauchsfälle auch ausserhalb der Beichte vertuscht zu haben. Er hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. 

Kirchliches und öffentliches Bewusstsein klaffen auseinander

20 Prozent der Bevölkerung Australiens sind katholisch. Andrew Singleton, Professor für Philosophie an der Deakin Universität in Victoria, erklärte, dass die Antwort der Bischöfe den Graben zwischen kirchlichem und öffentlich-gesellschaftlichem Bewusstsein deutlich mache. «Ihre Stellungnahme drückt die klassische Spannung zwischen (…) ihrer Überzeugung, dass es eine Art von höherer, transzendenter Wahrheit gibt und dem allgemeinen Gesetz aus», sagte er.

Papst Franziskus äussert sich

Berichte über Kindsmissbrauch und ihre Vertuschung (in der Regel wurden solche Priester einfach von Stelle zu Stelle versetzt) haben ihre Wellen bis zu Papst Franziskus gezogen; ihm wird von US-Erzbischof Carlo Vigano vorgeworfen, dass er jahrelang vom sexuellen Fehlverhalten eines amerikanischen Kardinals gewusst habe, ohne etwas zu unternehmen. Bei seinem Besuch in Irland in der vergangenen Woche hatte der Papst für die Menge der sexuellen Vergehen um Vergebung gebeten und versprochen, dass nichts mehr vertuscht werden würde. 

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Datum: 02.09.2018
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Christian Times

Kommentare

Als Traumatherapeut und christlicher Seelsorger möchte ich nach den Folgen fragen: Wenn Täter nicht mehr sicher sein können, dass ein Gespräch über ihre Schuld mit Sicherheit geheim bleibt, dann werden sie keine Hilfe suchen. Eine Chance zur Umkehr und zur Vermeidung weiterer Verbrechen geht verloren. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht.

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