Christen vor Wahlen im Iran
«Ihr Glaube ist in ihrer Brust verschlossen»
Am 18. Juni wird im Iran die neue Regierung gewählt. Der Iraner Jalal, der die Gottesdienste der FEG Davos besucht, sagt aber, dass es unter dem Mullah-Regime nie Wahlen im Sinne des Wortes gegeben hat. «Ernennungen statt Wahlen wurden der Nation immer aufgezwungen.» Gleichzeitig beobachtet er, wie die Perser nach Sinn und Perspektive suchen – und diese bei Christus finden.
Jalal, wie sind Sie zum christlichen Glauben gekommen?
Jalal: Auf Bitte meiner Frau, die sich vor mir zum
christlichen Glauben bekehrt hatte, las ich die Bibel. Nach einem Monat
stolperte ich über den Vers aus Offenbarung Kapitel 3, Vers 20, der mir sehr lieb geworden
ist: Jesus steht vor der Tür und klopft an. Mein Teil ist es, die Türe
aufzuschliessen. Es ist freiwillig! Gott zwingt mich nicht! Als ich das gelesen
hatte, kam ich zum Glauben an Christus, und jetzt, als Christ, darf ich die
Vergebung meiner Sünden erleben. Zweitens nimmt der Heilige Geist Wohnung in
mir, ich bin von ihm adoptiert. Dazu werde ich – geistlich gesehen – neu
geboren, damit ich das Leben in der Ewigkeit bei Gott verbringen kann. Das sind
für mich vom Islam her bis dahin nie gekannte wunderbare Wahrheiten!
In welche Gemeinde gehen Sie in der Schweiz und wie
sind Sie mir Ihr verbunden?
Wir gehen sonntags in die Freie
Evangelische Gemeinde in Davos. Dort haben wir auch gute
Beziehungen zu den Schweizern. Jeden Mittwoch können wir uns über Zoom in
persischer Sprache über das Wort Gottes austauschen. Das wird von der Gemeinde
in Chur organisiert. Ein Mitarbeiter von dort hat uns auch mit der Gemeinde in
Davos in Kontakt gebracht.
Was würde Sie erwarten, wenn Sie in den Iran
zurückgehen müssten?
Nach den Gesetzen der Islamischen Republik wird die
Abwendung vom islamischen Glauben mit dem Tod bestraft. Zusätzlich engagiere
ich mich als Regimegegner. Daher besteht im Iran auch ein Haftbefehl gegen
mich! Viele Regimegegner verschwinden nach ihrer Festnahme spurlos. Ich
weiss nicht, welche Strafe uns erwarten würde. Aber es ist bestimmt kein
wohlwollendes Willkommen.
Wie sieht Ihre gegenwärtige Situation aus?
Wir leben im Moment im Transitcenter in Davos und
haben ein einen negativen Entscheid bekommen. Darauf haben wir Rekurs eingelegt
und warten, dass das Gericht über unsere Situation entscheidet. Das
beschäftigt uns sehr, da im Iran auf uns und unsere Kinder keine gute
Zukunft wartet, für mich wären auch Haft und Tod wahrscheinlich.
Im Iran wird bald gewählt, wie beobachten Sie die
Wahlen persönlich?
Wahlen im
wahrsten Sinne des Wortes hat es im gegenwärtigen Regime nie gegeben, und
Ernennungen statt Wahlen wurden der Nation immer aufgezwungen. Die Teilnahme an den Wahlen des Systems ist wie eine
erneute Legitimation der Regierung und ein Bestärken der Unterdrückung der Nation
durch die Mullahs. Der Posten des Präsidenten ist nur die rechte Hand des
Obersten Führers, und selbst wenn er es möchte, kann er wichtige Anliegen der
Innen- und Aussenpolitik nie zugunsten des iranischen Volkes ändern.
Welche Gefühle haben iranische Christen generell
bezüglich der baldigen Wahlen?
Es ist klar, dass es nicht sehr hoffnungsvoll ist.
Christen möchten frei und lebendig ihren Glauben leben dürfen! Das scheint im
Moment ein utopischer Wunsch zu sein! Wahlen im Iran haben keine Bedeutung und
die Zusammensetzung des Systems ist bereits klar. Sie sind ein
pseudodemokratisches Element und stärken nur das herrschende System im Iran.
Unter welchen Umständen leben Christen aktuell im
Iran?
Christen im Iran befinden sich in einer erdrückenden
Situation. Ihr Glaube ist in ihrer Brust verschlossen und sie können Gott nicht
so leicht anbeten. Sie beten im Geheimen und in Not an. Sie werden vom Staat
und von der Gesellschaft diskriminiert und kontrolliert. Das haben auch wir
erlebt. Wenn Christen zu aktiv sind, werden sie festgenommen.
Trotz allem wächst die iranische Gemeinde – was sind
die Gründe dafür?
Die Religion des Islams ist die einzige Religion, die
Menschen zur Anbetung zwingt. Der Islam ist voller Dunkelheit und Gewalt und es
gibt keine Liebe darin. Die Herzen der Muslime sind unterdrückt und dunkel.
Aber die globale Vernetzung ist ein Segen. Übers Internet hören und lesen viele
Iraner vom christlichen Glauben. Obwohl dieser vom Islam verurteilt wird, sind
die Menschen müde. Viele merken auch, dass die Regierung sie kontrollieren
möchte. Aber der Schritt zum Christentum ist auch ein gefährlicher Schritt und
viele haben Angst davor.
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet