Pokémon Go – Gotteslästerung?

Auch Hindus werfen jetzt Christen Blasphemie vor

Seit Indien mit Ministerpräsident Narendra Modi von der militanten Hindupartei «Bharatiya Janata» beherrscht wird, mehren sich die tätlichen Angriffe auf Kirchen und einzelne Christen. Da bleiben selbst die Pokémon-Monster nicht verschont.

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Beim Handyspiel «Pokémon Go» gibt es zur Belohnung virtuelle Eier.
Meist wird den Christen Abfall vom Hinduismus oder Abwerbung Andersgläubiger vorgeworfen. Die beiden Tatbestände sind in sechs indischen Bundsstaaten gesetzlich verboten. Dazu kommt aber in den letzten Jahren ein ganz neues Phänomen, das bisher nur aus dem islamischen Pakistan bekannt war: die Anpöbelung, Misshandlung oder gerichtliche Verurteilung von Christinnen und Christen wegen Verunglimpfung und Schmähung des Hindu-Glauben oder von Praktiken, die als Blasphemie gelten. Dabei handelt es sich meist um gar keine Gotteslästerungen, sondern Selbstverständlichkeiten wie die Austeilung des Abendmahls an kranke Christen in Hindunachbarschaften, dessen Wein jedoch für alle indischen Religionen ein Greuel ist.

Indische Religionen nur bedingt friedlich

Die Religionen Indiens gelten bei uns allgemein als friedlich und duldsam, doch das ist nur bedingt richtig. Gerade der Hinduismus verfügt, angefangen beim «Gesetz Manus» und den «Satzungen Vischnus», über einen Wust religiöser Vorschriften, der sogar das islamische Recht der Scharia übertrifft. Allerdings findet sich das Vergehen einer Blasphemie nicht im alten hinduistischen Gesetzeskanon. Entscheidend wurde hier erst unter englischer Kolonialherrschaft die Einführung von Paragraph 295 A des Strafgesetzbuchs, der die Verhöhnung oder Verleumdung von Hinduismus und Islam, aber auch des Christentums strafbar machte.

Heiliges Wasser denunziert

Lang nahmen dazu in erster Linie Muslime gegen Hindus Zuflucht, von Seiten der Christen sind nur wenige Fälle bekannt. In einer fragwürdigen Ausnahme machten 2012 auch katholische Christen von dem indischen Blasphemieparagraphen Gebrauch: In einer ihrer Kirchen in Mumbai tropfte seit Jahren Wasser von einer Jesusstatue. Der «weinende Christus» wurde inbrünstig verehrt, das «heilige Wasser» einträglich verkauft. Bis der indische Freigeist Sanal Edamaruku nachweisen konnte, dass das «Wunder» von einer undichten Toilettenspülung herrührte. Die Gemeinde verklagte ihn aber wegen Gotteslästerung, er bekam drei Jahre Gefängnis und nach seiner Freilassung weitere Todesdrohungen, so dass er nach Finnland flüchtete. 

Pokémon Go als Gotteslästerung

Hindus haben von diesem Gesetz lange so gut wie keinen Gebrauch gemacht. Erst 2016, als die amerikanische Firma Niantic das Handyspiel «Pokémon Go» propagierte, gab es in Indien Widerstand. Was hinduistischen Anstoss erregte, war aber nicht die spielerische Entweihung heiliger Orte, sondern die Belohnung erfolgreicher Sucher nach den Pokémon-Monsterchen mit virtuellen Eiern, was die religiösen Gefühle vieler Hindus verletzte, die den Verzehr tierischer Produkte für ein Sakrileg halten. In ihrem Auftrag reichte in Ahmadabad Anwalt Nachiket Dave eine Blasphemie-Klage gegen den US-Konzern ein. Darauf wurde die Jagd auf Pokémons im von Hindu-Parteien dominierten indischen Bundesstaat Gujarat verboten und Niantic wegen Gotteslästerung zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, die sich aber aus Indien am Firmensitz in San Francisco nicht eintreiben liess.

Seitdem nehmen die Hindu-Angriffe und -Anklagen gegen evangelische wie katholische Christen in Indien überhand, sogar im südlichen Kerala, wo schon seit frühchristlicher Zeit die «Thomas-Christen» eine starke Minderheit von heute sechs Millionen Gläubigen bilden.

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Datum: 26.09.2018
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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