Nach dem Ende des ISIS
So sieht es heute in Mossul aus
Gerade einmal gut drei Jahre ist es her, seit Abu Bakr al-Baghdadi in der zweitgrössten Stadt des Irak den «Islamischen Staat» ausrief. Hier kämpfte der «IS» auch seinen letzten Kampf. Ein Reporter des US-Senders CBN durfte die Stadt exklusiv besuchen.
Am 9. Juli 2017 hatte der irakische Ministerpräsident Haider al Abadi die vollständige Rückeroberung von Mossul bekanntgegeben. Irakische Polizei eskortierte den Reporter von CBN News in das Gebiet, wo die erbittertsten Kämpfe gegen den ISIS stattfanden. Es ist eine verschlossene militärische Zone, übersät mit Bomben, improvisierten Geschossen und Leichen.Apokalyptische Landschaft
«Ich stehe hier im Zentrum von Mossul, und es ist wirklich eine apokalyptische Landschaft. Überall Verwüstung und Zerstörung. Es ist unheimlich, denn alles ist so still wie in einer Geisterstadt…. So muss es in den europäischen Städten nach dem 2. Weltkrieg ausgesehen haben. Und man sieht, dass es nicht nur Monate oder Jahre, sondern vielleicht Jahrzehnte brauchen wird, Mossul wiederherzustellen.»
Der Reporter stand ein paar Meter neben der Stelle, wo Abu Bakr al-Baghdadi im Sommer 2014 sein Kalifat erklärte. Jetzt liegt dieser Traum in Ruinen, die Kämpfer tot oder verschwunden. Nahostexperte Jonathan Spyer kommentiert: «Was wir hier sehen, diese Zerstörung um uns herum, ist der Preis, den dieses wahnsinnige Projekt, genannt Islamischer Staat, kostete. Das hat es gekostet, dass dieses Ding zu einer kurzen Realität und dann wieder zu einer blossen Idee wurde».
Mehr als 9'000 Tote
Der Tigris teilt Mossul in zwei Teile. Im Ostteil der Stadt gibt es noch Zeichen funktionierenden Lebens, während der Westteil die Hauptkämpfe mitbekam. Berichte sprechen von über 9'000 Zivilisten, die beim Kampf um die Befreiung der Stadt ums Leben kamen.
«Wir sehen die Zerstörung in einer nahegelegenen Kirche, einem Symbol dessen, was ISIS zu zerstören suchte. Vor dem Krieg nannten über 10'000 christliche Familien Mossul ihr Daheim. Heute sind es noch eine Handvoll»
In einem anderen Teil von Mossul stand der Reporter dort, was einmal das Katharinenkloster von Mossul war. ISIS hatte die Kirche und den Konvent der Dominikanerinnen als eins seiner Hauptquartiere benutzt. Darum sind die Stätten heute so stark zerstört. Mohammad, ein irakischer Soldat, erklärt: «Nach der Erklärung des Islamischen Staates hat ISIS sein Hauptquartier hier gehabt. Sie brachten alles, was sie den Leuten gestohlen hatten, hierhin. Auch alle Autos. Sie benutzten das hier als Fabrik für Waffen und Bomben.»
Yohanna Yousif, Vertreter der Hammurabi-Menschenrechtsorganisation, fügt hinzu: «Ich kann meine Trauer darüber nicht unterdrücken, weil ich weiss, wie das alles hier früher aussah und wie jetzt. «Und es geht nicht nur um die Gebäude» erklärt er, «sondern um die Arbeit der Dominikanerinnen hier. Dieser Konvent hatte für alle Christen in Mossul eine zentrale Bedeutung, und alle kannten die Arbeit der Schwestern. Sie haben viele Schulen in Mossul aufgebaut, und all die Leute, die heute gute Positionen im Irak haben, kommen von diesen Schulen in Mossul. Darum haben die Dominikanerinnen einen so guten Namen.»
«Wir haben euch getötet – jetzt helft ihr uns»
Die Hilfsorganisation von Yousif versorgte die Muslime mit Nahrung und Hilfe, als die Stadt wieder zugänglich wurde. «Wir haben Essen für Familien verteilt, und sie fragen uns: 'Wir haben euch bedroht. Wir haben Christen getötet, und jetzt helft ihr uns'. Sie konnten das nicht verstehen. Dr. John von CSI war bei uns und hat ihnen erklärt: 'Das ist das Christentum. Sie helfen. Sie lieben ihre Feinde, und ihr seid eigentlich nicht ihre Feinde, sondern ihr seid auch Opfer des IS. Darum sind wir als Christen hier und helfen euch»
Obwohl ein grosser Teil von Mossul in Ruinen liegt, hofft Yousif auf eine bessere Zukunft. «Ich hoffe, dass Mossul eines Tages wieder das wird, was es einmal war. Das ist mein Traum».
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / CBN News