Israel-Erklärung

Deutschsprachige Medien gegen Trumps Jerusalem-Beschluss

Dass US-Präsident Trump Jerusalem als israelische Hauptstadt anerkennt, ist den meisten deutschsprachigen Medien ein Dorn im Auge. Allerdings werden in der Berichterstattung wichtige Tatsachen unterschlagen.

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Donald Trump hat in seiner Rede Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels anerkannt.
Wenn ein Politiker oder eine Partei ein Wahlversprechen nicht einhält, geraten sie automatisch in die Kritik der Medien – es sei denn, ein Kompromiss mit Koalitionspartnern mache das unmöglich. Diese Regel tritt offenbar ausser Kraft, wenn der Politiker Donald Trump heisst. Im Wahlkampf hatte er, wie diverse Vorgänger, zugesagt, die Botschaft der USA von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Am Mittwoch hat er dieses Versprechen eingelöst – und damit aus Sicht der meisten deutschen Journalisten seinen Ruf als Brandstifter bestätigt.

«Offenbar hat Donald Trump mal wieder die Lust an der Provokation gepackt», schreibt etwa Inge Günther in der Stuttgarter Zeitung. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) titelt: «Trump legt mit Jerusalem die Lunte an das Pulverfass Nahost». Bereits am Dienstag berichtete der Nachrichtensender n-tv unter der Schlagzeile «Trump zündelt im Nahen Osten» über die Pläne des amerikanischen Präsidenten.

Spiegel Online lässt einen ägyptischen Journalisten zu Wort kommen, der gerade in der Berliner Redaktion hospitiert: «Ich kann mir Trumps Entscheidung nur so erklären: Trump will seinen Anhängern unbedingt zeigen, dass er zu seinem Wort steht», schreibt Amr Ahmed. «Dass er damit anderswo in der Welt grosse Unruhe stiftet, ist ihm egal.»

Auch österreichische Medien folgen diesem Trend. Noch vor Bekanntgabe der Entscheidung titelte Der Standard: «Wie die Stadt Jerusalem zum Konfliktfall wurde». Der Artikel erklärt kurz, warum die Stadt für Muslime und für Juden als heilig gilt. Doch der Konflikt beginnt darin erst 1967 mit der israelischen Eroberung des Ostens von Jordanien. Über die «international nicht anerkannte Annexion» von 1980 gelangt Autor Michael Vosatka direkt zum Besuch des Tempelbergs durch den damaligen israelischen Premier Ariel Scharon im September 2000 und der «Al-Aksa-Intifada». Offenbar sind ihm die mittelalterlichen Kreuzzüge und andere Kämpfe um Jerusalem nicht vertraut. Er merkt an, dass Trump mit der Anerkennung ein «brisantes Terrain» betrete.

«Eigene Wähler wichtiger als Weltfrieden»

Die Schweizer Neue Zürcher Zeitung schliesst sich dem Tenor der Überschriften in vielen deutschen Medien an. «Jerusalem als Hauptstadt: Trumps Weihnachtsgeschenk ist explosiv» ist ein Kommentar von Christian Weisflog überschrieben. Seine These: «Donald Trump sind Versprechen an die eigenen Wähler wichtiger als der Weltfrieden.»

Dieses Motiv griff NDR-Redakteurin Gabi Kostorz am Mittwoch in ihrem Kommentar in den ARD-«Tagesthemen» auf: «Die Einlösung seines Wahlversprechens ist ein wichtiges Zeichen auch an seine Anhänger: an evangelikale Christen, aber auch an pro-israelische Lobbygruppen, die seinen Wahlkampf finanziert haben. Und an Falken in seiner eigenen Partei.» Ingo Zamperoni hatte die Sendung mit den Worten anmoderiert: «Dass US-Präsident Donald Trump auf Biegen und Brechen versucht, das politische Erbe seines Vorgängers Barack Obama auszulöschen, ist hinlänglich bekannt. Nun aber bricht er mit einem aussenpolitischen Pfeiler aller seiner Vorgänger seit Gründung des Staates Israel.»

Auch dieser Vorwurf zieht sich durch die deutschen Medien. Dabei lassen die Journalisten offen, was daran so schlimm ist, wenn jemand nach 22 Jahren ein Gesetz in die Tat umsetzt, das seine Vorgänger ignoriert haben. Auch das ZDF-«heute-journal» betonte am Mittwoch, Trump habe mit einer jahrzehntelang gültigen Regel der amerikanischen Aussenpolitik gebrochen. Damit habe er die «Weltordnung in Unordnung gebracht». In derselben Sendung teilte Nahostkorrespondentin Nicola Albrecht emotionslos mit, dass aufgebrachte Palästinenser bereits das Konterfei von Trump und US-Flaggen verbrannt hätten.

Anscheinend gilt es in der deutschsprachigen Medienwelt als normal, dass Muslime aggressiv reagieren, wenn sie nicht ihren Willen bekommen. Und das, obwohl immer betont wird, dass der Islam an sich friedlich und tolerant sei. Wenn also Palästinenser mit neuen Anschlägen auf Israelis drohen, dann ist selbstverständlich der amerikanische Präsident schuld. Er hätte schliesslich wissen müssen, dass seine Entscheidung «explosive» Folgen haben würde.

Nur Die Welt geht auf andere Konflikte ein

Übersehen haben diese Journalisten dabei, dass der israelisch-arabische Konflikt nicht die einzige bewaffnete Auseinandersetzung in der Region ist. Doch die drohende Hungersnot im Jemen und der seit nahezu sieben Jahren andauernde verheerende Bürgerkrieg in Syrien scheinen nicht ins Gewicht zu fallen, wenn «Bulldozer» Trump den Israelis einen Gefallen tut.

Das österreichische Nachrichtenmagazin Profil weist auf die Besorgnis vieler Länder im Vorfeld der Entscheidung hin. In diesem Zusammenhang heisst es: «Auch Saudi-Arabien, das sich als Schutzmacht aller Muslime weltweit sieht, äusserte sich 'ernsthaft und tief besorgt'. König Salman warnte Trump in einem Telefongespräch vor einem solchen Schritt, den Muslime in aller Welt als Provokation empfinden würden.» Dass Saudi-Arabien gegen den Iran in blutigen Stellvertreterkriegen, etwa im Jemen, um die Vorherrschaft in der Region kämpft, bleibt unerwähnt.

Eine wohltuende Ausnahme bildet Alan Posener mit seinem Kommentar für die Tageszeitung Die Welt. Unter der Überschrift «Donald Trumps Mut zur Wahrheit» stellt er fest: «Was die 'muslimische Welt' betrifft, so befindet sie sich vom Irak über Syrien und den Libanon bis hinunter in den Jemen einerseits in einem blutigen Bürgerkrieg zwischen dem schiitischen Regime in Teheran und dem von Saudi-Arabien geführten sunnitischen Regime, andererseits in einem innersunnitischen Bürgerkrieg zwischen Dschihadisten und sogenannten gemässigten Regierungen, sprich korrupten arabischen Autokratien.» Diese Kämpfe hätten in wenigen Jahren viel mehr Opfer gefordert als die 70 Jahre des israelisch-arabischen Konflikts, der zu Unrecht als «Nahost-Konflikt» bezeichnet werde.

Nach Poseners Einschätzung erkennt die internationale Gemeinschaft seit Jahrzehnten stillschweigend an, dass «diese Stadt, die nur deshalb Christen und Muslimen heilig wurde, weil sie seit jeher den Juden heilig ist, die Hauptstadt des jüdischen Staates ist und sein muss». Nur diplomatisch werde «die Fiktion aufrechterhalten, der Status der Stadt sei noch unklar».

Bild nennt die Tatsachen

Viele Artikel liefern Hintergrundinformationen zur neueren Geschichte Jerusalems. Die meisten sparen allerdings die Tatsache aus, dass Israel den Osten der Stadt 1967 von Jordanien erobert hat – und nicht etwa (dieser Eindruck könnte zumindest durch die Auslassung entstehen) von den Palästinensern. Erwähnt wird auch nicht, dass Jordanien seinerzeit Ostjerusalem annektiert hatte und dies weltweit von genau einem Staat anerkannt wurde: von Pakistan. Diese kleine Information ändert natürlich die Perspektive auch auf Trumps Entscheidung, und das ist offenbar in den meisten Redaktionen nicht erwünscht.

Die vielgescholtene Bild-Zeitung ist hier vorbildlich: «Israel hatte den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems 1967 im Sechs-Tage-Krieg von Jordanien erobert und die Stadt wiedervereinigt. Erst seit diesem Zeitpunkt haben Anhänger aller Religionen Zugang zu ihren Heiligtümern: Unter der jordanischen Besatzung wurden jüdische Stätten und Friedhöfe geschändet und zerstört, selbst der Platz vor der wichtigsten jüdischen Stätte, der Klagemauer, wurde von den Jordaniern zugebaut. Auch Christen konnten nur eingeschränkt zu ihren Heiligtümern.»

Und Bild-Chefredakteur Julian Reichelt hat wie Posener den Mut, Trump in einem Kommentar eine historisch richtige Entscheidung zuzugestehen. «Eine Zwei-Staaten-Lösung ist die letzten fünf Jahrzehnte gescheitert, OBWOHL Jerusalem als Hauptstadt nicht anerkannt war, ein enormes, eigentlich untragbares Befriedungs-Zugeständnis an die Araber», stellt er klar. Die Palästinenserführung habe in der Vergangenheit grosse Zugeständnisse ausgeschlagen, die Zwei-Staaten-Lösung sei eine «Fata Morgana». «Statt Israel noch weitere fünf Jahrzehnte vorzuschreiben, auf seine Hauptstadt zu verzichten, sollte man der Palästinenser-Führung jeden Tag klar sagen, auf Terror und Hass-Rhetorik zu verzichten», folgert Reichelt.  

Zum Originalartikel

Zum Thema:
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Datum: 10.12.2017
Autor: Elisabeth Hausen
Quelle: Christliches Medienmagazin pro | www.pro-medienmagazin.de

Kommentare

Eines vergisst der Artikel: Auf der Seite Israels können sich die Leute frei bewegen, ins Ausland fliegen, sie haben genug Geld und sie haben eine Arbeit. Auf der anderen Seite sind die Leute arm, haben keine Zukunft und sind eingesperrt auf einem kleinen Flecken Land! Es ist zu einfach zu sagen, sie sollen keinen Hass mehr verbreiten bei diesen ungleichen Vorzeichen.
Danke für diesen aufwändig recherchierten und ausgewogenen Artikel.
Toller Artikel!!

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