Christophobie?
Türkische Regierung treibt die Weihnachtsbräuche aus
An der deutschen Auslandsschule Istanbul Lisesi darf es diesmal weder Weihnachtsbräuche noch eine Erwähnung des christlichen Festes im Unterricht mehr geben. Auch aus der Öffentlichkeit werden sie verbannt. Sie passen nicht in die «Neue Türkei». Ein Nobelpreisträger tritt dagegen auf.
So wurde unlängst ein Islamistenportal «Yilbasi ve Noel kutlamanina Hayir» («Nein zu Weihnachts- und Neujahrsfeiern!») aufgeschaltet. Darin fällen brave Muslimtürken Christbäume oder schlagen Weihnachtsmännern ins Gesicht. Der Bürgermeister von Istanbuls Teilstadt Sirinevler, Galip Karayigit, gab amtlich bekannt: «In unseren Strassen sind Weihnachtsmänner nicht willkommen!» Es ist derselbe Karayigit, der Enver Pascha, den Christenmörder im Ersten Weltkrieg, als «heiligen Märtyrer» verehrt.
Austreibung des Weihnachtsmannes als Strassentheater
Der Kahlschlag im Istanbuler Weihnachtswald erreichte seinen ersten Höhepunkt in Eyüp am Goldenen Horn: Dort wurde die «Austreibung des Weihnachtsmannes» als Strassentheater inszeniert. Zunächst streunen lächerlich-schmierige Gestalten mit weissem Bart und roter Kutte die Gassen entlang. Dann treten Sultan und Grosswesir auf. Ihre Ähnlichkeit mit dem heutigen Staatsoberhaupt und seinem vierschrötigen Regierungschef Binali Yildirim ist unverkennbar.Der Sultan fragt seinen Wesir, was der Mummenschanz zu bedeuten habe. Der Ministerpräsident mit Turban und Schnurrbart antwortet: «Das ist Santa Claus, der bald Geschenke verteilen wird.» Darauf folgt das Auftreten von Häschern in der historischen Uniform der Janitscharen, ihren christlichen Eltern geraubten, zwangislamisierten und -fanatisierten Kriegssklaven. Sie erhalten vom Sultan den Auftrag, das Land von Weihnachtsmännern zu säubern. Ein Auftrag, den sie unter dem Beifall des Publikums mit Geschrei und Geprügel ausführen.
Der Nobelpreisträger als einsamer Mahner
Ein Mann, der selbst «Watte» (Pamuk) heisst, reagiert jetzt auf diese Kampagne wie überhaupt zu Erdogans Hetzjagd auf alles, was für ihn nicht in die «Neue Türkei» passt. Es ist Nobelpreisträger Orhan Pamuk, der seine warnende Stimme erhebt. Pamuk gilt heute als «Gewissen der Türkei». Schon 2002 hatte er in seinem Roman «Kar» (Schnee) einen heraufziehenden «Totalstaat» beschrieben – mit einer an Kafka erinnernden Mischung aus gewissenloser Gewalt und pseudoreligiöser Inbrunst. Beides belastet jetzt den heutigen Staatschef Erdogan nach seiner noch recht passablen Amtszeit als Ministerpräsident.
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Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet
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