Indonesien
Ein Christ ist Bügermeister von Jakarta
Zum ersten Mal seit 50 Jahren hat ein Christ das Sagen in der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Der chinesisch-stämmige Basuki Tjahaja Purnama (48) folgt in seiner neuen Aufgabe Joko Widodo, der den asiatischen Inselstaat seit diesem Jahr als Präsident regiert.
Indonesien zählt mit 240 Millionen Einwohnern zu den bevölkerungsreichsten Staaten der Erde. Der Inselstaat zwischen Indien und Australien ist seit 1945 eine Republik. Mit 200 Millionen Muslimen hat Indonesien die grösste muslimische Bevölkerung weltweit. Theoretisch gibt es Religionsfreiheit im Land, die durch das Prinzip der «Pancasila» geregelt werden soll. Diese lässt fünf anerkannte Weltreligionen zu – Islam, evangelisches und katholisches Christentum, Buddhismus, Hinduismus und Konfuzianismus – untersagt aber jede Mission. Praktisch dominiert der Islam allerdings das gesellschaftliche Leben.
Ein Zeichen der Wende?
16 Jahre nach gewalttätigen anti-chinesischen Unruhen in Jakarta berief der neue Staatspräsident Joko Widodo einen Politiker chinesischer Abstammung zum neuen Gouverneur der 10-Millionen-Stadt. Die Ernennung seines einstigen Stellvertreters Basuki Tjahaja Purnama als Nachfolger wird allgemein als wesentliche Veränderungen der indonesischen Politik gesehen. «Ahok», wie der christliche Politiker genannt wird, polarisierte in der Vergangenheit mit seinem frischen und gleichzeitig kämpferischen Führungsstil, der ihm Anhänger, aber auch zahlreiche Gegner einbrachte.
Sein politischer Aufstieg markiert einen Wendepunkt in der ethnischen und religiösen Toleranz Indonesiens. Das letzte Mal, dass der Gouverneur der Stadt einer Minderheit angehörte, war 1964. Damals berief Präsident Sukarno den christlichen Künstler Henk Ngantung ins Amt.
Ein heisses Thema
Religiöse und ethnische Zugehörigkeit sind in Indonesien immer noch heiss umkämpfte Themen. Während der Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr wurde Joko mehrfach fälschlich beschuldigt, christlicher oder chinesischer Abstammung zu sein, um seinen Ruf zu schädigen.
Islamistische Hardliner von der FPI (Islamische Verteidigungs-Front) hatten ebenfalls gewalttätige Proteste gegen Basuki inszeniert, weil ihrer Meinung nach Muslime nur von Muslimen geleitet werden dürften. Den meisten muslimischen Wählern war allerdings sein Hintergrund egal. «Solange er gerecht ist und auf der Seite der Menschen steht, ist er unser Gouverneur», unterstützte ihn die grösste islamische Organisation des Landes laut «Time Magazine». Leiter sollten aufgrund ihrer Integrität und ihres Engagements beurteilt werden und nicht nach ihrer religiösen Zugehörigkeit.
Basuki wurde landesweit durch YouTube-Filme bekannt, in denen er inkompetente Beamte zur Rechenschaft zog. Der christliche Gouverneur der 10-Millionenstadt steht vor immensen Herausforderungen durch eine korrupte Verwaltung, eine Stadt vor dem Verkehrsinfarkt und massive Überschwemmungsbedrohung.
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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet