Christen im Irak
Nur Arme, Kranke und Alte sind geblieben
Nach Schätzungen des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind bisher 19 Prozent der Irak-Flüchtlinge in Schweden, Kanada und Australien untergekommen. Die Schweiz, Deutschland und Österreich haben nur wenigen irakischen Christen Zuflucht gewährt. Auch angesichts der Not junger syrischer Flüchtlinge zögert die Schweiz.
Was Christen im Nahen Osten angeht, bekam der Weltflüchtlingstag in diesem Jahr packende Aktualität: Seit Jahren darben Hunderttausende irakische Flüchtlinge in der Türkei, Jordanien, Libanon, Zypern und Griechenland in Lagern und Notunterkünften, die als kurzfristige Übergangslösung dienen sollten. Nur wenige von ihnen haben in Mittel- und Nordeuropa sowie in Übersee Aufnahme gefunden. Nach Schätzungen des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind immerhin bisher 19 Prozent der Irak-Flüchtlinge in Schweden, Kanada und Australien untergekommen. Die Schweiz, Deutschland und Österreich haben irakischen Christen aber nur ganz minimal Zuflucht gewährt. Und schon nimmt der Flüchtlingsstrom aus Syrien ein ungeahntes Ausmass an, das sich noch vor einem Jahr überhaupt nicht abschätzen liess.Vom Irak ist der Exodus seiner Christen nur deshalb zum Erliegen gekommen, weil es fast niemand mehr gibt, der sich eine Emigration finanziell leisten oder gesundheitlich riskieren kann. «In vielen Kirchgemeinden sind nur mehr die Armen und Kranken übrig», sagte zum Weltflüchtlingstag 2013 der chaldäische Patriarch von Babylon, Louis Raphael I. Sako: «Nur wer über keine Mittel verfügt, bleibt im Irak, immer müder, immer verarmter!» Von den früher mehr als einer Million Chaldäern sind seit Beginn des Irak-Kriegs 2003 schätzungsweise zwei Drittel vor der Gewalt von Islamisten und Kriminellen sowie vor wachsender Diskriminierung geflohen. Rechnet man die assyrischen, aramäischen und arabischen Christen dazu, so blieben im heutigen Irak von 1,2 Millionen nicht einmal mehr 400'000 übrig. Aber auch von ihnen sind die meisten «interne» Flüchtlinge. Sie mussten die besonders gefährlichen Grosstädte Bagdad, Mossul und Basra mit dem halbwegs sicheren irakischen Kurdistan vertauschen.
Aus Syrien ist die Not junger, unbegleiteter Flüchtlinge extrem gross. Viele von ihnen enthüllen Pfarrern oder Helferinnen in Jordanien und Libanon Schreckliches: «Wir werden sexuell ausgebeutet, als Sklaven verkauft oder für den Organhandel wohlhabender Bürger ermordet!», berichtet das Hilfswerk «Eine Welt der Jugend». Ein Hauptproblem ist, dass speziell unbegleitete junge Flüchtlinge aus Syrien, die auf keine Verwandten oder andere Netzwerke im Ausland zählen können, in den Flüchtlingslagern der Willkür mafiöser Strukturen schutzlos ausgeliefert sind.
Deutschland wird daher 5'000 junge, schutzbedürftige Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen, Österreich immerhin 500 Minderjährige. Direkt aus den Lagern, statt auf ihre Ankunft zu warten und somit Schleppern zuzuspielen. Und was hat die Schweiz vor?
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Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet