Im kriminellen Sumpf Mexikos
Ein Terrorist findet Jesus und kämpft heute für die Kirche
Leobard «Chito» Aguilar ist Pastor einer grossen Gemeinde in der Stadt Juarez, eine der gefährlichsten Städte der Welt. Immer wieder wird er von kriminellen Gruppen erpresst – zu denen er früher selbst gehörte. Dass er vom Terroristen und Drogendealer zum Pastor wurde, ist ein Wunder Gottes.
Das Massaker von Tlatelolco, bei dem am 2. Oktober 1968 bis zu 300 friedlich demonstrierende Studenten in Mexiko-Stadt von der Armee ermordet wurden, hinterliess tiefe Spuren in dem jungen Leobard Aguilar, besser bekannt als «Chito». Als der junge Mexikaner wenige Tage später angefragt wird, ob er Teil einer Bewegung sein möchte, die sich gegen die Regierung stark machen will, zögert er nicht. «Ich war jung und deshalb mochte ich die Idee, zu diesen subversiven sozialistischen und kommunistischen Bewegungen zu gehören.»Ein Terrorist und Drogendealer
Doch schon bald merkt er, dass es um viel mehr geht als um eine «normale» politische Bewegung. «Nachdem ich Mitglied wurde, kam eines der anderen Mitglieder zu mir und sagte, dass die Mission nicht nur politisch sei; man wolle eine bewaffnete Bewegung bilden, eine Guerilla-Gruppe.» Er erhält eine militärische Ausbildung und lernt, wie man Banken überfällt, Menschen entführt und Bomben an strategischen Zielen anbringt. «So wurde ich Teil einer terroristischen Organisation und später zum Leiter einer der Zellen, mit der ich zwei Staaten Mexikos kontrollierte, Chihuahua und Durango.»
Es bleibt nicht nur beim Terrorismus, schnell ist er auch in das Drogengeschäft verwickelt, das nicht nur in Mexiko Hand in Hand mit dem Terrorismus geht. Als Drogendealer ist er gefangen in der Welt der organisierten Kriminalität – bis er eines Tages von der Polizei mit einer grossen Menge Drogen und Bargeld aufgegriffen und ins Gefängnis gesteckt wird.
Die Umkehr
Während er im Gefängnis ist, betet seine Frau Lidia ununterbrochen für seine Freilassung. Die gläubige Katholikin hofft, dass er sich nach der Haft ebenfalls zu Gott hinwenden wird. Am Tag seiner Freilassung nimmt sie ihn mit in ihre Kirche und beide danken Gott dafür, dass er ihre Gebete erhört hat.
«Aber sobald wir wieder zu Hause waren, sagte ich Lidia, dass ich nichts mit Gott zu tun haben wollte. Ich erklärte ihr, dass ich wieder das aufbauen musste, was ich verloren hatte – ich hatte kein Geld und mein gesamter Besitz war mir weggenommen worden.» Doch seine Frau gibt nicht auf und betet ununterbrochen weiter für ihren Mann – bis er bald darauf doch neugierig wird und letztlich sein Leben Jesus übergibt.
Heute ist «Chito» Aguilar Pastor einer grossen evangelischen Gemeinde in der Stadt Juarez, der Grenzstadt zu den USA, die seit Jahrzehnten unter einer extrem hohen Kriminalitätsrate leidet. Kriminelle Banden und Drogenkartelle halten insbesondere auch Christen und Pastoren in Atem. Auch Pastor Aguilar wurde schon mehrmals erpresst – doch gezahlt hat seine Gemeinde nie etwas. Er kenne die Szene zu genau als dass sie ihn einschüchtern könnte, sagt er.
Kampf für die Kirchen in Juarez
Er hat vielmehr der organisierten Kriminalität den Kampf angesagt, etwa, als vor einigen Jahren viele evangelische Pastoren die Stadt verliessen und in die USA flüchteten, weil sie unter Druck gesetzt oder bedroht wurden. «Man konnte Pastoren beobachten, die ihre Gemeinden verliessen und in die Vereinigten Staaten flohen, weil die Dinge in Mexiko zu gefährlich für sie wurden. Das war eine kritische Zeit für die Kirche. Christliche Leiter lebten in ständiger Angst. Die Drogenkartelle hatten bereits einen Pastor getötet und mehrere andere entführt.»
In der Zeit organisierte Pastor Aguilar ein Treffen mit 170 verbleibenden Pastoren der Stadt, die ihre Flucht schon geplant hatten. «Sie allte dachten, dass ihr Leben wichtiger sei, aber ich sagte ihnen immer wieder, dass wir nicht einfach unsere Stadt und unsere Gemeinden in den Händen der Kriminellen lassen können. Wir mussten Gott vertrauen, dass er uns beschützt.» Laut Aguilar entschieden sich 100 Pastoren dennoch zur Flucht, die anderen blieben am Ort, um gemeinsam die Kirche zu unterstützen.
Und heute? «Jetzt sind die Dinge etwas besser geworden für die Kirche in der Stadt Juarez, aber wir müssen im Auge behalten, was los ist. Scheinbar nimmt die Gewalt in der Stadt wieder zu, aber bislang hatte das noch keine Auswirkungen auf die Kirche.»
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Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Open Doors