Latinos in den USA

Brücken bauen von der alten Kultur zur neuen Sprache

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Latino-Migranten geben Nordamerika frische Farben und Töne und bereichern die Kirchenlandschaft. Doch nun sind die Latino-Gemeinden gefordert, die junge Generation zu erreichen.

«Jede Gemeinde, die nur Spanisch spricht, riskiert, junge Leute zu verlieren», zieht Daniel Sanchez, Gemeindegründungsexperte in Texas, im evangelikalen Onlinedienst Christianity Today Bilanz. US-Latinos der zweiten und dritten Generation passen sich laut Sanchez selektiv an: Sie übernehmen als Sprache Englisch, halten aber an den Werte ihrer Herkunftskultur fest. Oft suchen sie Gemeinden, die diese Werte leben. Der Religionswissenschaftler Gaston Espinosa nimmt bei jungen Latinos, denen die katholische Prägung noch abzuspüren ist, eine «angeborene spirituelle Intelligenz» wahr. Sie drücke sich in einer neugierigen Offenheit für Gott und das künftige Leben aus.

Trendbruch

Bisher gingen Prognostiker davon aus, dass die weissen US-Amerikaner bis 2050 in die Minderheit geraten und Latinos dann gegen 30 Prozent der US-Bevölkerung stellen werden. Doch nun erleben die spanischsprachigen Gemeinden in den USA einen Trendbruch: Der wirtschaftliche Einbruch hat die Baubranche, die Latinos zu Hunderttausenden anzog, besonders schwer getroffen. Die hohe Arbeitslosigkeit verheisst nichts Gutes. Daher wandern viel weniger Latinos ein als vor 2009. Die US-Grenzwache griff 2010 weniger als 450‘000 Latinos auf; zehn Jahre zuvor waren es über 1,6 Millionen. Die «Hispanics» wachsen als Bevölkerung weiterhin – durch Geburten. Allein die Mexiko-stämmigen Einwohner nahmen in einem Jahrzehnt um 11 Millionen zu. In den 1990er Jahren hatten Zuwanderung und Geburten gleich viel zum Wachstum beigetragen; zuvor dominierte die Einwanderung.

Gegen die Abschottung

Daniel A. Rodriguez skizziert in Christianity Today einen tiefgreifenden Umbruch in der Latino-Kirchen-Szene. Die im Land geborenen Mexikaner, Kubaner und Puertoricaner die drei grössten Gruppen - sprächen zuerst Englisch. Manche hätten wenig mehr mit der Kultur am Hut, in der ihre Eltern und Grosseltern leben. Rodriguez, Professor an der Pepperdine University im kalifornischen Malibu, sucht Wege für einen Gemeindebau im Latino-Milieu, der die Familien und den Zusammenhalt der Generationen stärkt. Wenn wie bisher vor allem oder ausschliesslich Spanisch gepredigt werde, helfe man den älteren Migranten nicht.

Wachstum mit zwei Sprachen

Vorbildlich ist für Rodriguez das Vorgehen von Wilfredo de Jesus im Chicagoer Stadtteil Humboldt Park. Als er im Jahr 2000 die pastorale Verantwortung für eine kleine Pfingstgemeinde übernehmen sollte, bestand er darauf, dass die Kirche Englisch in alle ihre Programme und Gottesdienste aufnahm. So sollten auch jene Latinos geistlich gefördert werden, die nicht mehr spanisch ticken, auch wenn sie noch karibisch oder mexikanisch essen. Heute besuchen 5000 Personen die fünf wöchentlichen Gottesdienste in einer Schulhalle. In diesem spanischen Gottesdienst zählt man über 500 Teilnehmende – viel mehr als die 125, die 2000 zur Gemeinde gehörten. Laut Rodriguez ist die Kirche nicht dazu da, «die Sprache und die kulturellen Vorlieben irgendeiner Generation, ob einheimisch oder zugewandert, zu bewahren».

Webseite:
Mundogospel

Datum: 23.01.2012
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet/ Christianity Today

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