Hungersnot im Südsudan
Sie essen die Blätter von den Bäumen
«Die Vorräte sind aufgebraucht, und die derzeitigen Ernten genügen nicht», schildert Gunnar Wiebalck, der für Christian Solidarity International (CSI) den Südsudan besuchte. Eine Ernte freilich werden längst nicht alle einfahren können. Um nicht sofort zu verhungern, haben manche ihr Saatgut aufgegessen.
Erschwerend für die Menschen im Katastrophengebiet kommt dazu, dass die sudanesische Regierung ihren Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung in Darfur unvermindert fortsetzt. «Viele Menschen werden dort vertrieben.» Manche von ihnen flüchten ins Hungergebiet. «Dort gibt es kaum Wasser. Mit ihren bloßen Händen graben die Leute dort primitive Brunnen.»
Landebahn gebaut
Damit Hilfe kommen kann, haben Flüchtlinge Buschgebiet für eine Landebahn gerodet. «Sie ist 800 Meter lang; nur hat sie dann monatelang keiner benutzt. Wir waren die ersten, die mit einer kanadischen Buffalo darauf gelandet sind. Dieses Flugzeug kann auf sehr kurzen Strecken niedergehen.» Nach der geglückten Mission dieses Schweizer Hilfswerks wagten sich auch das World Food Programm (WFP) und das International Rescue Comite (IRC) in dieses entlegene Gebiet namens Jaac. Gunnar Wiebalck: «Die Menschen dort sind vorerst gerettet. Inzwischen regnet es auch, und die Gefahr des Verdurstens besteht dort nicht mehr.»
Im Busch lauert der Tod
Wo keine Hilfe hinkomme, würden die Menschen verhungern. Einige Zentren würden versorgt. «Aber es gibt noch keine Bilder. Gerade die würden in den Medien für das Bewusstsein sorgen.» Dabei, so Gunnar Wiebalck, habe UNO-Generalsekretär Kofi Annan gesagt, es brauche eine Milliarde Dollar, um schwerste humanitäre Folgen für sechs Millionen Menschen zu verhindern.
Die Ernte werde dürftig ausfallen, weil viele ihr Saatgut gegessen haben. Und über die mittelfristige Situation kann man nur spekulieren. Die Weltöffentlichkeit hat hier in den letzten 22 Jahren auf der ganzen Linie versagt. Wiebalck: «Es hängt davon ab, wie schlimm es jetzt wirklich wird. Falls Hunderttausende sterben, fällt die Katastrophe im nächsten Jahr weniger schlimm aus.» Seine Ausführungen klingen zynisch, aber realistisch. Zudem komme es drauf an, ob und wieviel im nächsten Jahr ausgesät werden kann wird und wieviel Saatgut zur Verfügung steht.
Khartum schwimmt im Geld
Makaber, aber wahr: Die Regierung in Khartum schwimmt im Geld. Und sie hat mit dem Süden sogar Frieden geschlossen. Die Mittel jedoch fliessen in die Infrastruktur des Nordens und in Waffen, mit denen die schier grenzenlose Unterdrückung in Darfur aufrechterhalten wird. Ausserdem hat Khartum wenig Interesse daran, den Süden, den es ins Elend gestürzt hat, wieder aufzubauen. Denn wenn der in sechs Jahren wohl unabhängig wird, liegen auch die Ölreserven auf seinem Gebiet. Das passt der islamistischen Regierung in Khartum natürlich gar nicht. Die christliche und animistische Bevölkerung im Süden rechnet darum nach der Unabhängigkeit mit dem nächsten Militärschlag. Dem heutigen Friedenspartner und möglichen Feind des Jahres 2011 liegt also viel an einem ausblutenden Süden.
Keine konkreten Zahlen
Momentan kursieren Zahlen von ein bis drei Millionen Menschen, die im Hungerdesaster ums Leben kommen können. Wiebalck: «Wir haben noch keine verlässlichen Angaben.»
Um die wenigen Nahrungsmittel werde nicht gekämpft. «Dafür sind die Menschen zu sehr geschwächt. Manche können sich zum Beispiel nicht zu den Lebensmittelpaketen schleppen, die die WFP-Flugzeuge abwerfen. Die meisten dieser Säcke gehen nicht kaputt; nur ab und zu zerplatzt mal einer beim Aufprall. Dann sieht man, wie diejenigen, die keinen Sack erwischt haben, die einzelnen Körner vom Boden auflesen, bevor die Vögel sie holen.»
Sklaven nun wohl auch in Darfur
Dass in Darfur, wie früher im Süden, Menschen verschleppt und versklavt werden, sei inzwischen mehr als eine Vermutung. «Darauf lassen nun auch Quellen der Vereinten Nationen schliessen.» Mit dem Unterschied, dass die UNO nie von «Sklaven» spricht, sondern von «Verschleppten». Sonst müsste sie nämlich einschreiten, weil Sklaverei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist. Hinzu kommen laufend Massenvergewaltigungen. Aber auch hier bleibt der internationale Aufschrei nach wie vor aus.
Aktion Nothilfe Sudan
Die hier beschriebene Hungerkatastrophe hat begonnen; die Hintergründe dazu sind im Dossier ausführlich beschrieben. Bis Ende 2005 könnten Millionen Menschen unverschuldet Opfer dieses Desasters werden.
Gemeinsam mit verschiedenen Hilfswerken sowie Livenet.ch und Jesus.ch läuft die Hilfsaktion Nothilfe Sudan. Sie wird von drei Schweizer Werken unterstützt: CSI (Christian Solidarity International), Frontiers und Vision Africa. Letzteres ist nicht selber in diesem Land tätig, unterstützt diese Aktion aber publizistisch.
Die Spendenkonten:
Die Kontonummer lautet: Postfinance 87-96742-1.
Das Konto lautet auf: CSI Schweiz, Sudan-Hilfe, Zelglistrasse 64, 8122 Binz.
CSI ist seit 1992 im Sudan tätig. Mit dem gesammelten Geld wird Hirse gekauft und an die vom Hungertod bedrohte Bevölkerung verteilt. Karawanen bringen die Lebensmittel zum Beispiel in die Marktstadt Warawar im Südsudan, wo jedes bißchen Nahrung ein Menschenleben retten kann. Die Einkäufe werden vom Werk getätigt und überwacht.
Statistik der Spenden
Auf das Sammelkonto wurden bisher 10'729,70 Franken einbezahlt.
Statistik des Genozids im Südsudan
Tote: über 2 Millionen Menschen
Vertriebene: 5 Millionen Menschen
Versklavte Menschen: rund 200'000
Das Morden geschieht seit 1983; von Januar 2005 an via Hungerkatastrophe.
Statistik – Genozid in der Region Darfur (Westsudan)
Tote: über 300'000 Menschen (gemäss Washington Post)
Vertriebene: 1,8 Millionen Menschen (UN-Schätzung)
Versklavte: noch keine Angaben; gemäss ARD und anderen Quellen passieren Verschleppungen.
Das Morden geschieht seit 2003.
Dank der Dokumentationsarbeit von CSI konnten der Genozid und die Versklavungen im Süden abgebremst werden.
Hintergrundinfos zur Aktion:
www.sudan.livenet.ch
www.livenet.ch/www/index.php/D/article/493/21137/
Homepages der beteiligten Organisationen
CSI: www.csi-schweiz.ch
Frontiers: www.frontiers.ch
Vision Africa: www.visionafrica.ch
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch