Horizont weiten
Bildung für Afrikanerinnen – mit der Bibel
Dazu kommt seit Jahren AIDS: Die Seuche raubt unzähligen Kindern auf dem schwarzen Kontinent die Geborgenheit und setzt sie der Not und dem Zwang zu verdienen aus. Dass alle Mädchen zur Schule gehen und sich bilden können, bleibt eine erstrangige Herausforderung. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Alphabetisierung. Die Wycliffe-Bibelübersetzer leisten diese Arbeit in vielen kleineren Völkern, zusammen mit der Übersetzung von Bibelteilen.
Horizont weiten
Die Winterthurerin Renate Kleiner hat in mehreren Ländern Westafrikas solche Projekte begleitet und gefördert und Einheimischen das Lesen und Schreiben beigebracht. Begeistert erzählt sie davon, was die Gute Nachricht von Jesus Christus bei Afrikanern vermag, wie sie den Horizont weitet, den Charakter bildet und Lebensmut gibt. Besonders deutlich war für sie die Wandlung bei den Übersetzern selbst: „Sie staunten über die Bibel und bekamen im Zug der Arbeit eine immer grössere Hochachtung vor dem Wort Gottes.“
In Nigeria
Renate Kleiners Weg nach Afrika war nicht vorgezeichnet. Ihr Mann Werner, ebenfalls Lehrer, wollte ursprünglich von Religion gar nichts wissen. Doch innerhalb eines Jahres kamen beide zum Glauben an Christus – durch das Lesen von Büchern. Nun war ihnen klar: Dasselbe wollten sie Afrikanern ermöglichen. Mit ihren vier Knaben flogen Kleiners 1965 nach Nigeria und arbeiteten dort während sechs Jahren als Wycliffe-Bibelübersetzer. Für die Ausbildung der Söhne kehrten sie heim, mit der Absicht, später wieder auszureisen.
Allein wieder ausgereist
Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes 1983 – und nachdem die vier Söhne ausgeflogen waren – ging Renate 1986 allein zurück nach Westafrika und arbeitete zwölf Jahre im westafrikanischen Ghana in der Alphabetisierung und der Übersetzung des Neuen Testaments mit (1996 gedruckt). Der Wunsch, 1998 die Übersetzung des Alten Testaments zu beginnen, fiel vorerst ins Wasser: Der Mann des Adele-Volks, der sich zu diesem Zweck in den USA weiterbildete, wurde dort von einem Betrunkenen zu Tode gefahren. Nun – Jahre später – wollen akademisch gebildete Freunde des Verstorbenen diese Aufgabe anpacken (noch fehlen die Mittel).
Vergeben können
In verschiedenen Dörfern hielt Renate Kleiner Leseklassen. Daran nahmen Frauen teil, die von ihren Ehemännern arg misshandelt wurden. Die Details mag sie nicht schildern. „Diese Frauen wurden durch das Lesen der Bibel innerlich frei, zu vergeben und neu zu beginnen. Viele von denen, die damals zum Glauben an Christus kamen, lehren heute selbst andere lesen.“
Frei von Götzenfurcht
Der Bruder eines Häuptlings des Adele-Volks war ein Säufer. Als er das Neue Testament las, ging ihm auf, dass er falsch lebte – und dass Gott ihm die Chance gab, neu zu beginnen. Er rief einen Prediger und bat ihn, beim Verbrennen seiner Hausgötzen zu helfen. Sie taten dies, zum Schrecken seiner Angehörigen, die Schlimmes befürchteten. Doch nichts geschah. Vielmehr lud der Mann seine Umgebung ein, den „grösseren Gott“ kennenzulernen. Dadurch entstand eine Gruppe, die das neu erstellte Testament studierte. Heute, fünf Jahre später, zählt die christliche Gemeinde im Dorf etwa 120 Personen.
Renate Kleiner hat nach ihrem Aufenthalt in Ghana einen mehrjährigen Einsatz in der Côte d’Ivoire gemacht – bis der Ausbruch des Bürgerkriegs im September 2002 eine Heimreise nahelegte. Post und e-mail ermöglichen der 73-jährigen Winterthurerin, in nahem Kontakt mit zahlreichen afrikanischen Freunden zu bleiben. Täglich betet sie für die Menschen und Völker, die ihr ans Herz gewachsen sind.
Die Wycliffe-Bibelübersetzer in der Schweiz feiern dieses Jahr das 40-jährige Bestehen. Nächste Veranstaltung: Samstag, 27. März, Arche, Winterthur-Seen.
Webseite der Wycliffe-Bibelübersetzer: www.wycliffe.ch
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch