Nächstes Jahr in Kairo
So erklärte der Kongressmann Frank Wolf an der Koptenkonferenz, wie hoch die Wirtschaftshilfe ist: Jährlich drei Milliarden Dollar fliessen aus den USA in das Land am Nil, das die Menschenrechte verletzt und Christen an den Rand der Gesellschaft drängt. Ein Komitee soll den Geldfluss künftig überwachen. "Mubarak muss das beenden", forderte der Abgeordnete Steven Rothman an der Kopten-Konferenz.
Im renommierten Wall Street Journal erschien Ende Woche ein Artikel des ägyptischen Demokratie-Aktivisten Said Eddin Ibrahim. Danach sollen westliche Staaten in Kairo verlangen, dass Kirchen gleich wie Moscheen behandelt werden. Laut John Eibner von Christian Solidarity International (CSI) kann der US-Kongress nicht über die Demokratie-Forderungen von immer mehr Christen und Muslimen hinweggehen.
Resolution: Gleiche Rechte
Die Exil-Kopten arbeiteten an einer Resolution, die fordert, dass Religion und Staat in Ägypten getrennt werden. Kopten sollen die gleichen Rechte wie die anderen Bürger haben. Die Auslandkopten möchten ihre nächste Konferenz am Nil durchführen...
Zur Zeit ist die Diskriminierung durch den Staat fixiert. Laut Angaben aus exilkoptischen Kreisen sind von 444 Regierungsmitgliedern nur zwei Kopten. Keine der 20 Universitäten hat einen koptischen Präsidenten, keine der 300 Hochschulen einen koptischen Fakultätsvorsteher. Dabei sind über zehn Prozent der ägyptischen Bevölkerung koptische Christen.
9000 Christen - nur eine Kirche
Peter Tadros, der die australischen Exilkopten vertrat, berichtete in Washington von einem Anschlag, bei dem die Polizei erst nach drei Stunden angerückt sei, obwohl der Posten bloss 20 Minuten weit weg war.
In einer Ortschaft lebten 9000 Kopten. Sie hätten eine 300 Jahre alte Kirche. "Sie dürfen keine neue bauen. Für 3'000 Muslime stehen sechs Moscheen bereit." Um eine neue Kirche zu bauen, hätten die Christen die alte abreissen wollen. Die Muslime waren dagegen. Und somit gab es keine neue Kirche.
"Alle sind Söhne und Töchter Ägyptens"
"Dabei sind wir eine einzige ethnische Gruppe", sagt Youssef Sidhom, Chefredaktor der in Kairo erscheinenden koptischen Zeitschrift "Watani".
"Christen und Muslime sind beide Söhne und Töchter Ägyptens, welche die gleichen Rechte in ihrem Land wollen." Die Ausschreitungen in der Hafenstadt Alexandria Mitte Oktober haben die Kopten im Ausland alarmiert. Washington habe reagiert, sagt Monir Dawoud (International Christian Union). "Eine Woche nach Alexandria wäre ein weiterer Anschlag geschehen. Durch eine Intervention von Präsident Bush wurde er verhindert."
Die Stellung der Kopten in der ägyptischen Gesellschaft war nicht immer so prekär. Said Eddin Ibrahim vom Ibn Khaldun-Center in Kairo: "Wer älter als 50 Jahre ist, erinnert sich an ein besseres Leben in Ägypten."
Er gebe nicht auf und wolle seinen Enkeln wieder ein Ägypten bieten, wie es damals war. Die Diskriminierung führen die Kopten auf den Beschluss einer Konferenz in Dschidda 1955 zurück. Damals hätten die Delegierten entschieden, dass der Mittlere Osten bis ins Jahr 2000 "frei von Christen" sein müsse. Unter Sadat sei der Auswanderungs-Druck auf die Kopten gewachsen. Schlüsselpositionen wurden ihnen von nun an vorenthalten. 1971 wurde das islamische Gesetz, die Scharia, förmlich unter die Rechtsquellen aufgenommen.
Die neue ID - ein Ärgernis
Wenig Freude haben die Kopten an der neuen ägyptischen Identitätskarte.
Auf dieser ist vermerkt, ob ihr Besitzer Christ, Jude oder Muslim ist.
Nadia Ghaly, Koptin aus Australien: "Man hat nur diese drei Möglichkeiten. Ein Buddhist existiert nicht. Es gibt auch kein viertes Feld, wo man seine eigene Religion eintragen kann. Es gibt nur diese drei." Diese ID könne die Stellensuche der Christen weiter erschweren.
Wer vom Islam zum Christentum übertritt, bleibt auf diesem Papier wohl Muslim. Denn ein Beamter, der diese Änderung vornimmt, dürfte nicht so einfach zu finden sein.
Erster Artikel über die Konferenz: Hosni Mubarak sorgt sich um eine Kirchentoilette
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch