Genussboxen und Wendepark
Wendepunkt erlebt Wenden, auch in Zeiten von Corona
Die Stiftung Wendepunkt macht auch während Corona einen Unterschied: Das Unternehmen ermöglicht Menschen auch jetzt den Einstieg in ein neues Leben. Das Werk ist kreativ – zum Beispiel wurden Genussboxen für gemeinsames digitales Essen entwickelt.
Sascha Lang, seit eineinhalb Jahren herrscht Ausnahmezustand – wie war diese Zeit bislang für die Stiftung Wendepunkt?
Sascha Lang: Es war eine Zeit, die auch in der Stiftung Wendepunkt
intensiv war. Die veränderte Ausgangslage haben wir genauso wie alle anderen
Unternehmen gespürt. Wir konnten viel dazu lernen und Prozesse anpassen. Die
Digitalisierung hat einen grossen Schub gewonnen.
Gleichzeitig sind wir dankerfüllt. In der Vergangenheit hat Gott uns gelehrt, den Finanzplan nicht daran zu messen, was wir in den Händen halten, sondern daran, was er für uns bereithält. Wir durften in der Stiftung Wendepunkt immer wieder erleben, wie Gott versorgt. Er hat es im Jahr 2020 wieder auf sehr eindrückliche Weise getan. Wir hatten per Ende Jahr ein Minus-Ergebnis budgetiert. Umso mehr konnten wir Gott Ehre und Dank für den freudigen, positiven Abschluss geben.
Die Stiftung ist ja in ganz verschiedenen Bereichen
tätig. Wo gab es grosse Einschränkungen und wo war verhältnismässig wenig zu
spüren?
Beim Lockdown im März 2020 sind von einem Tag auf den
andern alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Programme vom Amt für Arbeit und
Wirtschaft (AWA) ausgefallen. Diese Massnahmen und die unsichere Auftragslage
unserer Kunden führten dazu, dass wir unsere Tätigkeiten umdisponieren mussten. Um die Aufrechterhaltung unserer Angebote
sicherstellen zu können, speziell im betreuten Wohnen, mussten wir
kurzfristiger und bereichsübergreifender planen. Wir hatten im Verhältnis sehr
wenig Krankheitsfälle und sind Gott für seinen Schutz und die Bewahrung während
der ganzen Zeit dankbar.
Hat sich die Anzahl Menschen erhöht, die bei Ihnen
eine Wende durchlaufen will?
Aufgrund des befürchteten Anstieges der
Arbeitslosigkeit haben wir für das Jahr 2021 eine höhere Bestellung der
Einsatzplätze erhalten. Diese Prognose ist nun heuer nicht eingetroffen, da die
Wirtschaft besser läuft als erwartet. Zudem waren die Eintritte eher verhalten,
da es gerade für psychisch beeinträchtigte Menschen in Covid-Zeiten eine grosse
Herausforderung ist, an einem neuen Ort anzufangen und sich unter Menschen zu
bewegen, die sie nicht kennen.
Können Sie ein, zwei Geschichten wiedergeben, wie
Menschen in den letzten Monaten durch die Stiftung ein neues Leben beginnen
konnten?
Unsere Vision war seit Beginn, dass Menschen
Wendepunkte erleben. Umso mehr freuen wir uns, wenn ein Programmteilnehmer, der
erst seit 2019 in der Schweiz ist und im Herbst 2020 mit seinem
Integrationsprogramm gestartet hat, dank seiner schnellen Fortschritte im
Deutschen nach kurzer Zeit bereits einen externen Einsatz absolvieren konnte.
Sein Vorwissen aus dem Heimatland und sein Engagement liessen ihn während des
Einsatzes brillieren. So wurde ihm bereits für diesen Sommer eine
EBA-Lehrstelle – eine zweijährige Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest
– bei dieser Firma angeboten.
Ein Bewohner konnte letzten Oktober eine eigene Wohnung beziehen. Das war für ihn ein grosser Meilenstein, denn der Wechsel vom betreuten Wohnen ins teilbetreute Wohnen bedeutete für ihn einen weiteren Schritt zur Selbständigkeit und Eigenverantwortung.
Dankbar sind wir besonders für nachhaltige Erfolge: Ein Programmteilnehmer, der nach sehr langer Arbeitslosigkeit eine Festanstellung im Januar 2020 erhielt, konnte die Stelle bis heute trotz der herausfordernden Lage behalten.
Welche Projekte sind in den letzten eineinhalb Jahren
bei der Stiftung Wendepunkt entstanden, die es sonst womöglich nicht geben
würde?
Letztes Jahr mussten viele Meetings und Buchungen
abgesagt werden. Unser Gastro-Team fand, dass die Kulinarik auch bei virtuellen
Sitzungen nicht fehlen sollte. So haben sie kurzerhand ein neues Angebot
kreiert: Genussboxen, die man an alle Teilnehmende im Vorfeld für das
anstehende Online-Treffen zustellen kann. Seither wurden bereits über 800 Boxen
bestellt. Gerade in der Gastronomie haben die vergangenen Monate
verdeutlicht, dass es ein hartumkämpftes Geschäftsfeld bleibt. Wir nutzen
diesen Wandel zur Neupositionierung unseres gastronomischen Angebotes im Rahmen
eines internen Projektes, um zu prüfen, wo wir zukünftig wirksam einen Beitrag
und gesellschaftlichen Mehrwert leisten können. Regionale Zutaten und
Digitalisierung sind dabei wichtige Themen. Neue Wege und Chancen ergeben sich
in der Integrationsarbeit mit möglich neuen Programmangeboten im Bereich Küche
und Service.
Was sind die nächsten Ziele und Projekte, welche die
Stiftung in Angriff nimmt?
Unseren im Herbst 2020 eröffneten Wendepark möchten wir gerne multiplizieren. Bei diesem
Projekt stand stets die soziale Rendite und nicht der Gewinn im Vordergrund.
Wir wollen aktiv gemeinschaftsfördernde Angebote gestalten, eine partizipative
Kultur fördern und mit einem kostenattraktiven Bauen bewusst in ein
respektvolles Zusammenleben von Generationen und Ethnien aus unterschiedlichen
sozialen Gesellschaftsschichten investieren. Letztes Jahr konnten wir im Herbst den entsprechenden
Bau trotz der Covid-Lage planmässig fertig stellen und die Mieterschaft konnte
die Wohnungen termingerecht beziehen. Wiederum hat Gott uns seine Treue mehr
als erhofft bewiesen. Durch die unerwartet schnelle Auslastung mit 90 Prozent
vermieteten Wohnungen per Ende 2020 und dank der langfristig tiefen Zinssätze
ergab sich eine zusätzliche betriebswirtschaftliche Rendite.
Weiter werden wir in die Digitalisierung investieren und nach neuen Geschäftsmodellen für Niederqualifizierte suchen, die der Gesellschaft dienen. Es gibt auch in der Zukunft viel Spannendes anzupacken.
Über Sascha Lang
Sascha Lang ist seit April 2008 Geschäftsführer der Stiftung Wendepunkt und seit 2013 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Gesamtunternehmung mit Einsitz in den Führungsgremien der drei Tochterfirmen. Die Stiftung Wendepunkt ist ein führendes christliches Sozialunternehmen im Kanton Aargau. Sie unterstützt Menschen bei ihrer beruflichen und sozialen Integration.
Zur Webseite:
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet