Sexuelle Minderheiten

«Toleranz wird erzwungen»

Die Toleranz gegenüber denen, die anders denken und fühlen, steht in der Gefahr, überhöht und zu einer Waffe im Meinungsstreit zu werden. Davor warnt Prof. Dr. Christoph Raedel, Professor für Systematische Theologie und Theologiegeschichte an der Freien Theologischen Hochschule Giessen.

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Prof. Dr. Christoph Raedel
Beispielsweise werde nach seiner Einschätzung im Blick auf die Rechte sexueller Minderheiten eine gesellschaftliche Akzeptanz geradezu «erzwungen».

Wahrheit ist nicht mehr eine Frage der Macht

Prof. Raedel war Sprecher der Bundestagung von «Christ und Jurist» vom 24. bis 26. Mai in Wiesbaden. Er erläuterte, dass das Denken der Aufklärung (gemeint ist der Bezug auf die Vernunft) und der 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648 dazu führten, dass die Wahrheit nicht mehr eine Frage von Macht und Mehrheit gewesen sei. Die Trennung von Wahrheit und Macht sei daher ein «Segen» gewesen. Daraus sei der Schutz für religiöse Minderheiten entstanden, beispielsweise der von Protestanten in einem mehrheitlich katholischen Staat oder umgekehrt.

Demgegenüber habe sich in der Zeit der Romantik (Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein) im Denken der Fokus auf den Einzelnen verschoben. Die einzelne Person sei in seiner Besonderheit gesehen worden. Zugleich sei daraus die Anforderung entstanden, dass der Einzelne seine Identität zu finden habe. Das laufe auf das Motto hinaus, «Verstehe dein Leben als die Aufgabe, dich selbst zu erschaffen».

Geschenkte Identität vs. Selbstverwirklichung

Identität sei in der Folge zu einer Frage der Selbstverwirklichung geworden. Demgegenüber sei Identität in der Vor-Moderne etwas gewesen, das dem Einzelnen geschenkt wurde, zum einem von seiner Familie, seinem Geschlecht und verschiedensten Gemeinschaften, vor allem aber von Gott.

Jüngste Urteile über sexuelle Minderheiten würden sich auf Basis dieses Denkens radikal weiterentwickeln. «Das Geschlecht des Menschen», so Prof. Raedek, «wird nicht mehr anhand biologischer Tatsachen bestimmt.» Vielmehr sei das Empfinden des Einzelnen entscheidend und massgeblich.

Die eigene Sexualität sei so Teil der Selbstverwirklichung. Die entscheidende Kategorie bei der Bewertung, was richtig und passend ist, nur noch das Empfinden des Menschen, also, wie er sich fühle. Sexualität werde so zu einem Bereich, in dem sich der Mensch von anderen unterscheiden wolle. «Originalität ist wichtiger als Moralität. Identität ist wichtiger als Konvention, als Sitte, Tradition, Gewohnheit», so Prof. Raedel.

Zwang zur Toleranz

Wer Formen der Sexualität in Frage stelle, der werde zum Gegner des Einzelnen, der so leben wolle und sein persönliches Glück und seine Selbstverwirklichung suche, letztlich werde er so zum Gegner der Toleranz. Mit dieser Art der Betrachtung werde jeder Kritiker einer Form der Sexualität ausgegrenzt oder zur Toleranz gezwungen.

Der Verein «Christ und Jurist»

Der Verein «Christ und Jurist» versteht sich als Netzwerk von Christen, die in verschiedenen juristischen Berufen arbeiten. Diese sollen hier «lebendige Gemeinschaft erfahren und Impulse für ihr Christsein im Berufsalltag erhalten». Neben Tagungen gehören auch regionale Treffen in sechszehn Regionen in Deutschland zur Vereinsarbeit.

Vorsitzender der Vereinigung ist Dr. David Kästle-Lamparter (Havixbeck, bei Münster). In den letzten Jahren wurde die Betreuung von Jura-Studenten stärker in den Blick genommen werden; in Form von Sommerkolleg und einem Studentennetzwerk. Der Verein «Christ und Jurist» hat Kontakt zu vielen Hundert Juristen im Land, die ihren Beruf mit ihrem christlichen Glauben verbinden.

Zur Webseite:
Christ und Jurist

Zum Thema:
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Datum: 29.05.2019
Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet

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