Pfarrerin McMillan
«Warum tut unsere Gesellschaft, als sei das Erotikgewerbe ganz normal?»
«Prostitution ist nicht das älteste Gewerbe, sondern eine antike Form der Sklaverei», sagt Pfarrerin Catherine McMillan im «Wort zum Sonntag» von «SRF». Jesus sei anders mit Frauen umgegangen: «Er hat ihre Würde verteidigt.»
«Würden Sie gerne Ihre Tochter in dieser Tätigkeit sehen?», fragt die reformierte Pfarrerin Catherine McMillan gleich zu Beginn des «Worts zum Sonntag». Und: «Würden Sie als Mann gerne gesehen werden, wenn Sie die Dienstleistungen einer Sexarbeiterin in Anspruch nehmen?» Sie gibt sich die Antwort gleich selbst und geht dann über zur nächsten Frage: «Warum tut unsere Gesellschaft dann so, als ob das Erotikgewerbe etwas ganz Normales wäre?»«Prostitution ist nicht das älteste Gewerbe»
Viele Menschen würden Prostitution befürworten. Es werde als normal und sogar gut für die Gesellschaft dargestellt, «wenn Männer ihre Triebe an käuflichen Frauen stillen können». «Das Bild vom hormongesteuerten Mann, der seinem Sexualtrieb hilflos ausgeliefert ist, ist unwürdig. Und noch unwürdiger ist das Bild von der unverzichtbaren Sexdienerin, die als Ventil für seine Not missbraucht werden muss.»
Prostitution ist nicht das älteste Gewerbe, hält Catherine McMillan bei «SRF» weiter fest. «Sondern eine antike Form der Sklaverei, die in einer Gesellschaft von Gleichberechtigten nichts zu suchen hat. Warum wohl sind die meisten Prostituierten in der Schweiz keine Schweizerinnen? Doch kein so toller Beruf?»
Aus den Armenhäusern
Die meisten kommen aus den Armenhäusern Europas und müssen – um zu überleben – täglich fünf bis zehn Freier bedienen. «Viele können das nur mit Alkohol oder Drogen bewältigen. Sie leiden an Angststörungen, Trauma, Depression. Der Mensch wird im intimsten Bereich berührt. Körper und Seele kann man nicht voneinander abspalten.»
Dennoch werde Prostitution als Ausstieg aus der Armut dargestellt, bedauerte Catherine McMillan im «Wort zum Sonntag». «Eine Aussteigerin sagt, dass sie keine kennt, die freiwillig anschaffen geht. Sie habe damals keine Alternative gehabt. Sie floh als Teenagerin aus der Gewalt in der Familie. Auch bei ekelhaften und gewalttätigen Freiern wagte sie sich nicht, davonzulaufen.»
«Gekaufter Sex ist Missbrauch»
Catherine McMillan bezeichnet käuflichen Sex als Missbrauch und Verletzung der Menschenwürde. «Gerade die Legalität des käuflichen Sexes vermittelt Männern, dass alles erlaubt ist, wenn sie nur dafür zahlen.»
Jesus ging anders mit Frauen um, sagt die Pfarrerin im «SRF»-Beitrag weiter. «Er hat ihre Würde verteidigt. Einmal schleppten gestandene Männer eine Frau zu Jesus, die beim Ehebruch ertappt worden war. Wohlgemerkt, der Mann wurde nicht angeklagt. Jesus forderte die Menge heraus: 'Wer von euch ohne Sünde ist, der Werfe den ersten Stein.' Er legte den Fokus von der Frau auf die Männer. Er gab ihnen die Möglichkeit, über sich selbst nachzudenken. Still ging einer nach dem anderen weg. Bis die Frau allein mit ihm dastand.» Sie sei nicht eine Prostituierte gewesen, sondern eine von Männern entwürdigte Frau. «Jesus nahm sie in Schutz.»
Beifall in sozialen Medien
«Starke Worte einer starken Frau», lobte jemand bei «Facebook», worauf sich Catherine McMillan prompt bedankte, mit den Worten: «Danke für die Rückendeckung. Ich wurde in einem Mail als 'weltfremd' bezeichnet, was ich bestimmt nicht bin.»
Insgesamt aber wurden McMillans Worte geschätzt und unterstützt, so schrieb beispielsweise eine Nutzerin: «Es ist einfacher zu glauben, dass alles schon 'irgendwie richtig' ist, als es zu hinterfragen.»
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / SRF