Ethiker Frank Mathwig:
«PID sollte verboten bleiben»
Frank Mathwig ist Beauftragter für Theologie und Ethik beim Kirchenbund und Mitglied der Nationalen Ethikkommission. Er nimmt Stellung zum Entscheid des Ständerates, die Präimplatationsdiagnostik (PID) in bestimmten Fällen zuzulassen.
Die PID ist in der Schweiz verboten. Der Ständerat möchte sie nun bei bestimmten Erbkrankheiten erlauben, der Kirchenbund und auch die Schweizerische Evangelische Allianz sind dagegen. Wie beurteilen Sie den Entscheid des Ständerats?
Frank Mathwig: Ich finde das ethisch fragwürdig. Warum lässt der Gesetzgeber nur bestimmte Erbkrankheiten zu? Was ist die Unterscheidungsgrundlage? Der Gesetzgeber suggeriert, dass es Krankheiten gibt, die eine Verwerfung der Embryonen legitimieren, und Krankheiten, die diese Konsequenz nicht erlauben. Erstens werden hier ethische und nicht medizinische Urteile gefällt, und zweitens ist diese Krankheitshierarchie diskriminierend für die davon Betroffenen.
Das heisst, Sie lehnen die PID überhaupt ab?
Ja, da sind für mich persönlich zu viele ungelöste Fragen. Ich würde das Verbot beibehalten.
Sind Sie damit aber noch bei der Kirchenbasis?
Vermutlich nicht. Die Kirchenbasis ist eher für die PID, denn die Not der Eltern, die möglicherweise ein Kind mit einer Erbkrankheit haben könnten, wiegt stärker als grundsätzliche ethische Bedenken. Ich kann das gut verstehen.
Die Nationale Ethikkommission NEK hat sich sogar für eine weitergehende PID ausgesprochen, die auch ein Screening bezüglich Trisomie 21 (Down-Syndrom) erlauben würde. Sie sind auch Mitglied der NEK. Befinden Sie sich dort also in der Minderheit?
Das weiss ich noch nicht, weil ich erst seit Januar 2014 Mitglied bin. Die konstituierende Sitzung findet erst nächste Woche statt, ich kann also frühestens dann in der Minderheit sein. Die Hälfte der Mitglieder ist allerdings neu, von daher kann sich bei der Position der NEK auch wieder ändern.
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Autor: Matthias Böhni
Quelle: ref.ch