«Eltern stehen Schlange»
Immer mehr Kinder an christlichen Bekenntnisschulen
Die Schülerzahl an christlichen Bekenntnisschulen in Deutschland stieg dieses Jahr um 4,2 Prozent. Einer der Gründe: Werte sind gerade bei jungen Eltern stark gefragt.Immer mehr Kinder in Deutschland besuchen eine evangelikal orientierte Schule in freier Trägerschaft. Das ergab eine Umfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea D. Im Vergleich zum Jahr 2018 ist demnach die Schülerzahl an christlichen Bekenntnisschulen um 4,2 Prozent von 42'148 auf 43'909 gestiegen.
Viele Kinder aus kirchenfernen Familien
Die Interessen dieser Schulen werden in Deutschland vom «Verband Evangelischer Bekenntnisschulen» (VEBS, Karlsruhe) vertreten, dem derzeit 136 Schulen an knapp 100 Standorten angehören. VEBS-Generalsekretär Wolfgang Stock erklärt die grosse Nachfrage damit, dass «Werte in der Gesellschaft stark gefragt» seien, gerade auch bei jungen Eltern. So heisst es etwa im Flyer der Freien evangelischen Bekenntnisschule Bremen: «Unsere Lehrerinnen und Lehrer vermitteln den Kindern aus ihrem christlichen Glauben heraus Werte wie Toleranz, Rücksichtnahme und gegenseitige Achtung, Treue und Vertrauen, Ehrlichkeit, Offenheit, Nächstenliebe, Fairness, Gerechtigkeit und Loyalität, Pünktlichkeit, Höflichkeit, Ordnung und Hilfsbereitschaft.»Nach wie vor suchen vor allem Christen gezielt Bekenntnisschulen aus. Aber die Suche nach Werten gelte immer mehr auch für kirchenferne Familien. Nach den Worten von Stock stehen darum «an vielen Orten Eltern Schlange, um ihre Kinder an einer christlichen Schule anzumelden».
Kein Lehrernotstand
Nicht immer könnten alle Anmeldungen berücksichtigt werden: «Wir haben keinen Notstand bei den Lehrern, aber wir könnten mehr gebrauchen, um die grosse Nachfrage der Eltern zu decken.» Viele Schulstandorte müssten anbauen oder ganze Gebäude neu errichten. Während an staatlichen Schulen viele Lehrerstellen nicht besetzt werden könnten, seien an den Ausbildungsstätten des Verbandes Evangelischer Bekenntnisschulen nahezu alle Stellen zum Schuljahresbeginn besetzt. «Gott hat uns wieder wunderbar versorgt», sagt Stock. Für ihn sei das alles andere als selbstverständlich, viel mehr sei es ein «Wunder».
An Lehrer der christlichen Bekenntnisschulen werden nämlich ganz besondere Ansprüche gestellt, so Stock. Alle Unterrichtsinhalte orientierten sich an der Bibel und an einer lebendigen Beziehung zu Jesus. Da diese Basis in der öffentlichen Pädagogenausbildung nicht vermittelt wird, müssten sich die Lehrer vieles erst aneignen. Der Verband Evangelischer Bekenntnisschulen bietet aus diesem Grund spezielle Fortbildungen an. Die «VEBS-Akademie» führt in diesem Jahr insgesamt 80 Seminare mit rund 1'300 Teilnehmern durch.
Vorreiter bei der Digitalisierung
Vielerorts stünden die christlichen Schulen in einer Vorreiterrolle bei der Digitalisierung, so Stock weiter. Neben den klassischen Lehrbüchern kämen häufig moderne Lern- und Lehrmethoden zum Einsatz. Zudem profitierten die christlichen Privatschulen auch vom sogenannten «Digitalpakt». Die deutsche Bundesregierung stellt insgesamt fünf Milliarden Euro für die Schuldigitalisierung zur Verfügung; rund zehn Millionen Euro davon werden die freien Bekenntnisschulen zur weiteren Modernisierung erhalten.
Gutes Verhältnis zum Staat
Das Verhältnis zu den staatlichen Stellen als Schul- und Aufsichtsbehörde bezeichnet Stock als gut. Genehmigungen würden häufig schnell erteilt, und die staatliche Anerkennung folge rasch, so dass die Schulen Zeugnisse ausstellen und Prüfungen abnehmen dürften. Wenn es zu Problemen komme, dann meistens mit lokalen Politikern. «Dann wird das Baurecht vorgeschoben, um die Gründung einer Bekenntnisschule zu erschweren», so Stock.
Er verweist aber darauf, dass das Recht zur Gründung freier, konfessioneller Schulen im deutschen Grundgesetz verankert ist: «Es ist ein vielfach unterschätztes Grundrecht in unserer Verfassung, dass wir in Bekenntnisschulen nicht nur Kindern von Gott erzählen dürfen, sondern dass unser gesamter Schulalltag von unserem evangelischen Bekenntnis geprägt sein muss!»
Stock wirbt darum dafür, dass mehr Christen den Lehrer- und Erzieherberuf ergreifen. «Wer heute Mission betreiben will, muss nicht mehr ins Ausland gehen. Als Lehrer an einer Bekenntnisschule kann man in Deutschland sehr effektiv als Vorbild Werte und den christlichen Glauben vermitteln», so der VEBS-Generalsekretär.
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea D