Gottes Plan B
Was mache ich, wenn meine Pläne scheitern?
«Gott hat einen wunderbaren Plan für dein Leben.» So beginnen viele Einladungen zum Glauben. Allerdings transportieren sie neben der positiven Botschaft noch eine negative, die auch für Christen gilt: Was geschieht, wenn ich diesen wunderbaren Plan verpasse? Bleibt dann nur noch Plan B? Oder die Verzweiflung?
Es ist ein grosser Segen, sich inmitten der Unwägbarkeiten des Lebens geborgen zu wissen bei Gott, der die Übersicht behält, auch wenn sie mir selbst fehlt. Doch wie sieht diese Übersicht Gottes aus? Hat er einen detaillierten Fahrplan für mein Leben? Das hiesse ja im Umkehrschluss, dass ich mich mit jeder Abweichung davon weiter vom eigentlichen Ziel Gottes für mich entferne. Was tun dann all die Christen, die in ihrem Leben einmal oder öfter gescheitert sind? Was tue ich?
Scheitern ist eine normale Erfahrung
Zunächst einmal kann ich festhalten: Scheitern ist normal. Trotzdem habe ich zunächst den Eindruck, dass die Welt untergeht, wenn ich scheitere. Ich rede nicht davon, dass ich den Bus verpasse oder in der Prüfung ein paar Punkte weniger erhalte als erwartet. Ich rede davon, dass meine Frau mir eröffnet, dass sie zum Scheidungsanwalt gegangen ist. Dass mein Chef mir sagt, dass er meine Dienste in Zukunft nicht mehr benötigt und mich gerne «freisetzen» würde. Dass ich sicher war, Gott hätte mich in dieses Gemeindegründungsprojekt berufen, aber die Gemeinde hat sich aufgelöst, bevor sie richtig starten konnte. Dass ich auch die letzte mögliche Prüfung auf dem Weg zum Studienabschluss in den Sand setze. Dass meine Tochter nach Hause kommt, in Tränen ausbricht und sagt: «Ich bin schwanger.»
Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Und das Leben verlängert sie auch. Dabei genügt schon eine der oben beschriebenen Katastrophen, um mich völlig aus der Bahn zu werfen. (Fast) jeder macht irgendwann wie ich eine oder mehrere der obigen Erfahrungen. Und sie werfen mich tatsächlich aus der Bahn. Danach ist vieles anders als vorher. Ein einfaches Zurückgehen zum alten Zustand ist einfach nicht mehr möglich.
Und damit bin ich bei Gottes Plan für mein Leben angekommen. Wenn dieser Plan tatsächlich eine festgeschriebene «Landkarte» wäre, auf der praktisch alle Aspekte meines Lebens im Detail vorherbestimmt wären, dann bestünde mein Leben als Christ aus einer einzigen Abwärtsentwicklung: Unabwendbar würde ich von Gottes Plan A in seinen Plan B rutschen. Bei der nächsten Fehlentscheidung oder Katastrophe wäre Plan C dran und schon bald würde das Alphabet nicht mehr reichen… Die Folge: Ich wäre weit hinter Gottes Ideen zurückgeblieben, hätte mein Ziel verfehlt (ist das nicht die tiefere Bedeutung von «Sünde»?) und wäre unbrauchbar.
Mein Plan B ist Gottes Plan A
Viele Christen leben tatsächlich in dieser Sackgasse der Frustration: «Ich habe mein Ziel verfehlt…» Es geht mir nun nicht darum, Scheitern oder auch schuldhaftes Versagen schönzureden. Allerdings ist es mehr als ein Spruch, dass Gott auf krummen Linien gerade schreibt. Ich muss auch nicht versuchen, meinem persönlichen Versagen oder katastrophalen Umständen im Nachhinein eine fromme Note zu geben. Trotzdem kann ich damit rechnen, dass Gott mich anlächelt, aufstehen lässt und meint: «Komm, ich habe einen Plan – einen neuen Plan A.»
Ein Blick in die Bibel ist an dieser Stelle sehr hilfreich. Schon kurz nach der Schöpfung scheitern die Menschen an sich selbst. Und Gott? Beendet er das fehlgeschlagene Projekt Mensch? Natürlich nicht. Gott hat den sogenannten Sündenfall nicht inszeniert, aber er geht danach mit uns Menschen weiter. Der berühmte Josef mit dem bunten Mantel verhält sich selbst unmöglich, aber seine Brüder verhalten sich noch unmöglicher: Sie verkaufen ihn in die Sklaverei. Jahre später stellt er im Rückblick fest: «Ihr gedachtet mir zwar Böses zu tun; aber Gott gedachte es gut zu machen» (1. Mose, Kapitel 50, Vers 20).
Die gesamte Bibel ist voller Versager, Zielverfehler, Plan-nicht-Erreicher. Und trotzdem habe ich beim Lesen an keiner Stelle den Eindruck: Wie kann Gott das jetzt wieder geradebiegen? Jetzt ist der Karren endgültig im Graben gelandet. Im Gegenteil: Ich muss die Sammlung von Fehlern, Schuld und hilflosen Versuchen, die wir Menschheitsgeschichte nennen, gar nicht fromm zurechtdeuten. Ich kann einfach vertrauen, dass Gott zu seinem Ziel kommt: «Dein Reich komme!» (Matthäus, Kapitel 6, Vers 10). Und dieses Ziel ist nicht die kleinere, schlechtere Version eines ursprünglichen Plans: Es ist und bleibt Gottes Plan A.
Leben mit Brüchen
Je länger ich mich mit der Angst beschäftige, Gottes Ziele nicht zu erreichen, desto deutlicher wird mir: Das Ganze ist ein Missverständnis. Ich gehe schnell davon aus, dass Gott sich so verhält wie ein typischer, westlich geprägter Manager: zielorientiert. Und diese Zielorientierung ist so, wie sie sich zum Beispiel im Projektmanagement darstellt: SMART. Das Akronym steht für spezifische, messbare, attraktive, realistische und terminierte Ziele. Nur ist Gott (ihm sei Dank!) kein sachorientierter Manager. Deshalb bringt ihn mein Versagen auch nicht aus der Ruhe. Deshalb schaut er mich auch nicht entgeistert an und sagt: «Plan A ist jetzt unmöglich. Wir müssen uns etwas Neues einfallen lassen, selbst wenn es schlechter ist.»
Tatsächlich haben Gottes Ziele eine völlig andere Kategorie. Er plant meine Entwicklung, mein Wachstum, mein Vertrauen. Er sieht mich mit meinen Brüchen, doch bei ihm gilt: «Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen» (Jesaja, Kapitel 42, Vers 3).
Was mache ich, wenn meine Pläne scheitern? Weiterleben. Weitergehen. Im Vertrauen darauf, dass Gott immer noch einen Plan A für mich hat.
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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet