Gemeindewachstum und mehr
Prof. C. Peter Wagner verstorben
Am letzten Freitag ist der Gemeindewachstums-Experte Prof. C. Peter Wagner im Alter von 86 Jahren in seinem Haus in Colorado Springs verstorben. Er litt an teilweisem Herzversagen und musste sich im Juni bereits zwei schweren Operationen unterziehen. Peter Wagner ist Autor von etwa 70 Büchern zu den Themenbereichen Gemeindewachstum, Gebet, geistlicher Kampf und apostolische Bewegungen.
Der Professor mit dem weissen Haar, dem charakteristischen Spitzbärtchen und dem ansteckenden Lachen war nicht unumstritten. Zum einen war er – zusammen mit Dr. Donald McGavran – einer der wichtigsten Pioniere der Gemeindewachstumsbewegung, ausgehend vom Fuller-Institut in Pasadena/Kalifornien. Hier sind seine Verdienste eigentlich auf breiter Front unbestritten. Für theologisch Konservative war dann sein späteres Engagement und seine Systematisierung der «geistlichen Kampfführung» (Spiritual Warfare) hart an der Grenze zur Irrlehre; auch sein dritter Schwerpunkt, die Ausrufung einer globalen Apostolischen Bewegung, traf sowohl auf Begeisterung als auch auf Ablehnung. Was er lehrte, lehrte er gründlich; er war pragmatisch und hatte einen Zug ins Grosse und Globale.Vom Missionar zum Missiologen
Wagner diente 16 Jahre lang als Missionar in Bolivien; daraufhin wurde er ans Fuller Seminary in Pasadena (Kalifornien) berufen und lehrte dort 30 Jahre an der Schule für interkulturelle Studien. Daneben stand er in einem umfangreichen Reisedienst, der ihn in die ganze Welt führte. Er ist Mitgründer des World Prayer Center und des Wagner Institutes, beide in Colorado Springs. Er hielt Doktortitel in Theologie, Missiologie und Religion an den Theologischen Seminaren von Fuller und Princeton sowie an der University of Southern California. Unvergessen ist Wagners Eintreten für eine systematische Gemeindegründung am Schweizer Kongress für Gemeindegründung im Jahre 1993, inspiriert von der DAWN-Strategie. «Gemeindegründung ist die wirksamste Methode der Evangelisation diesseits des Himmels» war eins seiner berühmten Zitate.
Pragmatische Systematik
Es war eine der Gaben von Peter Wagner, eine erkannte Wahrheit zu systematisieren und dieses System dann pragmatisch umzusetzen. Er prägte Begriffe wie das «10/40-Fenster» und löste eine weltweite Gebetsinitiative für diese Region aus. Im «Spiritual Mapping» leitete er an, geistliche Landkarten zu zeichnen. In den späten 80er-Jahren arbeitete er mit John Wimber zusammen, was ihn, der ursprünglich theologisch konservativ war, für «Zeichen und Wunder» öffnete. Wagner prägte den Begriff «Dritte Welle» für eine Bewegung, in der charismatische Praktiken zunehmend Eingang in traditionelle Gemeinden fanden. Wagner und Wimber trennten sich 1991, weil ihre Ansichten über «Geistliche Kampfführung» auseinander gingen. Wagner nahm immer mehr die Ansichten der Gebetsleiterin Cindy Jacobs an, nach der die Gemeinde die Herrschaft über Mächte und Gewalten im Himmel einnehmen müsse. Wimber vertrat hier eine nüchternere Anschauung.Offen für vieles
Wagner war offen für vieles, so lange es «wirkte». In Japan tat er auf einer Bühne mit Yonggi Cho stellvertretend Busse für die «Sünde von Hiroshima» (was einen bombenartigen geistlichen Durchbruch in Japan bringen sollte) und in Europa verkündete er das Ende des Rinderwahnsinns; er sammelte geistlichen «Goldstaub» als Symbol, dass bald Reichtum in die Hände der neuen Apostolischen Bewegung gelangen werde, er verlängerte verkürzte Beine und genoss mit Freunden einen Besuch in einer «Klapperschlangen-Kirche». Langweilig war es um ihn herum nicht.
Die Neue Apostolische Reformation (NAR)
Nach eigenen Worten war sein deutlichster Paradigmenwechsel die Erkenntnis, dass die Kirche nicht vor allem auf die Wiederkunft Christi warten muss, um der bösen Welt zu entgehen, sondern dass sie einen «Herrschaftsauftrag» (Dominion Mandate) hier auf der Erde hat. Wagner übernahm die Idee der «sieben Hügel», die mit modernen Aposteln und Propheten besetzt werden sollen (das sind die Bereiche Religion, Familie, Erziehung, Medien, Regierung, Kunst/Unterhaltung und Wirtschaft). Er identifizierte Apostel und Propheten auf der ganzen Welt und propagierte – etwa ab 2001 – zusammen mit Chuck Pierce einen Durchbruch dieser «neuen apostolischen Reformation».
Peter Wagner war nicht einfach einzuordnen, machte viele Veränderungen durch und machte es seinen Kritikern bisweilen sehr leicht. Wer ihn kannte, liebte ihn als humorvollen Redner, der einen herausforderte, als Mann der Mission – und als einen, der «die Gemeinde liebte», wie es der Missiologe Ed Stetzer in einem Nachruf schreibt. Seine grundlegenden Werke über Leiterschaft, Gemeindebau, die Gaben des Heiligen Geistes und Gemeindegründung sind heute noch aktuell und gehören zur Grundausrüstung eines Pastors. In allem, was er lehrte, ging es Peter Wagner um die maximale Ausbreitung des Reiches Gottes. Mit dieser Leidenschaft hat er weltweit eine ganze Generation von Leitern geprägt.
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet